0
Gesprächsmitschnitte
Bundesverfassungsgericht rügt Richter nach Beschlagnahme
Bundesverfassungsgericht
Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe. // Uli Deck/dpa/Symbolbild
von dpa
Karlsruhe/Erlangen – Das Bundesverfassungsgericht hat erhebliche Zweifel, dass die Beschlagnahmung von Mitschnitten von Gesprächen eines Erlanger Professors mit einem IS-Verdächtigen verfassungsgemäß war. Die Verfassungsbeschwerde des Wissenschaftlers nahm das oberste deutsche Gericht allerdings wegen einer nicht gewahrten Frist dennoch nicht an, wie es am Freitag in Karlsruhe mitteilte.

Der Erlanger Professor hatte für ein Forschungsprojekt zum Thema «Islamische Radikalisierung im Gefängnis» einen Häftling interviewt, den Ermittler für einen Islamisten hielten. Die Generalstaatsanwaltschaft München ließ den Mitschnitt beschlagnahmen. Ihren Angaben nach war der Eingriff in die Forschungsfreiheit gerechtfertigt, weil es um die Aufklärung eines schwerwiegenden Verbrechens gegangen sei. Die Ermittlungen gegen den Gefangenen hat sie inzwischen eingestellt, weil sich der Verdacht nicht erhärtet hatte.

Das Oberlandesgericht München bestätigte die Sichtweise der Generalstaatsanwaltschaft. Das Bundesverfassungsgericht bezweifelt jedoch, dass das Vorgehen verfassungskonform war. «In der Sache bestehen jedoch erhebliche Bedenken hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit der angegriffenen Entscheidungen», heißt es in der Mitteilung. Das Oberlandesgericht München als Beschwerdegericht habe «Gewicht und Reichweite der Forschungsfreiheit nicht angemessen berücksichtigt», bemängelten die Karlsruher Richter.

Das Münchner Gericht habe zudem nicht ausreichend berücksichtigt, dass gerade die Forschungsarbeit bedeutende Erkenntnisse auch für die künftige Strafverfolgung liefern könne. «Eine effektive Verhinderung von Straftaten setzt deshalb genau jene Forschung voraus, die durch den Zugriff auf ihre Daten zum Zwecke der konkreten Strafverfolgung erheblich erschwert oder verunmöglicht wird», heißt es in der Mitteilung weiter.

Inhalt teilen
  • kopiert!