In der kleinen St.-Annakapelle in Hofstetten fand am Sonntagvormittag kein normaler katholischer Gottesdienst statt. Das zeigte sich schon daran, dass sechs Ministranten zu Musik ins Gotteshaus einzogen und tanzten.
Dafür gab es Beifall. Auch Pater Rudolf Theiler aus Ebern machte einiges anders als sonst. Der Geistliche hatte zeitweise eine rote Pappnase und trug eine Faschingskappe. Zudem waren die Kirchenlieder dem Fasching und den derzeitigen Ereignissen entsprechend umgedichtet worden. Und die Predigt trug Pater Theiler diesmal in Versform vor.
Erstaunlich offene und deutliche Worte von Pater Theiler
Natürlich kam Wladimir Putin nicht gut weg. Theiler: „Der spricht von Verteidigung und nimmt Städte ein, was anderes als ein Angriffskrieg soll das, bitteschön, sein? Nur eine Sache, die ist gültig zu allen Zeiten: Ein Krieg, das ist die Niederlage der Menschheit auf allen Seiten.“
Auch seine eigene Kirche verschonte der Geistlich nicht. Er beschäftigte sich vorsichtig mit den Missbrauchsgutachten, mit Lügen und Vertuschen und natürlich mit den Massenaustritten aus der katholischen Kirche, was er so kommentierte: „Denn egal, was der Grund für ihren Austritt war, eine Sache, die ist wohl klar: Es sollte uns alle in der Kirche die Frage nachdenklich stimmen, warum konnten wir viele dieser Menschen nicht für unsere Botschaft gewinnen?“
Theiler kritisiert die Machtstrukturen in der katholischen Kirche
Auf diese Frage gab er selbst Antwort: „Vielleicht könnte es mitunter nicht nur daran liegen, dass über schlimme Dinge wurde allzu lang geschwiegen, sondern vor allem auch daran, dass Kirche oft nur noch um sich selber, um Macht und ihre Strukturen kreist und den Menschen mit seinen Fragen, Nöten und Sorgen vor die Tür verweist.
Ich habe also den dringenden Verdacht, etliche dieser Distanzierungen sind hausgemacht, weil etlichen Menschen unsere Sprache weniger hilft als mehr verwirrt, und Kirche nicht mehr als lebensdienlich wahrgenommen wird.
Deshalb lohnt es sich, über eine Sache ganz besonders nachzudenken, nämlich die Macht in der Kirche grundsätzlich einzuschränken, wobei mich die Rede von der Macht schon immer hat gestört, weil Macht und Kirche für mich überhaupt nicht zusammengehört.“
Viel Lob gab es für die engagierten Christen in Hofstetten
Neben starker Kritik gab es aber auch Lob von Pater Rudolf Theiler, zum Beispiel für die Gottesdienstbesucher, die in den zurückliegenden Monaten trotz Corona die Gottesdienste besucht hätten.
Auch die Leistung der Ehrenamtlichen in der Gemeinde war Theiler ein Lob wert: „Vor allem aber gibt mir jede Menge Kraft, wenn ich sehe, was durch unsere Ehrenamtlichen wird geschafft. Wie sie trotz aller Krisen und Problembeschwerden mit Freude, still und bescheiden ihr Allerbestes geben“.
Mesner Steinmetz erhält ein besonderes Lob von Rudolf Theiler
Dazu bedankte er sich namentlich bei allen, die in Hofstetten mithelfen, die Gottesdienste mitzugestalten und auch für Ordnung und Sauberkeit rund um die St.-Annakapelle sorgen. Besonders hob er dabei Mesner Edgar Steinmetz heraus, der nun schon seit 60 Jahren „hier alles klarmacht“.
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