Plädoyer: Freispruch Doppelmord von Mistelbach: Verteidiger überrascht Wolfgang Schwemmer neben seiner Mandantin (blaue Kapuzenjacke): Der Rechtsanwalt beantragt für Hannah S. einen Freispruch. // Daniel Karmann/dpa/Archivbild TEILEN  11.01.2023 Bayreuth – Hat eine 17-Jährige aus Mistelbach mit Hilfe ihres Freundes ihre Eltern ermordet? Ihr Anwalt ist offenbar der Meinung, seine Mandantin sei unschuldig. Was ist in der Nacht auf den 9. Januar 2022 in Mistelbach passiert? Fest steht bislang nur, dass die Leichen zweier Erwachsener in ihrem Wohnhaus gefunden wurden. Offenbar ermordet. Aber von wem? Schnell wurden eine Tochter des Ehepaares (damals 17) und ihr damals 18-jähriger Freund verhaftet. Elf Prozesstage lang wurde unter Ausschluss der Öffentlichkeit verhandelt. Am Mittwoch (11. Januar), fast auf den Tag genau ein Jahr nach der Tat, hielten Staatsanwaltschaft und Verteidigung nun ihre Plädoyers. Auch unter Ausschluss der Öffentlichkeit aufgrund des Alters der beiden Angeklagten. Der Termin für die Urteilsverkündung steht derweil fest. +++ Hier finden Sie am 23. Januar 2023 ab 11 Uhr alles zur Urteilsverkündung zum Doppelmord in Mistelbach. +++ Warum beantragt der Verteidiger Freispruch? Das Plädoyer von Wolfgang Schwemmer, Verteidiger der angeklagten Tochter des ermordeten Ehepaares, kommt überraschend. Er sah eine Tatbeteiligung seiner Mandantin als nicht erwiesen an. Daher beantragt er für sie einen Freispruch. Details aus seinem Plädoyer und die Begründung des beantragten Freispruchs wurden aufgrund der nichtöffentlichen Verhandlung nicht bekannt. Urteil rückt näher Doppelmord von Mistelbach: Viele offene Fragen Der Prozess um den Mistelbacher Doppelmord wird am Mittwoch fortgesetzt. Bis dato wurden 33 Zeugen vernommen und vier Sachverständige gehört. Der Verteidiger des Angeklagten, Rechtsanwalt Hilmar Lampert, beantragte hingegen, seinen heranwachsenden Mandanten entsprechend dem Anklagevorwurf wegen mittäterschaftlich begangenen Mordes in zwei Fällen schuldig zu sprechen. Er sprach sich für die Anwendung von Jugendrecht aus, verneinte aber eine besondere Schwere der Schuld seines Mandanten. Innerhalb des sich damit ergebenden Strafrahmens von bis zu zehn Jahren Jugendstrafe beantragte er, seinen Mandanten zu einer Jugendstrafe von neun Jahren und sechs Monaten zu verurteilen. Staatsanwaltschaft nahe an den Maximalstrafen Staatsanwaltschaft und Nebenklage beurteilten den Verlauf der Verhandlung in ihren Plädoyers anders. Entsprechen fallen auch die Strafen höher aus, die die Anklageseite fordert. Oberstaatsanwalt Daniel Götz sah die Anklagevorwürfe durch die Beweisaufnahme als im Wesentlichen bestätigt an. Er beantragte, die Angeklagten jeweils wegen mittäterschaftlich begangenen Mordes in zwei tatmehrheitlichen Fällen schuldig zu sprechen. Mordfall Mistelbach Wie verwaiste Kinder zurück ins Leben finden Wie es den Kindern des ermordeten Ehepaares aus Mistelbach geht? Das kann keiner ermessen. Aber es gibt Menschen, die verwaisten Kindern helfen. Der Vertreter der Staatsanwaltschaft beantragte, hinsichtlich des heranwachsenden Angeklagten Felix S. Jugendstrafrecht anzuwenden und den Angeklagten wegen der besonderen Schwere der Schuld zu einer Jugendstrafe von 13 Jahren und 6 Monaten zu verurteilen. Zwar beträgt das Höchstmaß der Jugendstrafe grundsätzlich 10 Jahre; wenn es sich bei der Tat aber um Mord handelt, ist das Höchstmaß der Jugendstrafe für Heranwachsende – nicht jedoch für Jugendliche – dann auf 15 Jahre Jugendstrafe heraufgesetzt, wenn dies wegen der besonderen Schwere der Schuld geboten ist. Mistalbacher Doppelmord: Urteil fällt am 23. Januar Hinsichtlich der mitangeklagten Tochter der Getöteten, der jugendlichen Hannah S., bejahte er laut Pressemitteilung des Landgerichts Bayreuth sowohl das Mordmerkmal der Heimtücke als auch das Mordmerkmal Hass als sonstiger niedriger Beweggrund und beantragte innerhalb eines Strafrahmens von Jugendstrafe bis zu 10 Jahren, die Angeklagte Hannah S. zu einer Jugendstrafe von 9 Jahren 6 Monaten zu verurteilen. Doppelmord-Prozess Gericht schützt Geschwister der Angeklagten Es ist eine schwerer Gang: Im Mordprozess müssen auch die minderjährigen Geschwister der mitangeklagten 17-Jährigen aussagen. Die Nebenklage, die die Hinterbliebenen des ermordeten Ehepaares vertritt, schloss sich den Anträgen der Staatsanwaltschaft an und wies in ihrem Plädoyer auf die besonderen Folgen der Tat für die fünf Nebenklägerinnen und Nebenkläger hin. Weitere Auskünfte über den Inhalt der Plädoyers können aufgrund deren Nichtöffentlichkeit nicht erteilt werden. Darauf weißt das Landgericht Bayreuth in seiner Presseerklärung zum Fortgang der Verhandlung hin. Das Urteil gegen die beiden Angeklagten soll am 23. Januar 2023 um 11 Uhr gesprochen werden. Lesen Sie auch: Justiz Warum verteidigt man einen Mörder? Muss man im Strafprozess als Verteidiger den Gerechtigkeitssinn beiseite lassen? Wir haben den Bayreuther Rechtsanwalt Carsten Schieseck gefragt. Opfer von Verbrechen Wo die Kinder getöteter Eltern Hilfe finden Der Verlust von Eltern oder Geschwistern ist wie ein Sturz in den Abgrund. Eine Bambergerin hilft betroffenen Kindern wieder heraus.