Neues Wahlrecht
CSU: Das ist Machtmissbrauch
Umbau im Plenarsaal des Bundestages: Bedrohen die Ampel-Pläne zur Wahlrechtsreform die Existenz der CSU im Parlament?
Umbau im Plenarsaal des Bundestages: Bedrohen die Ampel-Pläne zur Wahlrechtsreform die Existenz der CSU im Parlament?
Kay Nietfeld, dpa
F-Signet von Andreas Kraft Fränkischer Tag
Forchheim – Die Ampel-Koalition hat das Wahlrecht grundlegend umgestaltet. Die direkten Abgeordneten aus dem Landkreis werfen den Regierungsparteien vor, damit die Konkurrenz ausschalten zu wollen.

Die Reform des Wahlrechts entzweit auch die Region. Auf der einen Seite stehen die Befürworter von SPD, FDP und Grünen, auf der anderen Seite die CSU. Thomas Silberhorn, der direkt gewählte Abgeordnete für den Wahlkreis Bamberg-Forchheim wählt dabei drastische Worte. „Die Ampel-Koalition missbraucht den Reformbedarf, um unliebsame Konkurrenz auszuschalten“, sagt der CSU-Politiker dem FT. „Das Ergebnis wird sein: noch mehr Parteikader statt Bürgeranwälte im Bundestag. Ich habe diesen Gesetzentwurf natürlich abgelehnt.“

CSU fürchtet um ihre Existenz

Der Grund für die Aufregung: Mit dem neuen Wahlrecht ziehen Kandidaten, die mit der Erststimme im Wahlkreis die Mehrheit für sich gewinnen, nicht mehr automatisch in den Bundestag ein. Das hängt künftig vom Zweitstimmenergebnis der Partei auf Bundesebene ab. Dabei ist sogar folgendes Szenario nicht unwahrscheinlich: Die CSU gewinnt zwar alle Wahlkreise in Bayern, schafft es aber bundesweit nicht über die Fünf-Prozent-Hürde. Dann säße kein einziger CSU-Abgeordneter im neu gewählten Bundestag.

Thomas Silberhorn
Thomas Silberhorn
Danny Gohlke, dpa

Auch Silke Launert ist entsprechend entsetzt: „Das ist ein krasser Falle von Machtmissbrauch“, sagt sie dem FT. „Das hat es in der Geschichte der Bundesrepublik noch nicht gegeben.“ Würde in einem anderen europäischen Land eine ähnlich Reform in wenigen Tagen ohne öffentliche Debatte durchgedrückt werden, wäre der Aufschrei in Deutschland groß, ist sie sich sicher.

Als direkt gewählte Abgeordnete vertritt Launert die Bürger aus dem Wahlkreis Bayreuth, zu dem auch der nördliche Teil des Landkreises Forchheim gehört. Das Direktmandat sorge auch dafür, dass die Distanz zwischen Politik und Bürgern nicht zu groß werde. Auch sie fürchtet eine Aushöhlung der Demokratie und Abgeordnete, die nur noch ihrer Parteiführung verpflichtet sind und nicht den Wählern.

Silke Launert (CSU)
Silke Launert (CSU)
Stephan Großmann, Archiv

Ampel-Politiker verteidigen die Reform

Ganz anders sind die Reaktionen von Andreas Schwarz (SPD), Anette Kramme (SPD) Lisa Badum (Grüne) und Thomas Hacker (FDP). Sie alle haben für die Reform gestimmt, sind über einen Listenplatz in den Deutschen Bundestag eingezogen, aber auch als Ansprechpartner in den Wahlkreisen Bamberg-Forchheim und Bayreuth aktiv. „Das neue Wahlrecht ist einfacher, gerechter und betrifft im Ergebnis alle Fraktionen gleichermaßen“, sagt Kramme dem FT.  „In den vergangenen Legislaturperioden scheiterte leider jede Reform an den Eigeninteressen der CSU.“

Schwarz sieht das ganz ähnlich: „Die Ampel schafft mit der Reform des Wahlrechts endlich eine deutliche Verkleinerung des Bundestages, wogegen sich die Union in der Großen Koalition jahrelang gewehrt hatte“, sagt er dem FT. „Diese Reform ist überfällig.“

Mit dem alten Wahlrecht sei der Bundestag immer weiter angewachsen, kritisiert auch Badum.„Das steigert nicht nur die Kosten, sondern gefährdet auch die Arbeitsfähigkeit“, sagt sie dem FT. Sie habe daher „mit Freude“ für das neue Wahlrecht gestimmt. Der CSU wirft sie „Scheinheiligkeit“ vor. Eine Reform sei bislang immer an der Union gescheitert.

Das sieht Hacker ganz ähnlich. Er wehrt sich aber auch gegen Kritiker, die der Ampel vorwerfen, die Reform sei nicht durchgedacht. „Wir haben uns lange und intensiv mit der Reform beschäftigt“, sagt er dem FT. „Die beschlossene Reform mag vielleicht nicht perfekt sein, sie ist aber ein lange diskutierter und wohldurchdachter Kompromiss.“

Doch bei aller Verteidigung ist auch klar: Möglicherweise vertreten künftig keine direkt gewählten Abgeordneten die Interessen der Bürger aus den Wahlkreisen Bamberg-Forchheim und Bayreuth in Berlin.

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