Was bedeutet der Begriff Blackfacing?
Blackfacing bezeichnet die Praxis, bei der sich Menschen, meist Weiße, das Gesicht dunkel schminken, um als Person mit dunkler Hautfarbe aufzutreten – etwa im Theater, beim Karneval oder als Sternsinger bei den Heiligen Drei Königen rund um den 6. Januar.
Warum ist Blackfacing problematisch?
Viele Menschen empfinden Blackfacing als rassistisch, weil es auf einer langen Geschichte von Diskriminierung und Stereotypisierung von Menschen mit dunkler Hautfarbe beruht. Blackfacing wurde in der Vergangenheit oft benutzt, um sich über schwarze Menschen lustig zu machen oder sie als minderwertig darzustellen. So spricht der Historiker Norbert Finzsch in einem Interview mit dem Wissenschaftsportal der Gerda-Henkel-Stiftung von einer „Verbreitung rassifizierter Stereotype“.
Kritiker betonen überdies, dass es nicht notwendig sei, eine andere Hautfarbe nachzuahmen. Sie weisen darauf hin, dass es schwarze Menschen gibt, die solche Rollen übernehmen könnten, und dass das Schminken einer anderen Hautfarbe an eine lange Geschichte rassistischer Praktiken erinnert. Auch wenn die Absicht nicht diskriminierend gemeint sei, bleibe der historische Kontext bestehen. „Blackfacing ist eine rassistische Praxis, die allzu oft verharmlost wird“, schreiben Tahir Della und Jamie Schearer in einem Gastbeitrag für den Deutschen Kulturrat. Della gehört der Initiative Schwarze Menschen in Deutschland an. Schearer ist Mitbegründerin des Europäischen Netzwerks für Menschen afrikanischer Abstammung.
In welchem historischen Kontext steht Blackfacing?
Vor allem in den USA waren sogenannte Minstrel Shows im 19. und frühen 20. Jahrhundert weit verbreitet. Diese Aufführungen stellten schwarze Menschen als einfältig, faul oder lächerlich dar. Historiker Finzsch ordnet die Shows ein: „Die in diesen Shows reproduzierten Stereotype spielten nicht nur eine Rolle in der Vertiefung und Verbreitung rassistischer Bilder, Haltungen und Wahrnehmungen. Sie koexistierten mit der weit verbreiteten Praxis des Lynchens, das auch im Norden und Westen der USA praktiziert wurde.“
Auch in Europa fand Blackfacing statt, beispielsweise in Theaterinszenierungen oder im Karneval. Noch heute gibt es in einigen Ländern Traditionen, die Blackfacing beinhalten, wie etwa den niederländischen Brauch des „Zwarte Piet“.
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Worum geht es beim Blackfacing am Dreikönigstag?
In einigen Regionen Europas, darunter Deutschland und Österreich, wird am Dreikönigstag die Figur des Caspar oft als dunkelhäutig dargestellt. In der Praxis bedeutet das in vielen Fällen, dass sich weiße Darsteller das Gesicht dunkel schminken, um diese Rolle zu übernehmen. Während dies von manchen als Ausdruck der Tradition gesehen wird, wird es von anderen als problematisch wahrgenommen und in den Kontext des historisch rassistischen Blackfacings gestellt.
“Jedes Mal, wenn ein schwarz geschminkter Weißer irgendwo auftritt, sagt das: Schwarze können das nicht. Schwarze kennen wir nicht. Schwarze gibt es in unserer Mitte nicht. Was Schwarze von dieser Rolle halten würden, wenn es sie in unserer Mitte gäbe, interessiert uns nicht.
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Geschminkter Caspar: Wie reagieren Befürworter der Praxis am Dreikönigstag?
Einige argumentieren, dass das Schminken des Gesichts Teil der kulturellen Identität und Tradition sei. Sie sehen keinen Zusammenhang mit Rassismus, sondern betonen, dass es im Gegenteil darum gehe, die Vielfalt der Heiligen Drei Könige darzustellen. So schrieb die Wochenzeitung „Die Welt“ in einem Artikel zum Dreikönigstag im Jahr 2017, auf das Schminken des Caspar-Darstellers zu verzichten, hieße, „die Vielfalt der Welt zu bestreiten, die Erinnerung daran auszulöschen, dass es schon vor Jahrhunderten eine besondere Wertschätzung dafür gab, dass es unterschiedliche Kulturen mit unterschiedlichen Gaben gibt“.
Das Gegenargument wiederum lautet, dass sich weiße Menschen mit dieser Argumentation und der Berufung auf eine Tradition über die Wahrnehmung von Menschen mit Rassismuserfahrung hinwegsetzten – auch wenn Blackfacing oft nicht in einem direkten rassistischen Kontext stehe.
Warum ist es wichtig, über Blackfacing zu sprechen?
Die Diskussion über Blackfacing ist ein Teil einer größeren gesellschaftlichen Debatte, die sich mit Rassismus, Diskriminierung und kultureller Sensibilität auseinandersetzt. Sie bietet eine Chance, Traditionen zu hinterfragen und weiterzuentwickeln. Der Anglizismus „Blackfacing“ ist mittlerweile im Duden zu finden. Im Jahr 2014 wurde der Begriff zum Anglizismus des Jahres gewählt.
Der Sprachwissenschaftler Anatol Stefanowitsch von der Initiative Anglizismus des Jahres erklärte die Wahl auf seinem Blog: „Jedes Mal, wenn ein schwarz geschminkter Weißer irgendwo auftritt, sagt das: Schwarze können das nicht. Schwarze kennen wir nicht. Schwarze gibt es in unserer Mitte nicht. Was Schwarze von dieser Rolle halten würden, wenn es sie in unserer Mitte gäbe, interessiert uns nicht.“