Ein kleines Kettenfahrzeug zog bei einer Großübung verschiedener Rettungskräfte in Strahlungen die Blicke auf sich. Es ist ferngesteuert, 20 Stundenkilometer schnell und kann in gefährlichen Situationen eingesetzt werden, um Rettungskräfte zu unterstützen. Zum Beispiel bei eingestürzten Gebäuden und damit durchaus auch in der zivilen Verteidigung.
Das Projekt, entwickelt von der Meier-Medizintechnik GmbH gemeinsam mit Diehl Defence, kann einen Patienten mit entsprechender Ausstattung in unwegsamem Geländen transportieren, ohne dass die Patientenüberwachung unterbrochen wird. Daneben können auch schwere Geräte befördert werden.
Das Hauptaugenmerk der Übung im Muschelgrund bei Strahlungen lag aber auf den verschiedenen Tragen, sagt der Koordinator des Projektes, Uwe Kippnich, vom Bayerischen Roten Kreuz, Landesgeschäftsstelle München, Stabsstelle Forschung. Diese testeten Rettungsdienst, Berg- und Wasserwacht, Feuerwehr, Technisches Hilfswerk und die Bundeswehr Hammelburg im Rahmen des Forschungsprojektes ReTranZ (Rettung und Transport in der Zivilen Verteidigung). Ihre Erfahrungen bilden die Grundlage für speziell für den Krisenfall entwickelte Geräte.
Einfach zu bedienen
Das zukünftige System muss von jedermann einfach zu bedienen sein und soll im Kriegsfall beim Transport von Verletzten und Erkrankten aus der Zivilbevölkerung sowie verwundeten Soldaten zum Einsatz kommen. Für Uwe Kippnich geht es vorausschauend darum, wie man im Krisenfall Rettung und Transport in der Zivilen Verteidigung bewältigen kann. Das Projekt wird vom Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe gefördert. Projektpartner sind neben dem Bayerischen Roten Kreuz, Landesgeschäftsstelle, das Deutsche Rote Kreuz GS-Berlin, das Universitätsklinikum Würzburg – Sektion Notfall- und Katastrophenmedizin, die Fraunhofer Institute INT und IPA sowie die Firma Stollenwerk, ein Spezialunternehmen für die Herstellung von Tragen.
„Gesamtziel des Projektes ist es, einen Demonstrator zu entwickeln, der es ermöglicht, bei einem Spannungs- und Verteidigungsfall schnellstmöglich Patienten behelfsmäßig mit einem speziell hierfür entwickelten Tragen- und Transportsystem in die nächste, sichere, geeignete Versorgungseinrichtung zu bringen.“
BRK-Kreisbereitschaftsleiter Alexander Klamt sprach von einem guten Projekt und einer Herausforderung, die im Krisenfall auf die Einsatzkräfte zukommt. Carolin Salzmann vom DRK- Generalsekretariat Berlin erwähnte die Forschung. Dabei sei es immer wichtig, notwendige Tests vorzunehmen, und Anwender einzubinden, um Verbesserungen vornehmen zu können. Koordinator Uwe Kippnich erinnerte an Projekte, bei denen der BRK-Kreisverband Rhön-Grabfeld eingebunden war. So unter anderem bei der Entwicklung von „Stroke Angels“ und vielem mehr, das heute bundesweit im Einsatz ist. Dies alles seien Projekte, um den medizinischen Bevölkerungsschutz zu verbessern. BRK-Bezirksgeschäftsführer Harald Erhard und BRK-Kreisgeschäftsführer sagten, dass solche Vorkehrungen für den Ernstfall notwendig sind, und man stets dafür ein offenes Ohr habe. Das unterstrich auch Strahlungens Bürgermeister Johannes Hümpfer.
Oberstabsfeldwebel Thomas Marschall vom Sanitätsdienst der Bundeswehr in Hammelburg nannte die Zivile Verteidigung und verwies darauf, dass man im Ernstfall mit vielen Verwundeten zu rechnen habe. Dann gehe es um die Erst- und Notfallversorgung bis hin zum Lazarett und die Weiterbehandlung in Spezialkliniken. In seinem Vortrag stellte er die für diesen Fall vorhandenen Einsatzmittel der Bundeswehr vor. Dies geht von verschiedenen gepanzerten Fahrzeugen über den Lufttransport bis hin zum Airbus 360, einem „fliegendem Krankenhaus“. Interessante Einblicke gab Chris Speicher vom Universitätsklinikum Würzburg von der Sektion Notfall und Katastrophenmedizin zum Thema „Notfallmedizin im Zivilschutzfall“, bevor dann im „Muschelgrund“ realitätsnah getestet wurde.
Belastung von Rettenden und Patienten
Dafür gab es einen speziell vorbereiteten Parcours, unter anderem mit einer steilen Treppenanlage, einem Schlammgelände, schwierigen Bereichen, in denen die Retter die Trage durch schmale Öffnungen oder über Felsbrocken befördern mussten. Dabei stand die medizinische Bewertung der Belastung von Rettenden und Patienten im Fokus. Auf Grundlage der in Strahlungen gesammelten Erfahrungen werden Experten von Fraunhofer im Labor einen Testparcours aufbauen, um neue Demonstratoren zu erproben. Dies geschieht alles im Auftrag des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe. Das Projekt zielt darauf ab, Patienten zukünftig mit einem speziell entwickelten Trage- und Transportsystem in die nächste, sichere und geeignete Einrichtung zu bringen. Uwe Kippnich sagt: „Es ist uns ganz wichtig, dass das System von jedermann zu bedienen ist und auch im Kriegs- oder Katstrophenfall zum Transport von Verletzten eingesetzt werden kann.“ Neben dem Kreisverbindungskommando der Bundeswehr ist auch das UN-Ausbildungszentrum der Bundeswehr in Hammelburg bewusst in diese Testreihe eingebunden. Viele von ihnen waren bei Auslandseinsätzen dabei und konnten so auch selbst hilfreiche Tipps für die Weiterentwicklung der verschiedenen Tragensysteme geben.