Auch in der Musik werden gerne Klischees gepflegt. Derart rauschende Ballnächte mit Verwechslungen, beschwipsten Protagonisten und erwachenden dunklen Leidenschaften, wie sie in der Ankündigung beschrieben werden, gibt es wohl nur noch in einschlägigen Operetten. Zum Glück, wie es die Hofer Symphoniker bei ihren Neujahrskonzert am Mittwochabend in der Stadthalle eindrucksvoll unter Beweis stellten, denn dieses Konzert machte so richtig Laune.
Musikalisches Feuerwerk
Unter der Leitung des Dirigenten Enrico Delamboye zündeten die Symphoniker zum Auftakt ihrer Neujahrskonzerte in der Region ein musikalisches Feuerwerk mit den allseits bekannten Hits der Klassik, von Kálmáns Csárdásfürstin über Ziehrers „Faschingskinder“-Walzer bis Frederick Loewes „My fair Lady“. Da durfte die Barcarole aus Offenbachs „Hoffmanns Erzählungen“ genauso wenig fehlen, wie die „Maskenball-Quadrille“ von Johann Strauss. Allen Beteiligten auf der Bühne hat es ganz offensichtlich genauso viel Spaß gemacht wie dem Publikum, das endlich wieder in größerer Zahl gekommen war.
Es war ein in jeder Hinsicht ungewöhnliches Neujahrskonzert: Eine Sängerin aus Kalifornien, die andere aus Polen, der Dirigent ein Niederländer und das Orchester aus Nordbayern. Dazu erst das vierte Stück ein Walzer, und der nicht einmal von Johann Strauss. Der Walzerkönig kam erst im zweiten Teil vor, allerdings mit einer Quadrille. All das war aber ganz nach dem Geschmack des Publikums, das am Ende die Musiker erst nach der dritten Zugabe (Offenbachs „Cancan“) von der Bühne lassen wollte.
Selbst Details werden ausgefeilt
Man wundert sich sowieso, warum der Niederländer Dirigent Enrico Delamboye (45) nicht längst in der ersten Reihe der Dirigenten zu finden ist – wie er das Orchester mitreißt, wie er noch so winzige Details gekonnt ausfeilt und wie er sämtliche dynamischen Differenzierungen auf das Sorgsamste ausbalanciert.
Delamboye, der sich für die witzig-satirische Gershwin-Komposition mit dem Titel „Blah, Blah, Blah“ sogar das Arrangement ausgedacht hatte, begeisterte bereits bei dem ungewöhnlichen Konzert „Klassik am Eisteich“ im Juli des vergangenen Jahres im Hofer Eisstadion.
Ein unterschätzter Komponist
Ein Komponist, der zu Unrecht komplett unterschätzt wird, ist Paul Abraham. Aus seinen Operetten „Die Blume von Hawaii“ und „Ball im Savoy“ gaben die beiden Sängerinnen Juliana Zara und Justyna Ołów zwei Revue-Nummern zum Besten. Am Ende folgte der Sprung über den großen Teich hin zu George Gershwin, zuvor Musical-Hits aus „My fair Lady“. Präsentes Schlagwerk und schneidendes Blech versetzen den Hörer mühelos in die swingende Atmosphäre der „Golden Twenties“.
Mit Temperament rauschten die spielfreudigen Musiker durch die Partitur, während sich der Zuhörer entspannt zurücklehnen konnte. Die aus den USA stammende Zara konnte vor allem durch Spitzentöne überzeugen. Mit Präzision, einer elektrisierenden Laszivität und sehr guter Textverständlichkeit kann sie mit einer Leichtigkeit auch in der nuancenreichen Textausdeutung ihre gesangstechnische Überlegenheit bis in die brillanten Koloraturhöhen ausspielen. Ein weiterer Glücksfall war Ołów, die dem Jungen Ensemble der Dresdner Semperoper angehört. Sie verlieh mit ihrem facettenreich-dunklen Timbre etwa in dem Lied aus der Csárdásfürstin Tiefe.
Lesen Sie auch: