Party-Hotspot Untere Brücke. Dieses Thema bewegt seit Monaten die Domstadt. Vor allem junge Menschen versuchen die Corona-bedingte Feier-Abstinenz Wochenende für Wochenende aufzuholen, Anwohner:innen fühlen sich von Politik und Polizei im Stich gelassen.
Zig Maßnahmen hat die Stadtspitze bereits ergriffen - ohne Erfolg. Die Letzte avanciert im Internet aktuell zur Lachnummer. Wie konnte es dazu kommen? Ein Rückblick.
Der Streit begann mit den ersten Sonnenstrahlen
Im FT-Interview mit dem Bamberger Polizeichef Thomas Schreiber Ende April sagte dieser noch: "Wenn dann mal 100 Menschen auf der Unteren Brücke sind, ist das nicht außergewöhnlich. Aber auch dort zeigen sich die Leute im Normalfall kooperativ, wenn wir sie zur Einhaltung der [Corona-] Regeln ermahnen." Nur ein paar Wochen später eskaliert die Situation eben dort.
Grund: Im Mai sanken passend zum Frühlingswetter die Corona-Zahlen. Die Menschen trieb es nach dem langen Winter voller Einschränkungen ins Freie. Die Außengastronomie durfte öffnen, Clubs und Discos blieben zu.
To-go-Getränke wurden in der Sandstraße wieder vermehrt über den Tresen gereicht. Also versammelte sich die Jugend trotz des geltenden Alkoholverbots in der Innenstadt - dabei blieb es oft nicht nur bei einem Stehbier. Beliebtester Treffpunkt: Die Untere Brücke.
Nachts feierten sie, tranken Alkohol und tanzten auf dem Brückengeländer - ganz ohne Maske oder Abstand. Die Bamberger Stadtspitze fürchtete steigende Corona-Zahlen. Zusammen mit der Polizeiinspektion Bamberg-Stadt und der Bayerischen Bereitschaftspolizei wurde daraufhin ein Drei-Stufenplan für die Untere Brücke beschlossen.
Ziel der Initiative: Zuerst mit Flugblättern, dann mit erhöhter Polizeipräsenz und in einem letzten Schritt mit einer Sperre die Menschenansammlungen von zumeist jungen Menschen zu unterbinden.
Doch die ersten zwei Stufen zeigten keine Wirkung. Nach dem Sonnenuntergang bleibt die Brücke mit pittoreskem Blick auf Klein Venedig Partymeile Nummer eins. Einheimische und zudem viele Touristen aus anderen Landkreisen feiern unbehelligt weiter.
Brücken-Hotspot schafft es in die ARD
Die Bilder von 300 Menschen dicht an dicht gedrängt führten sogar dazu, dass der Bamberger Hotspot durch die ARD-Sendung "Brisant" deutschlandweit bekannt wurde. Nun musste Starke handeln.
Es wirkte so einfach, schließlich waren sich Polizei, Gesundheitsamt und Stadtverwaltung einig, die Untere Brücke dichtzumachen. Doch die Sperrpläne und selbst eine verkürzte Kompromisslösung gingen sang und klanglos unter:
Es folgte Krisensitzung auf Krisensitzung. Von Video-Überwachung und der Einsetzung eines Nachtbürgermeisters als Vermittlungsinstanz war die Rede. Derweil nahmen die Beschwerden der Anwohner:innen über Lärmbelästigung und Müll zu:
Urin, Erbrochenes und Blut klebten auf dem Straßenpflaster. Glasscherben wohin das Auge reichte. Selbst die Wirte im Sand plädierten aufgrund der Ballermann-ähnlichen Zustände für strengere Regeln. Es folgte ein To-go-Alkoholverbot zu bestimmten Uhrzeiten und in mehreren Teilen der Innenstadt.
Die Problematik löste aber auch diese Maßnahme nicht. Clubs und Discos sind weiterhin geschlossen. Eine Öffnungsstrategie gibt es nicht. Also entlädt sich ein komplettes Jahr Party-Entzug jede Nacht aufs neue in der Bamberger Innenstadt.
Sind Open-Air-Discos eine Option für Bamberg?
Einige Kommunen reagierten auf die belasteten Innenstädte und richten ausgewiesene Bereiche für Open-Air-Discos ein. Wäre das auch eine Idee für Bamberg? Welche Orte würden sich dafür eigenen?
Die bisher aktuellste Maßnahme im Kampf gegen den Hotspot Untere Brücke heißt: Flutlichter. Massiv im Boden verankert, sollen sie die Feiernden stören und zum Gehen bewegen.
Wer über die Installation der Abschreckungsmaßnahme entschieden hat und was das Ganze kostet, lesen Sie hier:
Die installierte Störbeleuchtung wurde in den sozialen Netzwerken zur Lachnummer. Auf Facebook machten Gifs (animierte Bilder) über geblendete Gremlin-Monster und Sonnenbrillen die Runde. Besonders beliebt sind auch Zitate aus Corey Harts New-Wave-Song "Sunglasses at Night".
So könne man nachts zumindest sein Bier wiederfinden, spöttelt ein Facebook-User. Ein anderer fragt, ob der Absatz von Sonnenbrillen in Bamberg dadurch gestiegen sei.
Mit dem Frühlingsanfang begann die Diskussion rund um den Hotspot Untere Brücke. Die letzte Entscheidung im Kampf Politik und Anwohner:innen gegen Party-Volk ist wohl noch fern.
Doch wer sind die Menschen, die seit Monaten Bambergs Politiker:innen und die Polizei in Atem halten? Der FT hat mit ihnen gesprochen: