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Coburger Convent
„Unseriös“? Wissenschaftler weist Vorwürfe von Hartan zurück
Fackelzug und Feierstunde sind zwei umstrittene Programmpunkte während des alljährlichen Pfingstkongresses des Coburger Convents in Coburg.
Fackelzug und Feierstunde sind zwei umstrittene Rituale während des alljährlichen Pfingstkongresses des Coburger Convents in Coburg. // Christoph Winter
Coburg – Der Kultur- und Museumswissenschaftlers Hubertus Habel hatte sich mit den Ritualen des Coburger Convents beschäftigt. Jetzt nimmt er Stellung zur Kritik, die an seiner Studie geübt wurde.

Hoch her ging es in der jüngsten Sitzung des Coburger Stadtrats, als über einen Antrag der Grünen diskutiert wurde. Thema war das Ehrenmal des Coburger Convents (CC), das im Coburger Hofgarten steht.

Die Grünen hatten unter anderem beantragt, dass auf Infotafeln künftig die Entstehungsgeschichte des Denkmals erklärt wird. Dieser Antrag wurde – auch mit den Stimmen der CSU – angenommen.

Umstritten war aber eine weitere Forderung der Grünen: Zwei Plaketten an der Umfassungsmauer des Ehrenmals sollten entfernt werden, weil mit ihnen „zwei rechtsextreme Größen“ geehrt würden. Untermauert wurde diese geschichtliche Einordnung der Herren Dr. Max Lindemann und Dr. h. c. Ferdinand Ernst Nord anhand einer Studie des Coburger Kultur- und Museumswissenschaftlers Hubertus Habel.

Doch allen voran der CSU-Fraktionsvorsitzene Hans-Herbert Hartan kristisierte diese wissenschaftliche Studie - beziehunsgweise: Hartan sprach explizit von einer „sogenannten wissenschaftlichen Studie“. Er nannte sie gar „unseriös". Hartan begründete dies unter anderem damit, dass sich Habel laut den Fußnoten der Studie 116 Mal auf Wikipedia als Quelle berufe und 71 Mal auf die linksextreme Antifa Freiburg.

Habel weist Vorwürfe zurück

Nunmehr hat sich Hubertus Habel selbst zu Wort gemeldet. Er weist die Vorwürfe von Hartan zurück. In seiner Stellungnahme weist er ebenso Äußerungen des CC-Sprechers Martin Vaupel zurück.

Hier die Stellungnahme von Hubertus Habel im kompletten Wortlaut:

„Matthias Mangold hat in seiner heurigen CC-„Feierstunden“-Rede den Imperativ des „rechtstaatlichen Demokraten [formuliert, der] nicht pauschalieren, sondern differenzieren [soll].“

Daher für Alle, die es noch nicht „mitgeschnitten“ haben: Der Titel meiner Studie, „‚Totengedenken‘, ‚Fackelzug‘, ‚Zapfenstreich‘, …: Analyse der Pfingstmontagsrituale des ‚Coburger Convent‘-Kongresses und ihrer Schauplätze“, entspricht dem ergebnisoffenen Rechercheauftrag und entsprechend ergebnisoffen habe ich gearbeitet. Ich war allerdings überrascht über die Rechercheergebnisse, die – präzise belegt – meine Studie ausmachen.

So ist es bemerkenswert, dass Hartan, Vaupel und einige Anonyme einerseits behaupten, meine CC-Ritualstudie wäre „unseriös“, „einseitig“, „wenig wissenschaftlich fundiert“, gar „ein pseudowissenschaftliches Pamphlet“, geprägt von „eigenen ideologischen Ansichten“, andererseits aber keinen Beleg zwecks evidenter Fundierung ihrer Behauptungen vorlegen. Sie schwingen sich auf als Experten von Wissenschaftlichkeit, aber: Welche (geistes-)wissenschaftliche Qualifikation können Sie vorweisen? – Fehlanzeige.

Hartan zeigt lediglich, dass er addieren kann. Aber hat er einen Fehler in den von ihm angeführten Fußnoten gefunden? – Mitnichten.

Vaupel lenkt komplett vom Thema ab. Nicht einzelne CC-Korporationen sind das Thema, sondern der Dachverband CC und dessen öffentliches Auftreten im Rahmen seiner Kongressrituale. – Nebenbei: Er meint doch wohl nicht ernsthaft, dass ein ungeschminktes Bild des Innenlebens einer Korporation mittels einer einwöchigen Hospitation gewonnen werden könnte. Zu diesem Zweck müsste man methodisch deutlich intensiver einsteigen. Auch sein Verweis auf flucht- oder migrationsgeprägte Biografien einer Reihe von CC-Korporationsmitgliedern und damit seine irrige Unterstellung von Ausländerfeindlichkeit mir gegenüber hat mit meinem Thema nichts zu tun. – Tatsächlich sind seine Einlassungen
„Whataboutism“: ein gleichermaßen beliebtes wie unzulässiges, weil thematisch ablenkendes Diskursmanöver mangels evidenter Gegenargumente.

Die Inhalte der bislang abgesonderten Kritik an meiner Studie zeigen zudem, in welchem Ausmaß Mangolds Imperativ vom Pfingstmontagabend 2024 beherzigt wird. Wissenschaft ist rationaler Diskurs. Die These des Einen kann und soll vom Anderen nach Möglichkeit widerlegt – falsifiziert – werden, nur so kann man sich der tatsächlichen Realität der Dinge annähern. Aus diesem Grund begrüße ich das rege Interesse des CC, sich kritisch mit meiner Arbeit auseinanderzusetzen. Konstruktive Kritik ist elementar für den wissenschaftlichen Erkenntnisprozess.

Daher fordere ich den CC und jeden auf, der sich mit der Thematik meiner Studie auseinandersetzen möchte, wissenschaftlich fundierte inhaltliche Kritik unter seinem Namen an meiner Arbeit zu üben. Diese ist öffentlich zugänglich, und, wie es für wissenschaftliche Arbeiten üblich ist: Meine Schlussfolgerungen habe ich mit Begründungen und den dazugehörigen Quellen versehen, die es erlauben nachzuvollziehen, wie ich zu diesen Ergebnissen gekommen bin. Diese Ermunterung fordert evidente – also belastbar wissenschaftlich fundierte – inhaltliche
Kritik an meiner Arbeit. Aus diesem Grund erwarte ich, dass von weiteren unbegründeten Behauptungen abgesehen wird.“

-- Ende der Stellungnahme --

Der Coburger Stadtrat lehnte es in seiner jüngsten Sitzung schließlich mit 21:11 Stimmen ab, die an Dr. Max Lindemann und Dr. h. c. Ferdinand Ernst Nord erinnernden Plaketten zu entfernen.

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