Das Vereinsheim „Krone“ wurde am Wochenende zur närrischen Hochburg im Kissinger Stadtteil Reiterswiesen. Mit kräftigen Seitenhieben auf die Stadtverwaltung, mit schwungvollen Tanzeinlagen der Garden und mit dem berühmt-berüchtigten „Reiterswiesch´ner Humor“ feierte die Fidelia nach zweijähriger Abstinenz ihre Elferratssitzung.
„Sind Sie bereit, mit uns Fasching zu feiern?“, lautete die Motivationsfrage von Sitzungspräsident Alexander Pusch. Das anfangs dürftige „Ja“ der Gäste stellte ihn und Matthias Bühner als Vorstand nicht zufrieden.
Doch die Reiterswiesner wären nicht die Reiterswiesner, wenn sie nicht nach kurzer Zeit ihre närrische Betriebstemperatur erreicht hätten, die während der vierstündigen Sitzung nicht abkühlte.
Prinzessin Lorena I.
Hilfe beim „Warmup“ für die verkleideten Narren gab es von den Stadträten Martina Greubel und Thomas Schlembach sowie Faschings-Prinzessin Lorena I., bei deren Einzug die Konfetti-Kanonen zwar ihren Dienst verweigerten, was von Vorstand Matthias Bühner mit „Vor 3 Jahren gekauft, Pulver wohl eingetrocknet“ als Hinweis auf zwei ausgefallene Sessionen kommentiert wurde.
Danach ging es ans Einüben der bekannten Rituale mit „Bitte schön – Danke schön – gern geschehen“ oder „Das war Spitze …“ – auch hier benötige Sitzungspräsident Pusch nur wenige Minuten, um die schlummernden Narrengeister wieder zu erwecken.
Clever war, die Ehrungen an den Anfang zu nehmen, wodurch das Reiterswiesner Narrenschiff später ungestört auf der Stimmungswelle gleiten konnte. Jonas Eyrich vom Fastnachtsverband Franken überreichte als höchste Auszeichnung den „Till von Franken“ an Marco Kiesel, der seit 2003 in Vorstand und Elferrat aktiv ist, den Verdienstorden an Luisa Kohlstedt, die von 2004 bis 2018 in den Garden aktiv war und mittlerweile als Trainerin fungiert, sowie die Sessionsorden 2023 an Kristina Kiesel und Constantin Kleinhenz als Dankeschön für das jahrelange Engagement.
Im offiziellen Teil bedankte sich die Fidelia mit ihrem Orden bei den Trainerinnen dafür, dass sie die Garden während der Corona-Durststrecke bei Laune gehalten haben, und mit dem BTC Garitz tauschte man die bekannten Frotzeleien aus – diesmal drehte es sich um Blumenstrauß und Garitzer Kreisel.
Rund 50 Tänzerinnen in vier Garden
Dass der Dank an die Trainerinnen und Betreuerinnen berechtigt war, zeigte sich im Laufe der Elferratssitzung. Fast 50 Gardemädchen bevölkerten in vier Tanzgruppen nach und nach die überschaubare Bühne und in jeder Einlage spürte man den Spaß der jungen Akteurinnen.
Den Anfang machte Helena Klein als jüngstes Tanzmariechen. Mit Rad, Überschlag oder Spagat zeigte sie ihr Können und hatte selbst bei den temporeichen Tanzpassagen immer ein Lächeln im Gesicht.
Im knallig-bunten Tüll mit Glitzeroberteil präsentierte die Linsenspitzer-Garde ihren Showtanz „Monster“ – schwungvoll und phantasievoll wirbelten die zwölf Mädchen über die Bühne.
Diese wurde fast zu klein für die 18 Schornsteinfegerinnen der Mini-Garde. Mit viel Training hatten die Betreuerinnen Ordnung in das tänzerische Chaos der schwarz gekleideten Akteure gebracht und die Begeisterung der Mädchen steckte die Gäste an, die mit stürmischem Applaus den Auftritt quittierten.
Prinzengarde mit zwei Tänzen
Die gleiche Begeisterung schlug der Prinzengarde bei ihrem Gardetanz entgegen. In rot-schwarzer Paradeuniform mit golden Zierelementen wirbelten die jungen Frauen zu „When the rain begins to fall“ über die Bühne, zeigten dabei vielfältige Schrittkombinationen, präsentierten sich mal im Halbkreis, mal in Reihe und mal mit akrobatischen Einlagen wie Überschlag und Rad.
Zum Abschluss zeigte die Prinzengarde nochmals ihr Können beim Showtanz, wobei sie in phantasievollen Kostümen und schwungvoller Choreographie das „Spiel des Lebens“ auf die Bühne zauberten.
Der Augenschmaus war ein Teil des kurzweiligen Abends, denn die närrische Bütt lebt auch von denjenigen, die was zu sagen haben – mal unterhaltsam, mal derb, aber auch kritisch und mahnend, wenn es in Richtung der Obrigkeit geht.
Schlüpfriges zum Schmunzeln
Den Anfang im Reigen der Büttenreden machten Manuel Sauer und Luis Kiesel, die unter dem Motto „Schreibmaschine – was ist das?“ im Computer-Sprech die technische Entwicklung erörterten und dabei so manches Verständigungsproblem zu Tage förderten.
Schlüpfriges zum Schmunzeln gab es von Urgestein Evi Beck und Manuel Sauer, die als Zugreisende genügend Zeit für die flachen Momente der Sitzung hatten. Mit ihren Kalauern zu guten und schlechten Fetten, zum Doktorspielen oder zur Dessous-Tupperware-Show mit Pürierstab trafen sie das Zwerchfell der Gäste.
„Layla“ und die Nasenflöte – das brachte Björn Schönwiesner auf humorvolle Art zusammen und heraus kam eine musikalischer „Bewerbungsauftritt“ für den Reiterswiesner Gesangverein, den er mit jungem Blut und frischen Liedern aufpeppen möchte.
Mit Schellengeläute und „Großer Gott wir loben dich“ enterten die vier „Ritter von der Botenlaube“ mit musikalischem Gefolge die Bühne. Mit Hilfe der mit Spickzetteln dekorierten Innenseite ihrer Schilde konnten die vier gruseligen Gesellen (Bernd Ort, Tobias Dittrich, Benedikt Schmitt, Mario Fischer) über die spärliche Beleuchtung des Weihnachtsbaumes klagen, den maroden Straßenzustand bedauern, das Begleitgrün der Gehsteige monieren und letztlich gegenüber der Stadt einfordern: „Jetzt sind wir Reiterwiesch´ner dran.“
Gast von der Schwarzen Elf
Maximale mediale Aufmerksamkeit forderte Hausmeister Helmuth Backhaus als Leihgabe der Schwarzen Elf in Schweinfurt ein. Doch bevor er sich auf dem Bühnenboden festkleben konnte, kalauerte er sich durch Habecks Wärmepumpen-Offensive, oder durch den Fachkräftemangel, den man in der deutschen Fußballnationalmannschaft ebenso sehe wie in der Ampelregierung, oder lästerte über die kulturelle Aneignung beim Indianerspiel.
Sein Fazit – und das galt auch für den gelungenen Einstieg in die Faschingssession der Fidelia Reiterwiesen als Bildungs- und Kulturverein: „Aktuell verabschieden wir uns von vielem, auch von der Vernunft.“