Namen
Weil nicht jeder Bauer heißen kann
Weil es einst viele Bauern gab, musste man differenzieren. So wurde der eine etwa Dinkel genannt, der andere Knoblauch (Knoblach), Rüb, Hanf(t) oder Feser.
Weil es einst viele Bauern gab, musste man differenzieren. So wurde der eine etwa Dinkel genannt, der andere Knoblauch (Knoblach), Rüb, Hanf(t) oder Feser.
Pia Ultsch
So heißt Franken
F-Signet von Oliver Ultsch Fränkischer Tag
Bamberg – Viele Nachnamen haben sich aus Berufen ergeben. Am häufigsten war einst der Bauer. Aus ihm entwickelten sich Hanf(t), Dinkel, Rüb, Knoblach.

Müller ist unbestritten der häufigste Nachname in Deutschland. Jeder Hundertste heißt so. Dabei müssten die meisten eigentlich auf den Namen Bauer hören. Denn die Landwirte waren einst eindeutig in der Mehrzahl.

Das Althochdeutsche buari stand ursprünglich für den „Bewohner, Bebauer, Ansiedler“, setzte sich allerdings mit der Zeit insbesondere in der Ausprägung des mittelneudeutschen buwman in der Bedeutung „Pächter und Bewirtschafter eines Hofes“ für den Feldarbeiter durch.

Der Sinn der Familiennamen war bekanntermaßen, die Leute besser zu unterscheiden. Aber 20 Bewohner mit dem Namen Bauer in einem 30-Seelen-Dorf? Hätte dann ja auch keinen Sinn gemacht. Mit der Zeit erhielten daher immer mehr Menschen, die Bauern zuallererst, Beinamen – zum Beispiel nach der Lage ihres Hofes, ihrem Aussehen oder einer charakteristischen Eigenart, um sie auseinanderzuhalten. Dem Bauer wurde, rein namenstechnisch, daher gewissermaßen seine erhebliche Verbreitung zum Verhängnis.

Weil es einst viele Bauern gab, musste man differenzieren. So wurde der eine etwa Dinkel genannt, der andere Knoblauch (Knoblach), Rüb, Hanf(t) oder Feser.
Weil es einst viele Bauern gab, musste man differenzieren. So wurde der eine etwa Dinkel genannt, der andere Knoblauch (Knoblach), Rüb, Hanf(t) oder Feser.
Pia Ultsch

Wenn der Name Bauer bereits vergeben war, konnte der nächste Kurz heißen, da er eher klein geraten war. Und der Dritte dann Berger, da er etwas erhöht auf einer Anhöhe oder an einer Steigung zu Hause war.

Es gab für die Bauern außerdem weitere Begriffe, die eine Abgrenzung und Unterscheidung ermöglichten. Zumeist trug der Hof oder die Flur eine Bezeichnung, die dann auf den Bewohner überging.

Manch einer war aber auf ein bestimmtes Produkt spezialisiert – wie der Dinkel. Wohl um die 3.000 Leute in Deutschland tragen diesen Nachnamen. In einem Streifen von Kitzingen im Unterfränkischen bis nach Bamberg und über Lichtenfels nach Coburg wohnt ein Großteil von ihnen – alleine im Obermaintal leben rund 350.

Oliver Ultsch ist leidenschaftlicher Namensforscher.
Oliver Ultsch ist leidenschaftlicher Namensforscher.
Pia Ultsch

Im Dreieck zwischen Spessart, Würzburg und Schweinfurt hingegen ist der Feser zu Hause. Dieser Zeitgenosse hatte mit dem gleichen Getreide zutun. Denn Dinkel war einst auch unter den Namen Spelt und Fesen bekannt und wurde in unseren Breitengraden vorzugsweise angebaut. Sicherlich ein Grund dafür: Er kam mit rauerem Klima besser klar als der Weizen, der jedoch im Gegenzug ertragsreicher war. Eine folgenschwere Entscheidung, die sich direkt in den Familiennamen niederschlug.

Rund ein Drittel aller Feser wohnt noch heute in Unterfranken. Eine solch auffällige Häufung verrät, dass es hier wohl einst einen Stammvater gegeben haben könnte, der sich fleißig fortpflanzte, viele männliche Nachfahren zeugte und der Name auf diesem Weg eine derartige Verbreitung fand.

Einer der ersten Feser in den Kirchenbüchern taucht 1656 in Güntersleben bei Würzburg auf. Doch ist dies nicht zwingend der Weisheit letzter Schluss: Die meisten Matrikel gingen im 30-jährigen Krieg verloren oder wurden gar vernichtet. Die Kirchen als gesellschaftlicher Mittelpunkt der Städte und insbesondere der Dörfer waren für die verfeindeten Truppen oft das erste Ziel. Denn was zersetzte die Moral der Bewohner besser, als ihnen ihren regelmäßigen Treffpunkt zu nehmen? Das Gotteshaus hatte damals ein hohes Standing und mit der Zerstörung der Kirche traf man einen wunden Punkt.

„Wir heißen gern Bauer  – und sind es auch ein bisschen.“  Die Familie Bauer aus Heiligenstadt bei Bamberg hat keinerlei Probleme mit ihrem Namen, im Gegenteil. Er passt: Die Bauers haben Hühner, Hasen und auch einen Hund. Holger, Franz, Opa Frank, Oma Martha, Antje und Oma Doris sind sich einig: „Bauer ist ein guter Name.“ Jeder kenne ihn, man müsse ihn nie buchstabieren.
„Wir heißen gern Bauer – und sind es auch ein bisschen.“ Die Familie Bauer aus Heiligenstadt bei Bamberg hat keinerlei Probleme mit ihrem Namen, im Gegenteil. Er passt: Die Bauers haben Hühner, Hasen und auch einen Hund. Holger, Franz, Opa Frank, Oma Martha, Antje und Oma Doris sind sich einig: „Bauer ist ein guter Name.“ Jeder kenne ihn, man müsse ihn nie buchstabieren.
Ella Bauer

Auch der Name Hanft ist in Ober- und Unterfranken recht gängig. Das gleichnamige Getreide wurde bereits vor 12.000 Jahren in Asien angebaut und war nicht nur zum Verzehr da. Während die Samen zu Essen verarbeitet wurden, eigneten sich die Hanffasern perfekt zur Herstellung von Kleidung. Im 13. Jahrhundert kam der Rohstoff, der auch zur Papierherstellung genutzt wurde, nach Europa. Gerade noch rechtzeitig zu der Zeit, in der die Familiennamen entstanden.

Im Landkreis Hildburghausen in Thüringen gibt es beide Varianten, Hanf und Hanft, im Überfluss. Man könnte fast denken, dass die Äcker an den Südwesthängen des Thüringer Waldes besonders ertragreich beim Hanfanbau waren. Oder es gab hier damals einige wenige Bauern, die die neuartige Pflanze als Erste anbauten. Zumindest liegen die „Wurzeln“ dieser Familie deutlich auf der Hand.

Rund ums Drei-Franken-Eck heißt man gerne Knoblach.
Rund ums Drei-Franken-Eck heißt man gerne Knoblach.
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Die Familien mit dem Nachnamen Knoblauch leben größtenteils in Baden-Württemberg. Also so gar nicht in der Nähe des berühmten Knoblauchs-landes, dass sich von Erlangen bis nach Nürnberg erstreckt. Ursprung für den Begriff des schmackhaften Gemüses, das tatsächlich zur Gattung der Amaryllisgewächse gehört, ist das mittelhochdeutsche klobe- oder knobelouch.

Aus der Endung -louch wurde insbesondere rund um Bamberg -lach, so dass hier der Nachname Knoblach exorbitant häufig vorkommt. Aber auch im Landkreis Main-Spessart gibt es einige, die diesen Namen tragen.

Neben dem Anbauer der Lauchart kommt aber auch noch der in Frage, der den Knoblauch besonders häufig und in rauen Mengen vertilgte. Denn zweifellos gibt es kaum ein Essen, dessen Genuss man weniger abstreiten könnte als den Knoblauch. Kaugummi und Mundwasser fielen damals als Versuch, den Geruch zu neutralisieren, ja definitiv raus.

Zu guter Letzt heute noch der Träger des Namens Rüb. Ihn findet man am häufigsten ebenfalls im Landkreis Main-Spessart. Er ist quasi eine Kurzform des ehemaligen Sportkommentators Rubenbauer. Oder, auch nicht auszuschließen, die Karotte war sein Hauptnahrungsmittel. Rüben und Kohl waren im Mittelalter das „Arme-Leut-Essen“. Wer sich also nichts anderes leisten konnte, erhielt seinen Namen davon, was bei ihm immer auf den Teller landete.

Speziell im westlichen Franken ist Feser ein Renner.
Speziell im westlichen Franken ist Feser ein Renner.
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Beim nächsten Mal beschäftigen wir uns mit dem Schmied. Und stellen fest, dass er in vielerlei Gestalt auftaucht und ganz schön weit verbreitet ist.

Zum Autor:

Oliver Ultsch ist Versicherungskaufmann und Buchautor. In seiner Freizeit beschäftigt er sich leidenschaftlich gern mit Ahnen- und Namensforschung. Ultsch ist verheiratet, hat zwei Kinder und lebt in Niederfüllbach, einem Vorort von Coburg. beschäftigt

Zwischen Rhön und Spessart ein Renner: der Familienname Rüb.
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