Konzert
Petrikirche wird zum klingenden Raum
Die Markus-Passion von Johann Sebastian Bach haben die Kulmbacher Kantorei und das Göttinger Barockorchester in der Petri-Kirche aufgeführt.
Die Markus-Passion von Johann Sebastian Bach haben die Kulmbacher Kantorei und das Göttinger Barockorchester in der Petri-Kirche aufgeführt.
Stephan Herbert Fuchs
F-Signet von Stephan Herbert Fuchs Fränkischer Tag
Kulmbach – Die Kulmbacher Kantorei führte Bachs fragmentarische Markus-Passion in der Petrikirche auf.

Die Partitur ist leider verschollen, nur das Libretto liegt vor. Quellen existieren, die Auskunft über das Werk geben, und so haben sich viele Musiker bereits um eine Rekonstruktion der Markus-Passion von Johann Sebastian Bach bemüht. Am bekanntesten ist die Fassung des prominenten deutschen Kirchenmusikers Diethard Hellmann. Sie war in einer eindrucksvollen Aufführung der Kulmbacher Kantorei unter der Leitung von Stadt- und Dekanatskantor Christian Reitenspieß am Sonntag in der Petrikirche zu hören.

Dekan Hohenberger als Sprecher

Als gesichert gilt, dass Bach die beiden eindrucksvollen rahmenden Chorsätze und die fünf Arien bereits in seiner Kantate BWV 198 verwendet hatte. Auch die Sätze zu den Choralstrophen haben sich in einer Sammlung von Bachs Choralsätzen bereits nachweisen lassen. Keine Kompositionen gibt es allerdings für die Evangelisten-Rezitative. Sie wurden deshalb in der Kulmbacher Aufführung von Dekan Friedrich Hohenberger als Sprecher von der Kanzel aus vorgetragen, und zwar in der Fassung der Luther-Bibel von 2017.

Glänzender Auftritt der Kantorei

Einmal mehr agierte die mit 60 Sängerinnen und Sängern üppig besetzte Kantorei bei den zwei großen Chören und den kommentierenden Chorälen wohlklingend homogen. Der Chor bewältigte die beiden Sätze eindrucksvoll. In den Chorälen glänzte der Klangkörper durch ausgewogene Dynamik und guter Textverständlichkeit. Perfekt ausbalanciert fügten sich da die einzelnen Stimmen ineinander. Dazu musizierte das Göttinger Barockorchester auf historischen Instrumenten zupackend und sensibel zugleich, aber immer stets präsent. Das Orchester setzt sich zusammen mit Musikern aus ganz Deutschland und darüber hinaus. Der Klangkörper wurde erst 1995 gegründet und hat sich längst einen festen Platz im Musikleben erspielt. Da auf historischen Instrumenten musiziert wurde, war genau bei der Hälfte eine längere Stimmpause notwendig. Die Continuo-Orgel spielte der Lichtenfelser Dekanatskantor Klaus Bormann.

Der Solist verstärkt die Kantorei

Bei den Solisten sind besonders die beiden Damen, die Meininger Sopranistin Anna Gann und die Altistin Mechthild Seitz aus Kassel gefragt. Beide haben jeweils zwei Arien. Dazu gesellt sich der Tenor Florian Brauer, ebenfalls aus Kassel, mit seiner einzigen Arie „Mein Tröster ist nicht mehr bei mir“. Während die Damen zurückhaltend agieren und es manchmal ein wenig an der Textverständlichkeit hapert, verstärkt der Tenor sogar zusätzlich die Kantorei und reiht sich nach seiner Arie gleich wieder in den Chor ein.

Das Klagelied ging ein wenig unter

Bachs fragmentarischer Markus-Passion zur Seite gestellt wurden zu Beginn sein großes Präludium und Fuge e-Moll (BWV 548) auf der Orgel gespielt von Christian Reitenspieß. Ein wenig unter ging das Klagelied für Sopran, Violine, Gamben und Basso continuo „Mit Fried und Freud ich fahr dahin“ von Dieterich Buxtehude. Das lag zum einen an der geradezu minimalistischen Besetzung, zum anderen an der geringen Textverständlichkeit der Sopranistin, obwohl sie die Verse im Wechsel mit dem Tenor sang.

Eine Kulmbacher Erstaufführung

Wie schon bei der Aufführung des Rutter-Requiems im November stellte Stadt- und Dekanatskantor Christian Reitenspieß auch diesmal wieder mit einem kleinen, aber feinen Werk seine kompositorischen Fähigkeiten vor. Diesmal gab es mit dem Gesang „Fließt, ihr Augen, fließt von Tränen“ für Alt und zwei Gamben aus seiner Feder zeitgenössische Klänge und dazu eine Kulmbacher Erstaufführung.

 

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