Reichspogromnacht Gedenkfeier in Oberthulba: „Die Opfer sind nicht vergessen" Bürgermeister Mario Götz bei der Gedenkveranstaltung in Oberthulba. // Hilmar Ruppert von Hilmar Ruppert TEILEN  10.11.2023 Oberthulba – Zur Erinnerung daran, dass auch Bürger aus Oberthulba unter der NS-Terrorherrschaft ermordet wurden, fand eine Gedenkveranstaltung nahe der ehemaligen Synagoge statt Auf den Tag 85 Jahre ist es her, dass in Deutschland das Hab und Gut jüdischer Mitbürger demoliert und zerstört und sie selbst öffentlich gedemütigt oder inhaftiert wurden. Zur Erinnerung daran, dass auch Bürger aus Oberthulba unter der NS-Terrorherrschaft ermordet wurden, fand eine Gedenkveranstaltung nahe der ehemaligen Synagoge statt. „Damit wollen wir nicht nur zeigen, dass wir die Opfer nicht vergessen haben, sondern deutlich machen, dass wir mit Nachdruck gegen Antisemitismus und Rassismus in unserer Gesellschaft eintreten“, so die Worte des Bürgermeisters Mario Götz. Die Teelichter im Symbol des Davidsterns seien ein Sinnbild der jüdischen Menschen auf der ganzen Welt und gleichzeitig ein Zeichen des Erinnerns, Gedenkens und Mahnens. Mario Götz, Bernd Bös und Heiko Schmitt (von links) // Hilmar Ruppert Man wolle sich hier und heute erinnern und dankbar sein, dankbar, dass wir in Deutschland seit fast 80 Jahren in Frieden und Freiheit leben dürfen. Und erinnern, dass in der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 im damaligen gesamten Deutschen Reich die Synagogen brannten. Der Tag, an dem jüdische Geschäfte, Gotteshäuser und andere Einrichtungen in Brand gesetzt wurden. Der Tag, an dem tausende Jüdinnen und Juden misshandelt, verhaftet oder getötet wurden. Spätestens dann hätte jeder in Deutschland sehen können, dass Antisemitismus und Rassismus bis hin zum Mord Realität waren. Diese Nacht sei das offizielle Signal zum größten Völkermord in der Geschichte gewesen, so Götz. Unsere jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger hätten Auswanderung, Enteignung, Vertreibung und Deportation erleiden müssen. Keiner von uns hier trage Verantwortung für das, was geschehen ist. Aber es sei unsere Verantwortung als Gesellschaft, die Erinnerung an diese schrecklichen Taten stets wach zu halten. Die aktuellen Kriege auf europäischem Boden, in Israel und die kriegerischen Auseinandersetzungen in weiten Teilen der Welt zeigten, wie fragil die aktuelle Lage sei. Auch in Deutschland finde vermehrt Hetze und Gewalt gegen jüdische Bürgerinnen und Bürger statt. Deshalb sei es wichtig, die Erinnerung und die Mahnung wach zu halten, die Generation der Zeitzeugen werde es bald nicht mehr geben. Gedenkfeier in Oberthulba // Hilmar Ruppert Bis zu 64 jüdische Bürgerinnen und Bürger hätten in Oberthulba gewohnt und seien Teil der Dorfgemeinschaft gewesen. 1872 sei die Synagoge mit Mikwe und schule gebaut worden, sie sei Zentrum des jüdischen Lebens gewesen, so der Bürgermeister. Er erinnerte auch noch einmal an die Schaffung „Denkort Deportationen“, bei dem sich Oberthulba mit dem Rucksack mit der Aufschrift 656 beteiligt hat. Das Original wurde von einem einheimischen Sattler für Regina Berney gefertigt, die den Rucksack im Alter von 64 Jahren auf dem Weg zur Deportation getragen haben soll. Nach einer kurzen Stille des Gedenkens verlas Bernd Bös die Namen der jüdischen Bürger, die hier lebten und litten. Er sprach für sie das Kaddisch, eines der wichtigsten Gebete im Judentum. „Wer gedacht hat, jüdisches Leben sei zur Normalität geworden, sehe sich jetzt getäuscht“, sagte Heiko Schmitt, neuer Sozialpädagogischer Mitarbeiter im pastoralen Raum Hammelburg. Er rief dazu auf, das Gewissen zu schärfen und Zivilcourage zu zeigen. Abschließend bedankte sich Götz bei allen, die der Gedenkveranstaltung beigewohnt und so dazu beigetragen haben, die Opfer nicht zu vergessen. Auch interessant: Kranzniederlegung Kerzen für die 42 Hammelburger Opfer Ein klares Bekenntnis für freies jüdisches Leben prägte die städtische Gedenkfeier zur Reichspogromnacht. Was in diesem Jahr besonders bewegte. Gastbeitrag Landrat Bold: „Antisemitismus ist nicht tolerierbar“ Heute erinnern sich wieder viele an die Pogromnacht vom 9. November 1938. Dazu hat Landrat Thomas Bold einen Gastbeitrag verfasst. In dem nimmt er Stellung zur weltweit auflebenden Judenfeindlichkeit.