Wirtschaft Die sieben größten Sorgenkinder im Schatten der Veste // Jochen Berger von Oliver Schmidt TEILEN  07.02.2024 Coburg – Von Aachener bis Haba, von Regiomed bis Valeo: Viele Firmen in der Stadt und im Landkreis Coburg befinden sich in Schwierigkeiten. Ihre jeweiligen Perspektiven sind aber sehr unterschiedlich. Die Wirtschaftslage in Deutschland ist angespannt. Angesichts steigender Energiekosten befindet sich allen voran das produzierende Gewerbe im Krisenmodus. Krise auch in Oberfranken und Südthüringen Doch die Krise erfasst längst auch noch viele weitere Bereiche. So ist in Oberfranken und Südthüringen zum Beispiel auch die Regiomed Kliniken GmbH in Schwierigkeiten geraten. Weil es gar nicht so einfach ist, noch den Überblick zu halten, listen wir hier die sieben vielleicht größten Sorgenkinder auf, die es zurzeit in der Stadt und im Landkreis Coburg gibt. 1. Regiomed Der fränkisch-thüringische Klinikverbund hat am 2. Januar 2024 einen Antrag auf Insolvenz in Eigenverwaltung gestellt. Ob die Rettung gelingt, ist ebenso offen wie die Frage, ob eine Rettung überhaupt von allen Beteiligten gewünscht ist. Denn eigentlich ist aus dem Kreis der vier Gesellschafter immer wieder zu hören, dass keiner mehr so wirklich glücklich ist mit dem jetzigen Regiomed-Konstrukt. Die vier Gesellschafter von Regiomed sind die Landkreise Lichtenfels, Hildburghausen und Sonneberg sowie der „Krankenhauszweckverband Coburg“, der von der Stadt und dem Landkreis Coburg gebildet wird. Wie es jetzt weitergeht Regiomed: Insolvenz als Chance? Der Landrat von Lichtenfels mag zerknirscht sein. Doch die führenden Politiker aus der Stadt und dem Landkreis Coburg verbinden mit dem jetzt eingeschlagenen Weg viele Hoffnungen. Aktuell läuft der Betrieb in allen Regiomed-Einrichtungen ganz normal weiter. Durch das Insolvenzgeld sind die Löhne und Gehälter für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zumindest bis einschließlich März gesichert. Zuletzt sorgte die Coburger FDP für Aufsehen, als sie erstmals die Beteiligung eines privaten Trägers in Spiel brachte. Mehr zu diesen Überlegungen der Coburger FDP lesen Sie hier: Idee der Coburger FDP Regiomed: Soll ein privater Träger einsteigen? Die Krankenhäuser in der Region sind derzeit noch komplett in kommunaler Hand. Doch mit Blick auf die „immensen Belastungen“, die finanziell vor allem auf die Stadt und den Landkreis Coburg zukommen würden, denkt man bei der FDP erstmals auch laut über andere Modelle nach. 2. Haba-Familygroup Anders als bei Regiomed befindet sich bei der Haba-Familygroup das Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung schon so langsam auf der Zielgeraden. Der Spielwarenhersteller aus Bad Rodach hat sich ein straffes Sanierungsprogramm verordnet. Das Schmerzlichste daran: der Abbau von mehreren hundert Arbeitsplätzen und die Trennung von der einstigen Vorzeigemarke „Jako-o“. In Zukunft will sich die Haba-Familygroup wieder auf ihre „Wurzeln“ besinnen, wie es immer wieder heißt. Das bedeutet: Unter der Marke „Haba“ sollen qualitativ hochwertige Spielsachen angeboten werden. Zugleich soll mit der Marke „Haba Pro“ (ehemals Wehrfritz) die Marktführerschaft bei Möbeln für Kinderbetreuungseinrichtungen verteidigt werden. Mehr zur Krise bei Haba lesen Sie hier: Insolvenz Haba in Bad Rodach: Rund 450 Arbeitsplätze fallen weg Die Haba-Familygroup informierte am Dienstag über den aktuellen Stand des Insolvenzverfahrens. Ausdrücklich in Schutz genommen wurde die Inhaberfamilie. Derweil wird für die Marke „Jako-o" ein Käufer gesucht. Krise in Bad Rodach Jako-o: Der Absturz des einstigen Vorzeigekindes Die Haba-Familygroup will sich künftig auf die beiden Kernsegmente „Haba“ und „Haba Pro“ konzentrieren. Für die einstige Vorzeigemarke „Jako-o“ gibt es hingegen keine Zukunft. Unklar ist, was das für die Arbeitsplätze bedeutet. Sehr zufrieden zeigte sich die Haba-Familygroup zuletzt mit ihrem Auftritt auf der Spielwarenmesse in Nürnberg. Für die Erweiterung eines beliebten Bausteinsystems gab es sogar den „Toy Award“ in der Kategorie „Baby & Kleinkind“. Stefanie Frieß, die in der Geschäftsleitung der Haba-Familygroup für Vertrieb und Marketing zuständig ist, erklärte dazu: „Wir freuen uns sehr über die Auszeichnung und darüber, dass kreative Bausteine die Anerkennung bekommen, die sie verdienen.“ Mehr über die Auszeichnung lesen Sie hier: Spielwarenmesse 2024 Nürnberger „Toy Award“ für Haba aus Bad Rodach Das macht Mut in schwierigen Zeiten: Der Neuheitenpreis der Spielwarenmesse in der Kategorie „Baby & Kleinkind“ geht an die Haba-Familygroup. Das Unternehmen befindet sich aktuell in einem Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung. 3. Aachener Die Freude in Coburg war groß, als im vergangenen Jahr mit dem Modehaus Aachener ein Nachmieter für die verwaiste Kaufhof-Immobilie an der Ecke Mohrenstraße/Hindenburgstraße gefunden war. Doch die Freude währte nicht lange: Im November 2023 musste Aachener Insolvenz anmelden. Wie geht’s weiter mit Aachener in Coburg? Um so größer war die Überraschung, als im Dezember 2023 das neue „Department Store“ von Aachener in Coburg trotzdem öffnete. Das Wort „Neueröffnung“ wurde in diesem Zusammenhang allerdings vermieden – stattdessen sprachen die Verantwortlichen von einer „Sonderöffnung“. Das lag wohl vor allem daran, weil – bis heute! - niemand weiß, wie es mit Aachener weitergeht. Zuletzt hieß es, dass Ende Januar/Anfang Februar eine Entscheidung fallen könnte. Mehr über die Situation bei Aachener sowie über eine Sortimentserweiterung in Coburg lesen Sie hier: Im ehemaligen Kaufhof Aachener in Coburg erweitert sein Sortiment Die Zukunft des Unternehmens „Aachener“ ist weiterhin ungeklärt. Doch die Geschäfte im „Department Store“ in Coburg laufen offenbar so gut, dass jetzt mehr als nur Textilien verkauft werden. 4. Valeo Wichtig: Beim Automobilzulieferer Valeo geht es nicht um eine Insolvenz! Stattdessen ist aber bundesweit ein Abbau von mehr als 400 Arbeitsplätzen geplant. Betroffen davon sind auch mehrere Standorte in Franken. Besonders hart erwischt es wohl den Valeo-Standort in Ebern. Dort könnten 280 Arbeitsplätze wegfallen. Deutlich glimpflicher könnte der Valeo-Standort in Bad Rodach davonkommen. Welchen Vorteil Bad Rodach gegenüber Ebern hat Der Valeo-Standort in Bad Rodach hat gegenüber Ebern einen entscheidenden Vorteil: Die Klimasystem-Komponenten, die in der Thermalbadstadt produziert werden, können in Verbrenner-Autos genauso Verwendung finden wie in E-Autos. Zudem verfügt der Standort Bad Rodach über ein Kompetenzzentrum für Spritzgießverfahren sowie über einen als innovativ geltenden Entwicklungsbereich für Steuerelemente im Fahrzeuginnenraum. Mehr über die Krise bei Valeo lesen Sie hier: Schock für Belegschaft Valeo entlässt hunderte Mitarbeiter in Franken Die Krise der Automobilindustrie hat auch Auswirkungen auf die Zulieferer. Die Valeo-Gruppe hat jetzt den Abbau von 430 Arbeitsplätzen angekündigt. Betroffen ist vor allem der Standort in Ebern. Unklar ist die Situation am Standort in Bad Rodach. 5. W. Schillig Der traditionsreiche Polstermöbelhersteller W. Schillig aus Frohnlach (Gemeinde Ebersdorf bei Coburg) hatte im Mai 2023 einen Antrag auf Insolvenz in Eigenverwaltung gestellt. Inzwischen befindet sich dieses Verfahren auf der Zielgeraden. Das Ziel, das Unternehmen auf diese Weise zu retten, ist in greifbarer Nähe. Mitte Januar 2024 hat die Gläubigerversammlung dem Insolvenzplan zugestimmt. Der Insolvenzplan sieht vor, dass eine garantierte Quote Ende März gezahlt wird und das Insolvenzverfahren spätestens im Mai 2024 beendet wird. „Damit ist der Weg zur Fortführung des renommierten Polstermöbelherstellers aus Oberfranken geebnet“, hieß es dazu in einer Pressemitteilung. Mehr über die Situation bei W. Schillig lesen Sie hier: Insolvenzverfahren Traditionsreiche Firma im Landkreis Coburg gerettet Das Sanierungskonzept greift: Für die Polstermöbelwerke W. Schillig gibt es eine Zukunft. Allerdings ist mit der Sanierung ein erheblicher Personalabbau verbunden. 6. Pro Loom W. Schillig steht vor der Rettung – doch grundsätzlich hat die Polstermöbelbranche weiterhin große Probleme am Standort Deutschland. Das hat auch Auswirkungen auf Zuliefererbetriebe. Im Januar stellt die Firma Pro Loom einen Antrag auf Insolvenz. Das seit 2015 in Grub am Forst ansässige Unternehmen liefert Stoffe, und zwar vornehmlich für die Polstermöbelindustrie. Auf der eigenen Internetseite beschreibt sich Pro Loom als „innovativer und kompetenter Zulieferer der textilverarbeitenden Industrie in Europa mit Schwerpunkt auf Polstermöbel, Betten und Garten“. Heftige Diskussionen auf Facebook Obwohl es sich um eine relativ kleine Firma handelt, löst die Insolvenz in den sozialen Medien heftige Diskussionen aus. Auf der Facebook-Seite des Coburger Tageblatts gibt es mehr als 200 Kommentare dazu – oft geht es darin um die Politik der Ampel-Regierung in Berlin und deren Auswirkungen auf die heimische Wirtschaft. Mehr über die Insolvenz von Pro Loom lesen Sie hier: Wie geht's weiter? Landkreis Coburg: Weitere Firma stellt Antrag auf Insolvenz Die Probleme der Polstermöbelindustrie haben zunehmend Auswirkungen auf Zulieferbetriebe. Jetzt ist eine Firma aus Grub am Forst in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten. 7. Schiel Am 5. Februar 2024 hat auch die Stadt Neustadt bei Coburg ihre erste Insolvenz des Jahres. Betroffen ist die Firma Schiel im Stadtteil Fürth am Berg. Kunststoffteile für Kinderwagen Schiel ist ein familiengeführtes Unternehmen, dass sich auf die Herstellung von Kunststoffteilen spezialisiert hat. Produkte aus dem Hause Schiel finden sich, wie auf der firmeneigenen Internetseite erklärt wird, unter anderen in den Bereichen Kinderwagen und Kinderspielzeug sowie Reha und Sport. Zum Beispiel handelt es sich dabei um Räder und Griffe oder auch Gelenkteile für Gehhilfen und ähnliches. Mehr zur Insolvenz von Schiel lesen Sie hier: Spezialist für Kunststoff Neustadt bei Coburg: Familienunternehmen meldet Insolvenz an Erneut ist im Landkreis Coburg eine Firma in finanzielle Schieflage geraten. Über die Hintergründe kann allerdings nur spekuliert werden.