Heimat-Monitor
Herzenswunsch im Kreis Lichtenfels: Ein Hausarzt am Ort
Nicht mehr in jeder Gemeinde im ländlichen Raum gibt es eine Hausarzt-Praxis.
Nicht mehr in jeder Gemeinde im ländlichen Raum gibt es eine Hausarzt-Praxis.
Ramona Popp/Grafik:FT
Ramona Popp von Ramona Popp Fränkischer Tag
LKR Lichtenfels – Ist man auf dem Land in medizinischer Hinsicht abgehängt? Lesen Sie dazu in dieser Woche weitere Berichte etwa zur Versorgung durch Apotheken und zur Notfallmedizin.

Die ärztliche Versorgung ist ein Thema, das wirklich jeden betrifft. Schlagzeilen gemacht haben zuletzt MVZ-Schließungen in der Region, einhergehend mit langen Wartezeiten für einen Termin beziehungsweise überlasteten Praxen. Während sich einerseits für manche Hausarztpraxis kein Nachfolger finden ließ, galt der Landkreis laut der Bedarfsplanung der KVB (Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns) noch im vergangenen Frühjahr als „überversorgt“. Gemeinden, die sich wie Marktgraitz um die Niederlassung eines Hausarztes oder einer Hausärztin vor Ort bemühten, wurden ausgebremst. Immerhin das hat sich in der aktuellen KVB-Statistik verändert: Der Versorgungsgrad ist von 113,36 Prozent auf 107,71 gesunken, 1,5 Hausärzte dürften sich sofort hier niederlassen. Die „Überversorgung“ ist passé, eine Verbesserung für die Menschen bedeutet das allerdings nicht.

Dr. Otto Beifuß, Vorsitzender des Ärztlichen Kreisverbands Lichtenfels und des Bezirksverbands Oberfranken, sagte vor wenigen Monaten gegenüber unserer Redaktion, man sei seit Jahren damit beschäftigt, auf eine bessere Versorgung hinzuwirken. Die Versorgungszahlen würden vom Planungsausschuss der Regierung und einer unabhängigen Kommission geprüft. Wichtig zu wissen: Über Zulassungen entscheidet nicht die KVB, sondern ein unabhängiger Zulassungsausschuss, dem Vertreter der Ärzte und Krankenkassen aus der Region angehören. Nur dieser kann entscheiden, ob sich ein Arzt/eine Ärztin einer bestimmten Fachrichtung in einer bestimmten Region niederlassen kann.

In unserer aktuellen Befragung „Heimat-Monitor“ bildet der Landkreis Lichtenfels im Bereich Gesundheitsversorgung nicht das Schlusslicht, sondern kommt unter neun beteiligten Landkreisen auf Rang 6, noch vor dem benachbarten Kronach. Eine Anmerkung galt explizit den langen Wartezeiten auf einen Facharzt-Termin: „mindestens 3-6 Monate“.

Platz 1 im Landkreis-Vergleich ist keine Überraschung: Das ist Erlangen, Standort einer Uni-Klinik mit entsprechender ärztlicher Infrastruktur drum herum.

Erlangen auf Platz 1 – keine Überraschung

Gefragt wurde einerseits nach einer Bewertung des Angebots an Arztpraxen und Kliniken. Eine zweite Frage galt der Versorgung mit anderen Gesundheitsdienstleistungen wie sie etwa von Apotheken, Physiotherapeuten oder Pflegediensten erbracht werden. Aufgefallen ist, dass in den meisten Orten diese Anbieter besser bewertet wurden als die ärztliche Versorgung. Nur in Ebensfeld, Marktzeuln und Redwitz war es andersherum. Redwitz erreichte mit einem Wert von 7,22 in dieser Frage die höchste Punktzahl, vor Ebensfeld und Bad Staffelstein.

Redwitz hebt sich ab

Wie ist das zu erklären? Einen entscheidenden Anhaltspunkt gibt ein Blick auf die Zahl der im Ort tätigen Ärzte: Es gibt drei Praxen, das darf mittlerweile im ländlichen Raum als Luxus angesehen werden. Davon zwei mit je zwei praktizierenden Medizinern – also fünf Ärzte insgesamt bei rund 3500 Einwohnern. Die Tatsache, dass eine dieser lang bestehenden Praxen zum Jahresbeginn von einem jüngeren Arzt übernommen wurde, wurde von der Gemeinde selbst als „sehr erfreuliche Entwicklung“ kommuniziert.


+++ Beim Heimat-Monitor wollten wir von Ihnen wissen, wie Sie das Leben im Kreis Lichtenfels bewerten. In unserer Artikelserie zur großen Leserumfrage wollen wir herausfinden, was hinter den Zahlen steckt. +++


Bei Nachfragen vor Ort hört man von sehr engagierten Ärzt(inn)en. Diese selbst versuchen keine Erklärung für den guten Wert, sondern zeigen Zurückhaltung. Es kann also nur gemutmaßt werden, woran es liegen könnte. Die Sprechzeiten bewegen sich in einem normalen Rahmen. Es werden Hausbesuche gemacht, und man kümmere sich auch um Facharzttermine, heißt es.

Es darf auch nicht verhehlt werden, dass weniger Teilnehmer in einer Kommune schneller einen Ausschlag in die eine oder andere Richtung geben können. Und auch in Redwitz mit seiner positiv geschilderten Versorgungssituation ist mitunter „Stau“ bis auf die Straße vor einer Praxis zu beobachten. Denn der Einzugsbereich reicht über die Gemeinde hinaus.

Altersstruktur im Blick

Bei der Betrachtung der Gesamtsituation darf die Altersstruktur der Hausärzte und Hausärztinnen nicht außer Acht gelassen werden. Wo man heute noch zufrieden ist, kann in wenigen Jahren ein Mangel bestehen. Das Durchschnittsalter beläuft sich nach Angaben der KVB im hiesigen Landkreis auf 55 Jahre. Es ist also wichtig, entsprechende Weichenstellungen jetzt vorzunehmen. Marktgraitz etwa, wo es keinen eigenen Hausarzt gibt und damit verständlicher Weise auch keine Zufriedenheit besteht, arbeitet weiter an dem Ziel, mit geeigneten Räumlichkeiten in naher Zukunft einen Arzt oder eine Ärztin für eine Niederlassung gewinnen zu können. Und zwar ganz unabhängig davon, welcher „Versorgungsgrad“ gerade ermittelt wurde.

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