Veitlahm
Waldorfschüler säen Winterroggen
Die Drittklässler der Waldorfschule im Kulmbacher Land ziehen den Pflug von Bio-Bauer Christian Jundt.
Die Drittklässler der Waldorfschule im Kulmbacher Land ziehen den Pflug von Bio-Bauer Christian Jundt. // Julian Hölzer
Signet des Fränkischen Tags von Bettina Titze-Nöth
Veitlahm

Pflügen, eggen, säen: Die Drittklässler der Waldorfschule im Kulmbacher Land standen in einer Reihe auf dem Acker und zogen mit einem langen Seil den Pflug durch die Erde. Hinter dem Pflug stand Christian Jundt von der benachbarten Solidarischen Landwirtschaft (Solawi). Der Bio-Bauer erklärte den Schülern Wichtiges über die Bodenbearbeitung.

Dann hallten seine Kommandos über das Feld: „Ziehen“, „stopp“ und „rückwärts“. Furche um Furche zogen die Schüler mit vereinten Kräften den Pflug. Nach einer Stunde war das Feld auf dem Gelände des Schulgartens gepflügt.

Zwei Schultage später zogen die Schüler die Egge über den Acker, um die groben Schollen zu zerkleinern. Dann säten sie mit der Hand Winterroggen.

Das Feld liegt in einem Teil des großen Schulgartens, der derzeit nicht genutzt wird, denn die Schule sucht einen Gartenbaulehrer. Die Drittklässler haben so einen kurzen Weg zu „ihrem“ Acker und könne regelmäßig das Wachstum des Getreides verfolgen.

In der Waldorfpädagogik wird die Zeit um das 9. und 10. Lebensjahr herum als „Rubikon“ bezeichnet. In diesem Alter machen die Kinder einen großen Entwicklungssprung: Lebten sie am Beginn der Schulzeit noch ganz im Hier und Jetzt, im „Kindheitsparadies“, so unterscheiden die Schüler nach dem Rubikon stärker zwischen sich und der Welt, fragen nach dem Woher, Warum und Wohin. „Die Kinder kommen stärker auf der Erde an, verbinden sich mehr mit ihrer Umgebung und wollen sie gestalten“, erklärt Julian Hölzer, der Klassenlehrer der 3. Klasse. Der Waldorflehrplan greift diese Entwicklung auf. So wird zu Beginn der 3. Klasse die Schöpfungsgeschichte mit der Vertreibung von Adam und Eva aus dem Paradies erzählt. „Das entspricht dem seelischen Zustand der Kinder, die aus ihrem Kindheitsparadies vertrieben sind und die Welt nun anders wahrnehmen“, sagt der Pädagoge. So wie Adam und Eva auf der Erde dann eine Behausung als Schutz vor dem Wetter brauchen, sieht der Waldorflehrplan einen Hausbau als praktisches Thema vor. „Adam und Eva müssen den Boden bearbeiten, um sich zu ernähren und Werkzeuge herstellen“, erklärt Julian Hölzer weiter. Im Unterricht beschäftigen sich die Drittklässler deshalb in diesem Schuljahr nicht nur mit dem Land- und Hausbau, sondern lernen im Sachkundeunterricht auch exemplarisch traditionelle Handwerksberufe kennen.

Bettina Titze-Nöth,

Waldorfschule im Kulmbacher

Land - Freie Grund- und

Mittelschule Wernstein

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