Justiz
Hunger macht ihn zum Erpresser
Mit dem Küchenmesser erpresste der schwergewichtige Angeklagte Geld, um sich davon Essen kaufen zu können.
Mit dem Küchenmesser erpresste der schwergewichtige Angeklagte Geld, um sich davon Essen kaufen zu können.
Symbolbild/Eckehard Kiesewetter
F-Signet von Martin Schweiger Fränkischer Tag
LKR Haßberge – Mit vorgehaltenem Messer verschafft sich ein 40-Jähriger Geld. Sein unstillbarer Hunger bringt den Esssüchtigen vor Gericht.

Wenn ein 40-jähriger Arbeiter aus dem nördlichen Landkreis in der Vergangenheit Hunger, aber kein Geld für Lebensmittel hatte, konnte er austicken. So wie im Juni vergangenen Jahres: Mit einem Küchenmesser bewaffnet forderte er einen Mitbewohner in der Gemeinschaftsunterkunft, in der beide wohnen, auf, ihm 15 Euro zu geben. Andernfalls drohte er damit, ihn abzustechen. Der Bedrohte gab das Geld heraus, erstattete aber danach Anzeige. Jetzt musste sich der 40-Jährige daher wegen besonders schwerer räuberischer Erpressung vor dem Schöffengericht am Amtsgericht in Haßfurt verantworten.

Dort räumte der unter Betreuung stehende Angeklagte den Vorwurf ein. Er habe Hunger gehabt und habe etwas zu essen kaufen wollen. Er habe oft Hunger, gab er zu Protokoll.

„Ein lieber Mensch“

Die Leiterin der Gemeinschaftsunterkunft bezeichnete den Angeklagten als „lieben Menschen“. Doch immer wieder sei es zu Erpressungen und anschließend zu Entschuldigungen gekommen. Der stark übergewichtige Angeklagte leide unter seiner Esssucht, die er nicht kontrollieren könne.

Der Vorsitzende des Haßfurter Amtsgerichts, Richter Christoph Gillot, betonte, dass es sich bei einer Erpressung um ein Verbrechen handle, das mit mindestens einem Jahr Freiheitsstrafe geahndet wird. Die Opfer des Angeklagten seien schutzbedürftige Menschen, die Verbrechen gegen sich geschehen ließen, auch wenn danach eine Entschuldigung folge. „So geht das nicht“, sagte der Richter.

Ein psychiatrischer Gutachter bescheinigte dem Angeklagten eine leichte Intelligenzminderung sowie eine verminderte Schuldfähigkeit. Ihn deshalb in einer geschlossenen forensischen Einrichtung unterzubringen, erachtete der Gutachter jedoch nicht als notwendig.

Problem ist der Hunger

Verteidiger Jens Fichtner warf ein, dass sein Mandant nur Probleme mache, wenn er Hunger hat. Allein dieses Problem müsse gelöst werden. Wenn der Angeklagte ins Gefängnis müsste, würde er wohl seinen Platz in der Gemeinschaftsunterkunft verlieren und im Leben abrutschen, argumentierte der Anwalt.

Das Gericht in Haßfurt beschloss, den Fall an die Große Strafkammer des Landgerichts Bamberg zu verweisen. Denn die Hauptverhandlung habe ergeben, dass es möglicherweise weitere Fälle der räuberischen Erpressung gab. Zudem besteht der Verdacht, dass der Angeklagte Mitbewohner schlug und sich auf einen auf dem Boden liegenden Bewohner mit seinem rund 200 Kilogramm Körpergewicht setzte.

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