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Ab ins All
Zehn auf einen Streich: Was kleine Satelliten im All suchen
Mini-Satelliten am Zentrum für Telematik
Schon vor 20 Jahren schickte Klaus Schilling kleine Satelliten ins All. // Karl-Josef Hildenbrand/dpa
Mini-Satelliten am Zentrum für Telematik
Die Arbeit an den kleinen Satelliten ist äußerst kompliziert. // Karl-Josef Hildenbrand/dpa
Mini-Satelliten am Zentrum für Telematik
Die Mitarbeiter des Zentrums für Telematik arbeiten in Schutzanzügen. // Karl-Josef Hildenbrand/dpa
Mini-Satelliten am Zentrum für Telematik
Kleine Satelliten sind in Entwicklung und Platzierung in der Umlaufbahn deutlich günstiger als ihre großen Geschwister. // Karl-Josef Hildenbrand/dpa
von dpa
Würzburg – Wettervorhersage, Navigation: Satelliten sind Grundbausteine der vernetzten Welt. In Würzburg werden besonders kleine Exemplare gebaut - und so viele wie noch nie sollen bald zusammen ins All.
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Die einen untersuchen geologische Formationen in entlegenen Gebieten wie der Wüste Sahara oder dem Nordpol, andere kleine Satelliten können bei der Warnung vor Vulkanausbrüchen und Erdbeben helfen: Im kommenden Jahr - wahrscheinlich im Juni - will das Zentrum für Telematik (ZfT) in Würzburg zehn Kleinsatelliten für Tele­kommunikations- und Erdbeobachtungsaufgaben von den USA aus ins All bringen lassen. ZfT-Vorstand Klaus Schilling erklärt, was insbesondere die bayerischen Waldbesitzer davon haben:

Welchen Vorteil bieten kleine Satelliten?

Kleine Satelliten sind in der Entwicklung und bei der Platzierung in der Umlaufbahn deutlich günstiger als ihre großen Geschwister. «Von den zehn, die wir hochschießen, ist der Kleinste so groß wie ein Schuhkarton, der Größte wie eine Mikrowelle», erzählt Schilling. Wenn alles klappt, werden dann seinen Angaben nach zum ersten Mal so viele Satelliten einer deutschen Institution wie noch nie gleichzeitig ins All gestartet sein.

Traditionelle Satelliten sind dem Wissenschaftler zufolge mindestens 200 Kilogramm schwer, meist schwerer. Je kleiner und leichter sie sind, desto günstiger werde der Raketenstart. Zudem seien mit den kleinen Formaten ganz andere Innovationsgeschwindigkeiten möglich. «Man kann mehr Risiko eingehen. Das kann man mit einem Großen nicht», sagt Schilling. «Das muss hundertprozentig funktionieren», sonst sei viel Geld verloren. 

Preislich bewegten sich kleine Satelliten je nach Komplexität im einstelligen Millionenbereich oder darunter, große kosteten typischerweise hunderte Million Euro. Bei zehn Satelliten verteilten sich die Entwicklungskosten zudem.

Welche Aufgaben haben die kleinen Satelliten aus Würzburg?

«Das reicht von wichtigen Technologien zur Quantenschlüsselverteilung für spätere abhörsichere Kommunikation bis hin zur Erdbeobachtung, insbesondere der Waldschadensdetektion im bayerischen Forst», erklärt Schilling. 

Mit dem im Satelliten erzeugten Quantenschlüssel wird die Verschlüsselung von Informationen im Kommunikationsnetz am Boden möglich. Hier sorgt die Quantenphysik dafür, dass niemand lauschen kann. 

Bisher wird laut Schilling mit Software verschlüsselt. «Softwareprogramme kann man aber hacken und dann auch die geheimen Informationen knacken.»

Mit der Quantenkryptographie ist es möglich, abhörsicher Schlüssel vom Satelliten an Sender und Empfänger zu senden. Ein Lauscher kann seine Anwesenheit daher nicht verschleiern und würde sich sofort verraten. Die verschlüsselte Nachricht wird dann auf klassischem Weg über normale irdische Verbindungen ausgetauscht.

Was haben die bayerischen Waldbesitzer von den Würzburger Innovationen?

Fünf der Kleinsatelliten sollen auch zur Waldschadenserfassung genutzt werden. «Man möchte Trockenheit im Wald möglichst frühzeitig feststellen, damit man reagieren kann, bevor der ganze Wald geschädigt ist», erklärt Schilling. Die Satelliten sollen künftig alle drei Tage großflächig ganz Bayern erfassen und Daten liefern, wie es dem Wald aktuell geht. Multispektralkameras an Bord sollen sehr scharfe Bilder derselben Orte aus etwa 400 Kilometern Höhe senden, die dann regelmäßig miteinander verglichen werden. 

Die Daten werden dem Landesamt für Digitalisierung, Breitband und Vermessung in München sowie den Bayerischen Staatsforsten, der Landwirtschaft und dem Katastrophenschutz zur Verfügung gestellt.

Wieso ist Würzburg bei den kleinen Satelliten Vorreiter? 

Schilling gilt als Pionier bei der Kleinsatelliten-Forschung, nachdem er lange in der Raumfahrtindustrie und anschließend an der Universität Würzburg tätig war. Der erste deutsche Pico-Satellit kam 2005 von Schillings Uni-Team und hieß «Uwe-1». Seine Mission: Internet aus dem All zu ermöglichen. Seither wurden zahlreiche kleine Satelliten aus Würzburg - von der Universität, Forschungsinstituten, Industrie und Start-ups - in den Orbit gebracht.

Das Zentrum für Telematik ist eine außeruniversitäre Einrichtung. Es finanziert sich durch Aufträge der EU, der Europäischen Weltraumorganisation, des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt, der Industrie und von Anwendern von Satellitentechnik.

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