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Kriminalität
Nur zwei Jahre Haft für Missbrauch in Schweinfurt
Der Angeklagte (2.v.l.) sitzt bei Prozessbeginn neben seiner Rechtsanwältin Salome Götz (3.v.l.) im Gerichtssaal. Der Mann wurde vom Landgericht Schweinfurt wegen schweren Kindesmissbrauchs verurteilt.
Der Angeklagte (2.v.l.) sitzt bei Prozessbeginn neben seiner Rechtsanwältin Salome Götz (3.v.l.) im Gerichtssaal. Der Mann wurde vom Landgericht Schweinfurt wegen schweren Kindesmissbrauchs verurteilt. // Carolin Gißibl/dpa
Schweinfurt – Die entscheidende Frage im Prozess war das Alter des Mädchens – beziehungsweise von welchem Alter der 50-jährige Täter ausgehen durfte.

Den entscheidenden Punkt der Anklage leugnete der 50-Jährige vor dem Landgericht Schweinfurt bis zuletzt: Nach einer Kontaktanfrage auf einer Autobahntoilette war ihm im Juli 2020 ein Mädchen zum Missbrauch angeboten worden, er war darauf eingegangen. Dass das Mädchen gerade einmal elf Jahre alt war, will der Angeklagte aber nicht gewusst haben. Das Gegenteil war ihm vor Gericht nicht zu beweisen. Deshalb verurteilten ihn die Richter am Freitag zu einer Haftstrafe von zwei Jahren und elf Monaten – für den Missbrauch einer Jugendlichen.

Angeklagt war der 50-Jährige zunächst wegen schweren Missbrauchs eines Kindes. Der Prozess hatte zum Schutz des Opfers ebenso hinter verschlossenen Türen stattgefunden wie eine Woche zuvor das Verfahren gegen den Stiefvater des Mädchens. Der 49-Jährige hatte das Kind seiner Lebensgefährtin selbst mehrfach missbraucht, seit es neun Jahre alt war. Er war wegen schwerer Zwangsprostitution, sexuellen Missbrauchs und Herstellens von kinderpornografischen Schriften zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zehn Jahren verurteilt worden.

Lkw-Fahrern auf Autobahn-Parkplätzen angeboten

Im vorigen Sommer hatte der Mann aus dem Landkreis Bad Kissingen das damals elfjährige Mädchen auch Lkw-Fahrern auf Parkplätzen an der Autobahn gegen Bezahlung zum Missbrauch angeboten. Mindestens ein Fahrer war darauf eingegangen. Ein anderer rief die Polizei und beendete damit das Leid des Mädchens.

Auf der Toilette eines Autobahnparkplatzes bei Schweinfurt hatte der Stiefvater einen Zettel mit der Telefonnummer des Angeklagten gefunden. Er forderte von der Elfjährigen, dort anzurufen. Beide tauschten über das Handy zunächst ein pornografisches Bild – deshalb war der 50-Jährige auch wegen der Verbreitung von Kinderpornografie angeklagt. In mindestens zwei Fällen hatte sich der Mann aus dem Landkreis Schweinfurt dann laut Anklage bei sich zu Hause an der damals Elfjährigen vergangen. Vor Gericht gab der 50-Jährige an, sich nicht bewusst gewesen zu sein, dass das Mädchen unter 14 Jahre alt war.

Elfährige sieht wie 14 bis 16 Jahre aus

Auch Zeugen hatten in dem Verfahren ausgesagt, die Elfjährige habe reifer gewirkt und sie hätten ihr Alter auf 14 bis 16 Jahre geschätzt. Der Stiefvater hatte das Mädchen zum Angeklagten nach Hause gebracht: „Als er die beiden im Auto sah, hätte er schon die Polizei rufen müssen“, sagte die vorsitzende Richterin Angelika Drescher in der Urteilsbegründung am Freitag. Stattdessen habe er das Kind zwei Nächte hintereinander missbraucht, wobei der Stiefvater im Raum war, zuschaute und Tonaufnahmen machte. Das Kind sei in dieser Situation „besonders schutzlos“ gewesen, sagte die vorsitzende Richterin.

Den Missbrauch hatte der Angeklagte zu Prozessbeginn gestanden. Seine Verteidigerin beharrte jedoch darauf, ihm sei das wahre Alter des Kindes nicht bewusst gewesen. Dies war ihm laut Jugendschutzkammer „nicht widerlegbar“.

Tonbandmitschnitt als Beleg

Auch die Aufzeichnungen, die der Begleiter und angebliche „Onkel“ des Kindes von dem Treffen gemacht hatte, ließen dem Gericht zufolge darauf schließen: Der 50-Jährige glaubte bis zuletzt, das Mädchen sei 14 Jahre alt.

Deshalb konnte er jetzt nicht wegen schweren Missbrauchs eines Kindes verurteilt werden, auf den zwei bis 15 Jahre Haft stehen. Es blieb das Delikt des Missbrauchs einer Jugendlichen unter 16 Jahren. Dies wird mit Geldstrafe oder Haft bis zu drei Jahren geahndet.

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