Gedenken
Schüler arbeiten jüdische Geschichte Riedenbergs auf und finden Holocaust-Überlebende
Die Schüler der St. Martin Schule recherchieren zur jüdischen Geschichte des Ortes. Lisa (rechts) fand im Internet den Stammbaum der jüdischen Familie Sitzmann.
Die Schüler der St. Martin Schule recherchieren zur jüdischen Geschichte des Ortes. Lisa (rechts) fand im Internet den Stammbaum der jüdischen Familie Sitzmann. // Evelyn Schneider
Carol Berman
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Riedenberg

Es gehört zum Religionsunterricht in der 8. Klasse der St. Martin Schule. Lehrerin Bettina Kraus unterrichtete über die verschiedenen Weltreligionen. Großen Eindruck machte alles, was mit dem jüdischen Glauben zu tun hatte und den schrecklichen Geschehnissen, die den jüdischen Menschen im 3. Reich angetan wurden. Einen direkten Bezug zu diesem Thema erhielten die Schüler und Schülerinnen, indem sie die jüdische Geschichte Riedenbergs aufarbeiteten.

Zusammen mit der Kreisheimatpflegerin Cornelia Mence, die für den Landkreis Bad Kissingen und auch den Altlandkreis Bad Brückenau zuständig ist, begannen die umfangreichen Recherchearbeiten. In einer Ortsbegehung besuchten die Schüler die ehemaligen Häuser der jüdischen Mitbürger. Sie machten ein Drittel der Bevölkerung Unterriedenbergs aus. Mitte des 19. Jahrhunderts hatte der Ort 84 jüdische Einwohner, 1932 waren noch 32 gemeldet. Einige waren fortgezogen oder ausgewandert.

Ganz besonders interessiert zeigte sich die Schülerin Lisa, die im Internet den Stammbaum der Familie Sitzmann entdeckte. Die Familie betrieb ein Gemischtwarengeschäft in der heutigen Sinntalstraße. Noch immer ist das Haus bei vielen Riedenbergern als „beim Viktor“ in aller Munde und wurde kurzerhand auf die Familie, die nach dem Krieg das Haus übernahm, übertragen.

Mit Hilfe von Cornelia Mence wurde in Amerika noch eine Überlebende der Familie ausfindig gemacht. Karola Sitzmann, heute Carol Berman, berichtete sogar in einer Videoschaltung von den erlebten Geschehnissen der Reichspogromnacht. „Sie verfiel im Laufe des Gespräches sogar wieder in die deutsche Sprache“, wie Lehrerin Bettina Kraus erzählt.

Joachim Hartling will die jüdische Geschichte Riedenbergs nun aufarbeiten. So hat sich kürzlich ein Arbeitskreis gebildet, der weiter recherchiert. Auch noch lebende Zeitzeugen werden nach Erinnerungen befragt.

„In der Ortchronik, die Gerwin Kellermann anlässlich der 500 Jahr-Feier schrieb, steht zwar schon einiges über dieses Thema, doch gibt es noch viel mehr zu erfahren und zu dokumentieren. Wir müssen alles, was wir herausfinden können für die Nachwelt erhalten, damit so etwas nie mehr passieren kann“, betont Hartling. Ein erster Schritt wurde kürzlich schon mit dem Aufstellen des Gepäckstückes auf dem DenkOrt Deportation vor den Toren Riedenbergs getan. Zur offiziellen Einweihung werden die Enkel von Karola Sitzmann voraussichtlich zugegen sein.

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