Auszeichnung
Wächterpreis für FT-Journalisten
Anerkennung für hartnäckige Recherche in Sachen Rathaus-Affäre: Michael Wehner, Sebastian Schanz und Micho Haller (v.r.) freuen sich über den Wächterpreis.
Anerkennung für hartnäckige Recherche in Sachen Rathaus-Affäre: Michael Wehner, Sebastian Schanz und Micho Haller (v.r.) freuen sich über den Wächterpreis.
Stadt Frankfurt am Main, Maik Reuß
F-Signet von Redaktion Fränkischer Tag
Bamberg – Ehrung für die FT- Lokalredaktion. Sie erhielt in Frankfurt den Wächterpreis für ihre Berichterstattung über unzulässige Rathaus-Zulagen.

Preisverleihung in geschichtsträchtiger Umgebung: Wenige Meter von der Paulskirche entfernt nahmen im Kaisersaal des Frankfurter Römers Michael Wehner, Sebastian Schanz und Micho Haller von der Lokalredaktion Bamberg des FT den Wächterpreis der Stiftung „Freiheit der Presse“ entgegen.

Lob für unbequeme Journalisten

Claudia Roth (Grüne), deutsche Staatsministerin für Kultur und Medien, lobte in einer Videobotschaft die Arbeit der Preisträger und die Rolle von investigativem Journalismus in einer Demokratie. Dieser sei gerade in einer Zeit der Sozialen Medien unschätzbar wichtig. Journalistinnen und Journalisten nähmen eine wichtige Wächterfunktion im Staat wahr: „ohne Helm und ohne Uniform, dafür aber mit Mut, Verstand und Beharrlichkeit“.

Renommierter Medienpreis

Die Bamberger Lokalredaktion des FT errang den mit 4000 Euro dotierten dritten Platz bei dem renommierten Medienpreis mit ihrer Artikelserie über die sogenannte Boni-Affäre im Bamberger Rathaus. In über 80 Beiträgen und Kommentaren zeichneten vor allem die Reporter Michael Wehner und Sebastian Schanz sowie Grafiker Micho Haller zwischen Dezember 2020 und Sommer 2021 ein detailreiches Bild über das System unrechtmäßiger Zuschläge für führende Mitarbeiter der Stadtverwaltung Bamberg.

Die über Jahre hinweg erfolgten Auszahlungen in mittlerer sechsstelliger Höhe hatte erstmals der Kommunale Bayerische Prüfungsverband in einem geheimen Bericht angeprangert. Gebhard Ohnesorg, Geschäftsführender Vorstand der Stiftung „Freiheit der Presse“, bezeichnete die Vorgänge in Bamberg als typisches Beispiel für „bajuwarische Vetternwirtschaft“.

Monika Zimmermann, Mitglied der Jury des Wächterpreises, zeigte sich beeindruckt von der Rechercheleistung der Redaktion des FT in Bamberg. Ihr sei es gelungen, Licht in die zweifelhaften Vorgänge im Rathaus zu bringen und damit zu einer Verbesserung beizutragen.

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Summen bis 80000 Euro

Noch im Jahr 2021 wurden die Zahlungen eingestellt, die Stadtverwaltung hat mittlerweile damit begonnen, die an Beamte überwiesenen unrechtmäßigen Zulagen zurückzufordern. Dabei geht es um Summen bis über 80.000 Euro pro Person. Seit Anfang 2021 ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen des Vorwurfs der Untreue im Bamberger Rathaus, unter anderen steht Bambergs Oberbürgermeister Andreas Starke (SPD) unter dem Verdacht, einzelne Zahlungen ohne Rechtsgrund selbst angewiesen oder zumindest gebilligt zu haben. An Pfingsten 2021 war es zu einer großen Razzia im Bamberg mit über 40 Justizbeamten gekommen, bei der mehrere Ämter durchsucht wurden. Mit dem Abschluss der Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Hof, die immer wieder nach hinten verschoben wurde, ist in den nächsten Wochen zu rechnen.

Zum 52. Mal vergeben

Der heuer zum 52. Mal vergebene Wächterpreis würdigt herausragende Beispiele für couragierten und investigativen Journalismus. Im Jahr 2022 wurden Holger Sabinsky-Wolf und Michael Stifter (Augsburger Allgemeine) mit dem ersten Preis für ihre Berichterstattung über die Maskenaffäre und die Verwicklung bayerischer CSU-Politiker ausgezeichnet. Der zweite Preis ging an das Autorenteam Kersten Augustin und Sebastian Erb von der Berliner taz für ihre Recherchen zu rechtsextremen Vorfällen in den Reihen der Bundestagspolizei. Der Vorsitzende der Wächterpreis-Jury, Moritz Döbler, Chefredakteur der „Rheinischen Post“, hob die Bedeutung insbesondere regionaler Medien bei der Aufdeckung von Missständen hervor. „Die Rechercheteams der großen Häuser leisten großartige Arbeit. Aber vor Ort, im Lokalen verbergen sich oft brisante unmittelbar relevante Vorgänge, die erst durch die Recherchen vergleichsweise kleiner Redaktionen – oft gegen enorme Widerstände – ans Tageslicht kommen. Der Wächterpreis soll Mut machen, dranzubleiben.“

Schutzschild gegen Anfeindungen

Die Bamberger Journalisten freuten sich sehr über die Würdigung ihrer Arbeit in Frankfurt. „Es war auch für uns manchmal schmerzhaft, den Finger in die Wunde zu legen und in die dunklen Ecken im Rathaus zu leuchten “, sagte Chefreporter Michael Wehner. Kollege Sebastian Schanz erinnerte an die zahlreichen Widerstände, die die Lokalredaktion bei ihrer Arbeit überwinden musste. „Der Wächterpreis wirkt als Schutzschild gegen die Anfeindungen, die auf uns niedergegangen sind – von realen Personen, aber auch von erfundenen Fake-Profilen.“

Fake-Accounts-Affäre schwelt

Für die FT-Lokalredaktion ist die Ehre, einen der wichtigsten deutschen Medienpreise nach Bamberg geholt zu haben, Anerkennung und Ansporn zugleich. Dies gilt auch für die weitere journalistische Bearbeitung der so genannten Fake-Account-Affäre. Nach wie vor verweigert hier SPD-Stadtrat Klaus Stieringer Aufklärung und Konsequenzen.

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