Entwicklung Auszeichnung zum Jubiläum Sichtbarer Protest: Jahrelang prägten Transparente und die „Freiheitsglocke“ das Ortsbild, weil die Ermershäuser eigenständig bleiben wollten. // FT-Archiv von Martin Schweiger TEILEN  20.06.2024 Ermershausen – Vom „Rebellendorf“ zum „Ort der Demokratie“: Passend zum 975. Ortsjubiläum wird Ermershausen ganz besonders gewürdigt – und von ganz oben. Ab dem Jahr 1978 protestierten die Bürgerinnen und Bürger von Ermershausen gegen die von der kommunalen Gebietsreform vorgesehene Eingemeindung nach Maroldsweisach. Sie hielten ihren Protest über 15 Jahre hinweg aufrecht und engagierten sich dafür politisch. Damals galt Ermershausen als „Rebellendorf“. Nun, fast 50 Jahre später ist von „Rebellion“ keine Rede mehr. Im Gegenteil: Der Kampf um die Eigenständigkeit der Gemeinde wird von Landtagspräsidentin Ilse Aigner (CSU) gewürdigt. Sie kommt am Donnerstag, 27. Juni, wenn Ermershausen als einer von 13 Orten in Bayern zum „Ort der Demokratie in Bayern“ ernannt wird. Vorm Ermershäuser Rathaus wird ab nächste Woche die Stele „Ort der Demokratie“ stehen. // Martin Schweiger/FT-Archiv Ausstellung im Rathaus Nach der Begrüßung im Rathaus durch Bürgermeister Günter Pfeiffer werden Landtagspräsidentin Ilse Aigner sowie Landrat Wilhelm Schneider Festansprachen halten. Anschließend wird eine Gedenkstele am Rathaus enthüllt und die Ausstellung „Orte der Demokratie in Bayern“ im Rathaus eröffnet. Die Ausstellung ist vom 28. Juni bis zum 3. Juli täglich von 8 bis 18 Uhr geöffnet. Der Eintritt ist frei. Streitpunkt Gebietsreform Auf Beschluss des bayerischen Landtags wurde von 1969 bis 1978 in Bayern eine kommunale Gebietsreform mit dem Ziel einer effizienteren Verwaltung durchgeführt. Die Zahl der Landkreise und der kreisfreien Städte wurde halbiert, die der Gemeinden von 7073 auf 2052 reduziert. Bereits im Vorfeld gab es in Ermershausen Protest gegen die geplante Eingemeindung nach Maroldsweisach. Schließlich verweigerte der Ort die Herausgabe der Gemeindeakten an die Verwaltung in Maroldsweisach. Der Freistaat Bayern reagierte hart: In der Nacht auf den 19. Mai 1978 umstellten Polizisten den Dorfplatz in Ermershausen und räumten das Rathaus. Widerstand war zäh Aber die Ermershäuser gaben nicht auf. Jahrelang prägten Transparente mit ablehnenden Sprüchen zur Eingemeindung das Ortsbild. 1989 lehnte der Landtag einen Antrag auf Ausgliederung ab. Ermershausen wählte einen anderen Weg: Auf Anraten von CSU-Kreisrat Sebastian Freiherr von Rotenhan (Rentweinsdorf) traten viele Ermershäuser in die CSU ein. Als größter CSU-Ortsverband im Landkreis konnte Ermershausen sich neues Gehör verschaffen. 1994 wurde die Eingemeindung für „gescheitert“ erklärt. Das „Rebellendorf“ wurde wieder selbstständig und dient nun als Beispiel für zivilgesellschaftlichen Protest und politisches Engagement. Heute ist Ermershausen auch als Faschingshochburg bekannt. // Martin Schweiger Ungewöhnliche Partnerschaft Ebenso wie Ermershausen hat sich Unterammergau seine Eigenständigkeit hart erkämpft. Doch im Gegensatz zu den Unterfranken gewann Unterammergau schon 1980 den Kampf um die Unabhängigkeit. Ermershausen musste noch 14 Jahre warten. Beide Gemeinden waren damals Mitglied der Aktionsgemeinschaft Demokratische Gemeindegebietsreform. Die Initiative zum ersten Treffen ging von Jugendlichen aus Unterammergau aus. Im November 1978 fuhr erstmals ein Bus aus Unterammergau in das 386 Kilometer entfernte Ermershausen. Es entstanden Freundschaften. Vereine besuchten sich, wie der Sportverein, die Feuerwehr oder die Damengymnastikgruppe. Im Dezember 2019 wurde die Partnerschaft zwischen Ermershausen und Unterammergau offiziell in einem Vertrag besiegelt. Es ist – laut bayerischem Gemeindetag – die erste Partnerschaft zwischen zwei bayerischen Kommunen. Im Oktober 2022 war der damalige Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm zu Gast. // Martin Schweiger/FT-Archiv Das Progrmam vom 28. bis 30. Juni 1049 wird Ermershausen als „Ermannshuson“ in „Helidungero marca“ (in der Hellinger Markung) erstmals urkundlich erwähnt. Vom Freitag, 28., bis zum Sonntag, 30. Juni, feiert die mit knapp 600 Einwohnern kleinste Gemeinde Unterfrankens die Ersterwähnung vor 975 Jahren. Freitag Ab 18 Uhr Bewirtung im Festzelt in der Dorfmitte. Ab 21 Uhr beginnt die Rocknacht mit „Late Night“ und Barbetrieb. Samstag Bewirtung in und am Festzelt mit Kaffee, Kuchen und Getränkeausschank ab 14 Uhr. Ab 14 bis 17 Uhr werden Dorfspaziergänge in und um Ermershausen angeboten. Um 18 Uhr begrüßt Bürgermeister Günter Pfeiffer zum Ermershäuser Unterhaltungsabend mit dem Anstich von knapp 100 Liter Freibier. Um 21 Uhr ist dann Party-Time mit „Uschi Grande“ und die Bar öffnet. Den Hunger stillen Food-Trucks. Zudem gibt es Spezialitäten vom Grill. 9.30 Uhr Festgottesdienst in der evangelischen Kirche. Anschließend Weißwurstfrühstück und Frühschoppen, musikalisch begleitet von den Sternberger Musikanten. Ab 11 Uhr großes Markttreiben (bis 16 Uhr) rund um dem Festplatz in der Dorfmitte mit einer Spielstraße für Groß und Klein. Ab 12 Uhr Mittagessen angeboten, anschließend Kaffee und Kuchen. Auch die Food-Trucks bieten den ganzen Nachmittag Speisen an, zudem gibt’s Warmes vom Grill.