Höchste Gewerbedichte
Störnhof: In fast jedem Haus ein Unternehmer
Zweiter Bürgermeister Konrad Rosenzweig (l.) inspiziert die Autowerkstatt von Kfz-Meister Gerald Krämer.
Zweiter Bürgermeister Konrad Rosenzweig (l.) inspiziert die Autowerkstatt von Kfz-Meister Gerald Krämer.
Thomas Weichert
F-Signet von Thomas Weichert Fränkischer Tag
Störnhof – Störnhof (Markt Wiesenttal) hat die größte Dichte an Gewerbebetrieben im Kreis Forchheim. 16 Betriebe finden sich in dem 75-Einwohner-Ort. Wie kommt es dazu?

Das 75 Einwohner zählende Störnhof in der Marktgemeinde Wiesenttal ist eines der kleinsten Dörfer im Landkreis Forchheim. Es hat aber höchste Dichte an Gewerbetreibenden. Sage und schreibe 16 Gewerbebetriebe sind in dem kleinen Jurahochort registriert. Hinzu kommen noch eine ganze Reihe selbstständiger Freiberufler.

Zusammen mit der VR-Bank  hat das Landratsamt erstmals einen mit 1000 Euro dotierten Wettbewerb ausgeschrieben, der die Ortschaft mit der höchsten Dichte an Gewerbebetrieben im Landkreis ermitteln sollte. Die Preisverleihung findet am Freitagabend im Gasthaus Hofmann durch Landrat Hermann Ulm statt.

In der Dorfmitte zeigen einige Hinweisschilder zu den einzelnen Gewerbebetrieben.
In der Dorfmitte zeigen einige Hinweisschilder zu den einzelnen Gewerbebetrieben.
Thomas Weichert

Störnhof hat 30 Häuser, und in fast jedem lebt und arbeitet mindestens ein Selbstständiger. Wer nun glaubt, dass die meisten davon Landwirte sind, der irrt. Dies war in den 1960er Jahren noch so. Da gab es noch 18 landwirtschaftliche Anwesen in Störnhof. Damals wurde auch der erste Biobetrieb in Bayern in Störnhof gegründet, den es heute noch gibt. Jeder im Dorf hatte damals noch eine Landwirtschaft betrieben, ob im Voll- oder Nebenerwerb. Heute ist es nur noch ein einziger landwirtschaftlicher Vollerwerbsbetrieb.

Vom gelernten Landwirt zum gefragten Gutachter

Einige, wie Konrad Rosenzweig, betreiben die Landwirtschaft noch im Nebenerwerb. 120 Hektar eigene Ackerbaufläche bewirtschaftet der passionierte Jäger und Jagdhornbläser noch und bietet Agrardienstleistungen an.

Rosenzweig ist gelernter Landwirt und Zweiter Bürgermeister. Er hat längst ein anderes Tätigkeitsfeld gefunden und ist bundesweit als landwirtschaftlicher Gutachter für Gerichte und Versicherungen ein gefragter Mann. Sein ältester Sohn ist inzwischen bei ihm eingestiegen und hat vor Kurzem ein eigenes Gewerbe angemeldet.

Aus einem Hof wurde kurzerhand eine Autowerkstatt

Aus jedem früheren Bauernhof ist praktisch ein anderer selbstständiger Betrieb geworden. Einer davon ist Kfz-Meister Gerald Krämer. Seinen früheren Aussiedlerbauernhof hat er zu einer modernen Autowerkstatt umgebaut.

Dort, wo früher ein Hochsilo für Futtermittel stand, ist jetzt eine riesige Hebebühne, mit der er sogar Wohnmobile hochheben kann. Der gelernte Landmaschinenmechaniker fing 1996 mit einer kleinen Autowerkstatt an. Heute hat er vier Beschäftigte.

Das alte Mosthäuschen wurde zum Aufenthalts- und Buswarteraum umfunktioniert.
Das alte Mosthäuschen wurde zum Aufenthalts- und Buswarteraum umfunktioniert.
Thomas Weichert

Im Dorf gibt es auch eine Schreinerei, einen Fliesenleger, eine Psychotherapiepraxis, einen Fußpflegesalon, einen Zeltverleih mit Zelthandel und Partyservice, einen Betrieb für Garten- und Landschaftsbau und einen Betrieb für Forstdienstleitungen sowie zahlreiche weitere Freiberufliche im Bereich Handel und Dienstleistung.

Das Gasthaus als Dorfzentrum

Zentrum des Dorfes ist das Gasthaus Hofmann, das täglich geöffnet hat. Im Gasthaus treffen sich die Dorfgemeinschaft, der Jägerstammtisch, die Jagdhornbläser, der Böllerverein, die Waldgenossen und die Feuerwehr. „Das Störnhofer Wirtshaus ist die Universität des kleinen Mannes“, sagt Rosenzweig. Hier findet zum Beispiel auch die Ärzteschafkopfrunde statt.

Was im Dorf gemacht wird, wird im Wirtshaus ausgehandelt. 1990 wurde beispielsweise die Dorfjugend gegründet, die bis heute den Kirchweihbaum aufstellt und die Kerwa-Tradition am Leben erhält.

Aktive Dorfgemeinschaft kümmert sich liebevoll um den Ort

Die Dorfgemeinschaft gestaltete auch den „Dorfgarten“ über dem Löschwasserbehälter, der zu einer Oase der Ruhe geworden ist. Oder sie machte in Eigenregie aus der alten Mostanlage einen Gemeinschaftsraum, der für die Schulkinder auch als Buswartehäuschen genutzt wird.

Der „Dorfgarten“ wurde von der Dorfgemeinschaft selbst angelegt und gestaltet.
Der „Dorfgarten“ wurde von der Dorfgemeinschaft selbst angelegt und gestaltet.
Thomas Weichert

„Die Tür ist immer offen und Randale gab es hier noch nie“, sagt Rosenzweig. „Jeder hilft bei uns jedem, wenn es darauf ankommt, und da bin ich sehr stolz darauf“, berichtet Rosenzweig.

Warum es so viele Selbstständige im Ort gibt, dafür hat Rosenzweig eine einfache Erklärung. Durch die Stilllegung landwirtschaftlicher Betriebe gab es immer mehr Leerstände im Ort. So machte einer aus seinem Stadel eine Werkstatt, eine andere eine Praxis. „Dies motivierte dann andere, weil sie sahen, dass es funktioniert. Und so machten sich immer mehr selbstständig“, erklärt Rosenzweig.

Das Preisgeld der VR-Bank kommt der Dorfjugend für den Erhalt der Brauchtumspflege und der Dorfgemeinschaft für die Dorfkultur zugute. Ganz wichtig für Gewerbetreibende ist auch ein schnelles Internet. Daher ist Rosenzweig froh, dass gerade Glasfaserleitungen im Ort verlegt werden.

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