Heute geht es in unserer Serie „So heißt Franken“ um Herkunftsnamen wie Franke oder Bayer. Und um die Frage, warum diese Namen immer außerhalb der Region entstanden, aus der die Betreffenden kamen.
Wohl jeder kennt Böhmen oder zumindest dessen Lage. Die tschechische Grenze verläuft im Osten Frankens. Heutzutage nimmt das ehemalige Königreich rund zwei Drittel der Fläche unseres Nachbarlandes Tschechien ein.
Der Böhme hat den gleichen Wortstamm wie der Bayer. Ursprung ist der keltische Stamm der Boier, ein Volk, das in Zentraleuropa ansässig war. Ob die Bojer Rinderzüchter waren, vom lateinischen bovis, übersetzt „des Rindes“, oder ob das Wort auf das slawische boj für den Kampf zurückgeht, bleibt umstritten.
Aus Baia-warjoz, den Bewohnern Boyens, wurden später die Bajuwaren. Auf der anderen Seite die Boio-haemum, übersetzt Heimat der Boyer, die zu den Bohemian und dann zu den Böhmen wurden.
Coburg gehörte zu Sachsen
Wir befinden uns nun bei den Herkunftsnamen. Eine klare Sache: Ob nun Schweizer, Schwab oder Westphal – immer kam der erste Namensträger aus dieser Region.
Zumeist siedelte er an eine andere Stelle über, wo er auf Grund seiner Herkunft problemlos von den Alteingesessenen unterschieden werden konnte. Die Namen formten sich daher zuerst außerhalb des entsprechenden Gebietes.
Sehr deutlich ist dies beim Döring zu sehen. Die Verteilung auf der Karte bildet tatsächlich einen Halbkreis von der Mitte Hessens erst gen Nordosten und dann bis an die sächsisch-polnische Grenze – er kesselt seinen Namensgeber, das Bundesland Thüringen, von drei Seiten ein.
In die gleiche Kerbe schlägt der Düring, der aber südlich davon in Unterfranken seinen Schwerpunkt hat.
Der Franke ist wiederum größtenteils von Sachsen bis nach Niedersachsen zuhause. Auch hier bestätigt sich: Im Kernland ist er seltener, aber auf Grund einer gewissen Mobilität in der neueren Zeit natürlich ebenfalls wohnhaft.
Die ehemaligen Grenzen
Zu bedenken sind aber die ehemaligen Grenzen: Das Herzogtum Franken im frühen Mittelalter lag zwischen Kassel im Norden, Bingen am Rhein im Westen, Schweinfurt im Osten und Calw im Süden. Kronach, Bamberg, Erlangen, Nürnberg – alle noch nicht fränkisch.
Später dann gehörte Coburg zu Sachsen und Aschaffenburg zu Mainz. Da war der Name „Franke“ zur Abgrenzung auch in Gegenden schnell zur Hand, die heute selbstverständlich dazu gehören.
Der Heß bezieht sich auf den Hessen – und verdeutlicht ebenfalls, dass das heutige Bundesland mit der einstigen Landgrafschaft nicht viel gemeinsam hat. Er häuft sich von der Rhön bis nach Coburg und im Landkreis Kitzingen.
Den Bayer gibt es am Häufigsten von Tirschenreuth bis in die Hassberge und den Beyer dann direkt angrenzend nördlicher. Er blieb seiner Heimat somit auch mehr oder weniger nah. Der Schwab passt ebenfalls perfekt in dieses Schema. Er häuft sich vom Spessart bis nach Ansbach.
Bei einigen weiteren Stämmen ist es nicht ganz so offensichtlich, aber dann doch logisch: Der Unger oder Hunger stammt aus Ungarn, in der Landessprache Hungary.
Die Wenden kamen aus südöstlichen Gefilden und prägten ganze Landstriche (Wendland in Niedersachsen) und führten zu Familiennamen wie Wendisch (sorbisch) oder Windisch (slowenisch). Letzteren gibt es geballt im Südwesten Sachsens sowie in einem Streifen von Mittelfranken bis in die nördliche Oberpfalz.
Woher kommt der "Welsch"?
Der Welsch bezieht sich auf den Begriff „Welschen“ für römische Kelten aus dem heutigen Italien und Frankreich. Die Verteilungskarte zeigt: Im Saarland und in Rheinland-Pfalz sind sie zuhause, aber auch im westlichen Oberfranken mit Schwerpunkt Kronach. Und nun kommen wir zum großen Aber: Die besagten Welsch und Welscher im Frankenland haben mit den Kelten rein gar nichts zu tun!
Hier gibt es zwei Theorien, die sogar getrennt voneinander logisch erscheinen: „Weltsch“ war zu Beginn der Kirchenbücher gleichfalls ein häufiger Vorname. Dieser entstand aus dem Spitznamen Welz, der einen Walther bezeichnete.
Außerdem gibt es ein kleines Pfarrdorf mit dem Namen Welitsch rund 15 Kilometer nördlich der Lucas-Kranach-Stadt und somit genau mittig im Verbreitungsgebiet dieses Namens. So geht wohl der Welsch auf den Vornamen zurück – und der Welscher auf seine Herkunft aus dem Ort nahe der thüringischen Grenze.
Eine richtig spannende Angelegenheit ist der Familienname Fries. Der erste Reflex ist, den Zugezogenen aus dem Norden heranzuziehen. De Vries ist ein häufiger Name in Ostfriesland und dem angrenzenden Westfriesland, in den Niederlanden gelegen.
Überraschend ist jedoch, dass es den Namen Fries vom Saarland bis in die Rhön gibt – und er sich in Franken insbesondere um Miltenberg und Würzburg ballt. Nördlich Richtung Friesland gibt es den Namen so gut wie gar nicht.
Wasser, Meer, Deichbau
Kamen vereinzelt Friesen hier an, die sesshaft geworden sind? Das ist schon möglich. Wahrscheinlicher ist eine andere Deutung, die auf einen Beruf zurückgeht. Das Buch „Fränkische Familiennamen“ (Prof. Dr. Ried, 1933) gibt hier Auskunft.
Als vrieße wurde in der Mitte Deutschlands der Dammarbeiter bezeichnet – just in dem Gebiet, in dem der Name Fries so häufig vorkommt. Es handelte sich um den Aufseher von Wasserarbeiten.
Die ersten mögen aus Friesland gestammt haben, da das Anlegen von Wällen im Deichbau am Meer zum Einmaleins gehörte. Mit der Zeit wurden alle so genannt, die mit Schaufeln hantierten, um Wasserläufe zu verändern. Vollkommen verschlammt kehrten sie von ihrem Tagwerk zurück.
Man sollte sich eine solche Tätigkeit keinesfalls zu schlicht vorstellen. Das Gelände muss in die Planung einbezogen werden, damit der Fluss oder Teich später ihren Zweck erfüllen: die Wasserbevorratung und der Betrieb von Wassermühlen. Auf diese Weise konnte die Besiedlung von Ländereien vorangetrieben werden, in denen bis dato Wassermangel herrschte.
Eine sicherlich berechtigte Frage stellt sich noch: Ob nun auch der Franke für irgendeine Fertigkeit berühmt-berüchtigt war? Hier konnte ich leider nichts in Erfahrung bringen.
Beim nächsten Mal geht es ebenfalls um die Herkunft. Dieses Mal aber nicht, aus welcher Region man stammt. Sondern darum, wo das eigene Haus stand.
„Der Herr Franke aus Franken“
Das bin ich und ich heiße auch so – das kann Christian Eduard Franke-Landwers antworten, wenn er auf seinen Nachnamen Franke angesprochen wird. Er brachte den Namen vom Rhein mit nach Oberfranken. „Ich erinnere mich gern an meine Vorfahren, besonders an meine elegante Großmutter, die in einer Villa am Duisburger Kaiserberg residierte und in einer Grotte im Garten zum Tee einlud“, sagt der Bamberger, der in der Altstadt einen Kunsthandel betreibt.
Seine Ahnen waren seit Mitte des 19. Jahrhunderts Bergassessoren im Dienste von Ruhrkohle in Duisburg. „Meine Großmutter kam aus Detmold und hatte Stil und Eleganz mit der Muttermilch inhaliert. Sie führte das Haus der Schwiegereltern mit strengem Regiment, zugleich aber stil- und liebevoll. Gastfreundschaft war ihr immer wichtig. In rheinischen Unternehmerkreisen war sie ein beliebter Mittelpunkt.“
Ihr Enkel Christian Eduard Franke, geboren in Duisburg, aufgewachsen in Düsseldorf, folgte als junger Mann quasi seinem Namen und ging zum Studium nach Bamberg. Kunstgeschichte war von jeher seine Leidenschaft, 1990 eröffnete er seinen Kunsthandel. „Auf Kunstmessen wurde immer viel gelacht, wenn der Herr Franke aus Franken kam.“
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