Ein Prosit auf die Biervielfalt: Die vielen Brauereigasthöfe sollen nun doch Wirtschaftshilfen vom Bund bekommen, um die finanziellen Einbußen durch den zweiten Corona-Lockdown besser verkraften zu können. Darauf haben sich Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) und Ministerpräsident Markus Söder (CSU) am Dienstag grundsätzlich geeinigt. Bislang sind Mischbetriebe wie Brauereien mit Gaststätten oder Winzer mit Heckenwirtschaften durch das Raster der Corona-Hilfen gefallen. Ohne politischen Druck aus Franken wäre die Kehrtwende an der Spree wohl nicht zustande gekommen. Nicht zuletzt die Brauer haben vor dem Verlust ihrer weltberühmten Vielfalt gewarnt. Allein in Oberfranken gibt es rekordverdächtige 163 Brauereien.
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"Zur Feier des Tages werde ich mir heute Abend ein schönes fränkisches Bier aufmachen", freut sich der CSU-Landtagsabgeordnete Michael Hofmann aus Forchheim, der sich hinter den Kulissen seit Monaten für ein Einlenken der Berliner Koalition eingesetzt hat. "Die nun erzielte Lösung wird unsere vielen familiengeführten Brauereigasthöfe in Franken in der Krise einen deutlichen Schub geben", ist sich Hofmann sicher. "Unsere Hartnäckigkeit hat sich am Ende ausgezahlt", freut sich Hofmann und lobt die Teamarbeit zwischen Brauereibesitzern und Politikern aus der Region, die in Berlin das Thema immer wieder auf die Tagesordnung gebracht hätten.
Mike Schmitt platzte im Netz der Kragen
Kleine bis mittelständische Brauereibesitzer hatten sich zuvor bitter über die mangelnde Unterstützung in der Corona-Krise durch die Bundespolitik beklagt. Mike Schmitt, Besitzer der Nikl-Brauerei aus Pretzfeld im oberfränkischen Landkreis Forchheim, ist sogar im Internet verbal der Kragen geplatzt. Daraufhin ist Schmitt vom bayerischen Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (FW) nach München zum "Brauereigipfel" eingeladen worden. "Es ist fünf vor zwölf für kleine Brauereien", hat Schmitt beim Krisengespräch mit dem Minister in München gesagt. Aktuell traut Schmitt den Jubelbotschaften aus Berlin noch nicht ganz über den Weg. "Ich bin erst erleichtert, wenn ich den Antrag gestellt und das Geld auf dem Konto habe", sagt Schmitt und dankt insbesondere den lokalen Abgeordneten wie Michael Hofmann (MdL, CSU) und Lisa Badum (MdB, Grüne), ohne deren unermüdliche Arbeit "nichts passiert" wäre.
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"Heute ist ein freudiger Tag für unser fränkisches Welterbe der Bierkultur", freut sich die grüne Bundestagsabgeordnete Lisa Badum über die erlösende Nachricht. Nach dem monatelangen Tauziehen könnten nun auch Brauereigaststätten für die Corona-Hilfen im November und Dezember offiziell einen Antrag stellen. Demnach sollen Brauereigaststätten wie eigenständige Unternehmen bei der Antragsstellung behandelt werden, um dadurch das Problem des Mischbetriebs umgehen zu können. Hofmann hat sich nach eigenen Angaben sogar noch für eine bessere Lösung stark gemacht. Seine Traumlösung wäre gewesen, dass die Brauereigaststätten sogar den Gesamtumsatz zur Berechnung der Corona-Hilfen heranziehen können. Auf diesen "Königsweg" habe sich Berlin aber nicht einlassen wollen.
75 Prozent des Umsatzes werden erstattet
Nun sollen die Brauereibesitzer immerhin 75 Prozent des Brauereigaststättenumsatzes als Corona-Hilfe im November und Dezember vom Bund erstattet bekommen. Wichtig ist Hofmann in den intensiven Gesprächen mit Berlin gewesen, dass fleißige Brauereigasstätten durch die Einigung nicht benachteiligt werden. So sehe die aktuelle Lösung vor, dass Umsätze mit Essen zum Mitnehmen nicht angerechnet werden, um die Fleißigen gerade nicht zu bestrafen. Technisch sei dies über den verminderten Steuersatz für Essen zum Mitnehmen relativ einfach zu machen gewesen.
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"Es hat lange gedauert, die Bundesregierung von der Besonderheit der bayerischen Brauereigaststätten zu überzeugen", erklärt der bayerische Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (FW). Von Anfang an hätte niemand die Ungleichbehandlung der Brauereigaststätten nachvollziehen können. Im Gegensatz zu geschlossenen Cafés, die trotz angeschlossener Bäckerei richtigerweise Zugang zur Novemberhilfe und Dezemberhilfe erhielten, seien gerade die für Bayern wichtigen Brauereigaststätten unverständlicherweise bisher von den Hilfen ausgeschlossen gewesen. Aiwanger habe diesen Sachverhalt von Beginn an als Ungleichbehandlung kritisiert.
Die Beine hochlegen werden leidenschaftliche Bierbrauer wie Mike Schmitt allerdings jetzt wohl trotzdem nicht können. Die Brauereibesitzer werden wohl alle Hände voll zu tun haben, die Umsätze aus den Gaststätten von den anderen Geschäftsfeldern wie beispielsweise dem Flaschenbierverkauf fein säuberlich mit dem Rechenschieber zu trennen. Obendrein drängt die Zeit. Die Antragstellung für die November- und Dezemberhilfe ist nur noch bis zum 30. April möglich.