Versorgung
Nordstream 2: Ende des Pipeline-Streits in Sicht
Rohre für die Gaspipeline Nord Stream 2 werden in Mecklenburg-Vorpommern verladen.
Rohre für die Gaspipeline Nord Stream 2 werden in Mecklenburg-Vorpommern verladen.
Stefan Sauer, dpa
F-Signet von Karl Doemens Fränkischer Tag
Washington – US-Präsident Biden gibt Widerstand gegen die Fertigstellung von Nord Stream 2 auf. Ein Kompromiss mit Deutschland sieht Hilfen für die Ukraine vor.

Der jahrelange Streit zwischen den USA und Deutschland über die Ostseepipeline Nord Stream 2 steht offenbar vor der Beilegung. Nach amerikanischen Medienberichten will die Biden-Regierung dauerhaft auf Sanktionen gegen das Projekt verzichten, während sich die Bundesregierung im Gegenzug unter anderem zur Unterstützung von Sanktionen gegen Russland verpflichtet, falls Moskau die Röhre als politische Waffe einsetzen sollte. „Die Deutschen haben nützliche Vorschläge eingereicht und es ist uns gelungen, Fortschritte zu machen“, sagte der amerikanische Außenamtssprecher Ned Price. Details nannte er zunächst nicht.

Die inzwischen fast fertiggestellte, 2460 Kilometer lange Pipeline vom russischen Wyborg nach Greifswald belastet schon seit den Obama-Jahren die deutsch-amerikanischen Beziehungen. Republikaner und Demokraten in den USA sehen in der Leitung, die jährlich 55 Milliarden Kubikmeter Gas an der Ukraine und Polen vorbei in die Europäische Union leiten soll, eine Bedrohung der europäischen Energiesicherheit und eine fragwürdige Einnahmequelle des russischen Präsidenten Wladimir Putin. Außerdem hat Washington ein Eigeninteresse am Export von amerikanischem Flüssiggas nach Deutschland.

Sanktionen gegen Betreieeber ausgesetzt

Präsident Joe Biden hält Nord Stream 2 nach eigenen Worten für eine „schlechte Idee“, hatte neue Sanktionen des Kongresses gegen die russische Betreibergesellschaft und ihren deutschen Chef Matthias Warnig im Mai jedoch vorläufig ausgesetzt, um die Beziehungen zu Berlin als wichtigem Verbündeten nicht zu belasten. Seither suchen Berlin und Washington fieberhaft nach einem Kompromiss, bevor im September erneut Strafmaßnahmen des US-Parlaments drohen.

Gleichzeitig bemühen sich die USA, die schärfsten Pipeline-Kritiker Polen und Ukraine zu beruhigen: Ein Vertreter des State Departments ist deswegen in beide Länder gereist.

Voraussichtlich Ende des Monats will Biden den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyi, der vorige Woche auch in Berlin zu Gast war, im Weißen Haus empfangen. Nach Informationen der Nachrichtenagentur Bloomberg und des „Wall Street Journal“ besteht die deutsch-amerikanische Einigung vor allem aus folgenden Punkten:

Beide Länder wollen über einen „Grünen Fonds“ die Transformation der Ukraine von einem fossilen Energieland hin zu erneuerbaren Energien unterstützen. Angeblich soll Berlin einen dreistelligen Millionenbetrag zur Verfügung stellen. Insgesamt sollen so Investitionen von einer Milliarde Dollar gefördert werden.

Es soll sichergestellt werden, dass die Ukraine auch in Zukunft jährlich rund drei Milliarden Dollar Transitgebühren erhält, die Russland bislang zahlt. Der zugrundeliegende Vertrag läuft jedoch 2024 aus.

Konsequenzen unklar

Es ist unklar, wie die angestrebte Fortsetzung der Zahlung um weitere zehn Jahre erreicht werden soll. Politisch brisant ist vor allem die Frage, was passiert, wenn Moskau die Pipeline als politische Waffe nutzt und beispielsweise der Ukraine den Gashahn zudreht.

Berlin hatte einen automatischen „Notschalter“ zur Stilllegung der Röhre abgelehnt. Nun sagt die Bundesregierung für diesen Fall offenbar unbestimmte Strafmaßnahmen gegen Russland zu.

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