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Fasching
So feiert Röttenbach den Beginn der Narrenzeit
Die „Besenbinder“ beim Sturm auf das Rathaus in Röttenbach.
Die „Besenbinder“ beim Sturm auf das Rathaus in Röttenbach. // Britta Schnake
Signet des Fränkischen Tags von Britta Schnake
Röttenbach – Die „Besenbinder“ erobern das Rathaus in Röttenbach – und liefern sich einen Schlagabtausch mit Bürgermeister Ludwig Wahl.

Mochte sich der Röttenbacher Bürgermeister Ludwig Wahl eigentlich als Lenker der Geschicke seiner Gemeinde verstehen, so schwand diese Macht Punkt 11.11 Uhr am 11.11. dieses Jahres mit dem Erscheinen des Elferrates des KC Röttenbach „Die Besenbinder“. Doch nicht nur die Macht wollte Präsident Michael Ank bei seinem Sturm auf das Rathaus an sich reißen, sondern auch die prall gefüllte Kasse. „Die Kasse ist voll, Röttenbach steht sehr gut da“, berichtet Ank.

Das wollen die Besenbinder nun ändern. „Wir werden das Geld verprassen. Wir werden den Fasching gebührend feiern, werden in Saus und Braus leben. Wir werden die Macht an uns reißen und bis Aschermittwoch regieren.“ Er grinst: „Die wirtschaften ganz gut in Röttenbach. Ich hoffe, dass die Kasse bis nächstes Jahr dann wieder voll ist.“

Machtübernahme reicht nicht

Doch mit der Machtübernahme allein ist es nicht getan. Wie es seit 15 Jahren Brauch ist, schließt sich eine Wette an. Angelehnt an das 33-jährige Bestehen der Besenbinder musste Wahl es schaffen, 33 Röttenbacher Bürgerinnen und Bürger dazu zu kriegen, zum Rathausplatz zu kommen und dort zusammen mit der Röttenbacher Blasmusik das Röttenbacher Heimatlied zu schmettern. Als Dirigent sollte Wahl selbst fungieren.

Laut Ehrenpräsident Thorsten Ott war eigentlich geplant, dass Wahl 33 Bürger herbekommen sollte, die in einem Haus mit der Nummer 33 in Röttenbach leben. Doch da es nur 32 Anwesen der-art gibt, ein nicht wirklich zu realisierendes Unterfangen.

Weit vor der Zeit ist der Rathausplatz gut gefüllt. Die zur Überbrückung aus der Konserve dargebrachte Musik lädt zum Mitwippen ein. Die kleinsten Besenbinder können sich dem flotten Rhythmus nicht entziehen, hüpfen auf und ab wie ein Flummi und drehen sich im Kreis. Schon rutscht der große Zeiger der Uhr auf die 11. Ank probt den Aufstand, wendet sich dem Fenster des Rathauschefs im 2. Stock zu und erklärt, dass Röttenbach ohne die Besenbinder nur ein dunkler Fleck an der A3 wäre. „Du bist ein Oberblindgänger“, ruft Wahl und kontert, dass Röttenbach ein leuchtender Stern sei.

Bürokratie und Geschwindigkeit

Auf den Vorhalt Anks, dass die Geschwindigkeitsbegrenzung innerorts das Arbeitstempo der Gemeindeoberen wiederspiegeln würde, erwidert Wahl: „Wenn die Geschwindigkeit hier so schnell wäre, wie wir arbeiten, dann wäre das hier eine Hochgeschwindigkeitsautobahn.“ Noch wähnt sich Wahl sicher in seinem Büro, verbarrikadiert hat er sich. Doch Ank kennt kein Erbarmen. Schon fordert er die Kollegen des Elferrates auf, ihm die Leiter zu bringen. Die reicht jedoch nicht bis hoch in das Allerheiligste. Wahl triumphiert ein wenig, doch Ank ist nicht allein und ruft die Röttenbacher Feuerwehr zu Unterstützung beim Versuch, den Regenten der Gemeinde aus seinem Elfenbeinturm zu stürzen.

Doch umsonst ist der Tod. Sebastian Beck fordert fünf Kästen Bier für sich und die Seinen sowie eine gescheite Brotzeit. Wahl will zwei Kästen Bier drauflegen, um davonzukommen, doch er ist chancenlos. Die Jungs der Wehr bauen die Leiter zusammen und rücken vor. Wahl greift zu unlauteren Mitteln und wendet sich an die Jüngsten. Golddukaten mit Schokogeschmack aus der prall gefüllten Kasse wirft er unter das Jungvolk, welches nun schützend zwischen ihm und der Leiter steht. Beck jedoch weiß sich durchzusetzen. Souverän wird die Leiter platziert und Ank entert das Fenster des Rathauschefs.

Historische Handfesseln

Dieser ist ihm nun hilflos ausgeliefert. Mit einer von Ank in Handarbeit gefertigten historischen Handfessel wird Wahl aus dem Rathaus geführt. Triumphierend schwenkt Ank den Schlüssel der Macht sowie die Kasse, welche nun ob des bestechenden Treibens des ehemaligen Rathauschefs gähnend leer ist. Dennoch verliest er zusammen mit seiner Assistentin Isabella Keim stolz die 11 närrischen Gesetze, die fortan gelten sollen.

Paragraf 1 beispielsweise besagt: Ab sofort herrscht Narrenfreiheit in Röttenbach. Zudem soll laut Paragraf 3 Wahl jeden Morgen um 6 Uhr mit der Röttenbacher Blasmusik geweckt werden. Außerdem wird Röttenbach nach Paragraf 4 in „Besenbinderhochburg“ umbe-nannt. Zumindest konnte Wahl die Wette für sich entscheiden. So schmettert die Menschenmenge das Röttenbacher Heimatlied, untermalt von der Röttenbacher Blasmusik. Dirigiert von Ludwig Wahl, der laut Ank „jeden Scheiß“ mitmacht.

Wettschulden einlösen

Traditionell werden beide Parteien unabhängig vom Ausgang die Wettschulden einlösen. Die Besenbinder werden so an einem Tag im Fasching den Kindern der Kinderklinik Erlangen einen abwechslungsreichen Tag bereiten, der nun vertriebene Bürgermeister muss während der Prunksitzung als Mundschenk herhalten, den Elferrat bedienen und weitere niedrige Tätigkeiten verrichten. Auf die Frage, ob denn die Regentschaft des Elferrates ihn bei der Regierung Röttenbachs einschränken wird, erklärt Wahl, dass dies ein Geheimnis sei, zwischen ihm und den Besenbindern.

Die nun leere Kasse hingegen verteidigt er mit den Worten: „In Röttenbach ist uns jedes Kind jeden Taler wert!“ Beschlossen wird der närrische Tag mit der Verleihung des Sessionsordens beim Ordenskommers um 19 Uhr im „Goldenen Schaumlöffel“.

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