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Zwei Angeklagte aus der Region
Umsturz in Deutschland? Prozess gegen Reuß-Gruppe startet
Reichsbürger-Szene in Frankfurt
Die Köpfe der Reichsbürger-Gruppe um Prinz Reuß müssen sich jetzt nach und nach vor Gericht verantworten. // Boris Roessler/dpa
Prozess gegen Reuß-Gruppe
Frankfurt / Kreis Forchheim – Die Razzia im Dezember 2022 war ein Paukenschlag: Reichsbürger sollen einen gewaltsamen Umsturz in Deutschland geplant haben. Zwei Verdächtige kommen aus der Region. Nun starten die Prozesse.

Sie sollen einen gewalttätigen Umsturz in Deutschland geplant haben: Vor dem Oberlandesgericht Frankfurt startet am 21. Mai der erste von mehreren Prozessen gegen die mutmaßliche «Reichsbürger»-Gruppe um Heinrich XIII. Prinz Reuß. Dies teilte das Gericht am Dienstag (2. April) mit. Mit auf der Anklagebank sitzen die mutmaßlichen Rädelsführer. Nach Auffassung der Bundesanwaltschaft planten sie als terroristische Vereinigung eine neue Ordnung in Deutschland. Weitere Prozesse gegen die Gruppe gibt es München und Stuttgart. 

Verdächtige aus Kirchehrenbach und Pottenstein

Die Bundesanwaltschaft lege den neun Angeklagten in Frankfurt zur Last, Mitglied in einer terroristischen Vereinigung gewesen zu sein oder diese unterstützt zu haben, hieß es vom Gericht. Ziel sei es gewesen, die bestehende staatliche Ordnung in Deutschland gewaltsam zu beseitigen und durch eine eigene, bereits in Grundzügen ausgearbeitete Staatsform zu ersetzen. Die Vereinigung soll ab August 2021 einen Umsturz geplant und konkret vorbereitet haben. Der Staatsschutzsenat des Oberlandesgerichtes habe die Anklage mit Beschluss vom 22. März zur Hauptverhandlung gegen neun Angeklagte zugelassen.

Im Dezember 2022 hatte es eine großangelegte Anti-Terror-Razzia in mehreren deutschen Bundesländern und im Ausland gegen die Gruppe gegeben. Zugeschlagen haben die Ermittler auch in der Fränkischen Schweiz. Und das gleich zweimal. Peter W. aus Pottenstein (Kreis Bayreuth) und Thomas M. aus Kirchehrenbach im Kreis Forchheim sind unter den Angeklagten.

Sollte Thomas M. aus Kirchehrenbach bewaffnet den Reichstag stürmen?

Peter W. wird vor dem Oberlandesgericht Frankfurt erscheinen müssen. Dort werden die Fälle der Rädelsführer verhandelt. Peter W. werfen die Karlsruher Bundesanwälte vor, eine terroristische Vereinigung mit gegründet zu haben. So soll er beim ersten Treffen der Gruppe am 29. Juli 2021 im Landkreis Ansbach zusammen mit weiteren Beschuldigten den Plan gefasst haben, die staatliche Ordnung in Deutschland umzustürzen.

Der angeklagte Peter W. soll gezielt versucht haben, Soldaten für seine umstürzlerische Gruppe zu rekrutieren. Einer von Ihnen mutmaßlich: Thomas M. aus Kirchehrenbach. Laut der Bundesanwaltschaft war Thomas M. für einen geplanten Überfall auf das Reichstagsgebäude in Berlin fest eingeplant.

Bewaffneter Angriff auf den Bundestag geplant

Die Bundesanwaltschaft klagte nach den Razzien insgesamt 27 Verdächtige an. In dem Prozess in Frankfurt geht es um mutmaßliche Rädelsführer, in Stuttgart um den sogenannten militärischen Arm und in München um die übrigen mutmaßlichen Mitglieder. Die sogenannten Reichsbürger in Deutschland behaupten, dass das Deutsche Reich (1871-1945) weiter existiert, daher ihr Name. Die Bundesrepublik und ihre Gesetze erkennen sie nicht an.

Laut Bundesanwaltschaft planten die Beschuldigten, mit einer bewaffneten Gruppe in das Reichstagsgebäude in Berlin einzudringen, um dort Abgeordnete des Bundestags festzunehmen und so den Systemumsturz herbeizuführen. Unter den Verdächtigen sind auch Soldaten und eine frühere Abgeordnete der AfD

Reuß-Gruppe soll massives Waffenarsenal besessen haben

Die Beschuldigten sollen bei ihren Umsturzplänen bewusst Tote in Kauf genommen. Strukturen für eine eigene Staatsordnung sollen sie in Grundzügen schon ausgearbeitet haben. Als Staatsoberhaupt hätte Heinrich XIII. Prinz Reuß fungieren sollen. Auch Ressorts einer möglichen Regierung seien schon verteilt gewesen. Zentrales Gremium der Gruppe war Ermittlern zufolge ein «Rat». Eine Übergangsregierung hätte mit den alliierten Siegermächten des Zweiten Weltkriegs eine neue staatliche Ordnung in Deutschland verhandeln sollen.


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Für den mutmaßlich geplanten Umsturz sollen gezielt Soldaten und Polizisten angesprochen worden sein, hatte die Bundesanwaltschaft früher mitgeteilt. Die Vereinigung hatte nach Angaben der Ankläger «Zugriff auf ein massives Waffenarsenal» mit rund 380 Schusswaffen, 350 Hieb- und Stichwaffen, fast 500 weiteren Waffen und 148 000 Munitionsteile. 

Terrorgruppe führte Feindeslisten

Dieses Waffenarsenal sollte der Bundesanwaltschaft zufolge nicht nur zur Einschüchterung dienen. Es sei den Beteiligten bewusst gewesen, «dass die geplante Machtübernahme mit der Tötung von Menschen verbunden wäre». Teil der Pläne waren demnach auch «Feindeslisten» von Funktionsträgern auf Bundes-, Landes-, Kreis- und kommunaler Ebene.

Mitglieder und Interessenten mussten laut der Karlsruher Behörde eine Verschwiegenheitserklärung unterzeichnen. «Verstöße dagegen sollten als Hochverrat mit der Todesstrafe geahndet werden», hatte die Behörde mitgeteilt.

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