Waffenhilfe
Selenskyj fordert Flugzeuge von den USA
Mitglieder des US-Kongresses applaudieren dem ukrainischen Präsidenten Selenskyj, bevor er per Videoübertragung vor beiden Kammern spricht.
Mitglieder des US-Kongresses applaudieren dem ukrainischen Präsidenten Selenskyj, bevor er per Videoübertragung vor beiden Kammern spricht.
Uncredited/Pool The New York Times/AP/dpa
Karl Doemens von Karl Doemens Fränkischer Tag
Washington – Der ukrainische Präsident appelliert an den US-Kongress: Sein Land brauche Flugzeuge.

Am Ende, als sich der Mann in dem olivgrünen T-Shirt mit einem kurzen Winken verabschiedet hat und auf der Leinwand nur noch ein brauner Stuhl neben der blau-gelben ukrainischen Fahne zu sehen ist, hat nicht nur Nancy Pelosi Tränen in den Augen.

Sichtlich bewegt stehen die Abgeordneten und Senatoren im Washingtoner Kongress und spenden Beifall. Der per Video aus Kiew zugeschaltete Gast hat eine kraftvolle, fordernde und wohl historische Rede gehalten – und er hat die Amerikaner zielgenau bei ihren Werten und Erfahrungen abgeholt.

„Erinnern Sie sich an den 11. September 2001, als unschuldige Menschen aus der Luft angegriffen wurden“, hat der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj gesagt: „Das erfährt unser Land jeden Tag seit drei Wochen.“

Er hat an den Mount Rushmore mit den überlebensgroßen Porträts der amerikanischen Gründerväter erinnert, die für Demokratie, Freiheit und Unabhängigkeit standen: „Wir in der Ukraine wollen dasselbe.“

Und er hat Martin Luther Kings berühmte Rede „I have a dream“ abgewandelt: „Ich habe einen Traum. Ich habe eine Notwendigkeit. Ich muss unseren Luftraum schützen.“

Nato will keinesfalls in Kampfhandlungen eingreifen

Selenskyj dürfte klar sein, dass seine dringendste Bitte – die Einrichtung einer Flugverbotszone – vom Westen nicht erfüllt wird. Weil zu deren Durchsetzung auch Luftabwehrstellungen in Russland von Nato-Flugzeugen beschossen werden müssten, würde dies die westliche Allianz unmittelbar in die Kampfhandlungen hineinziehen, argumentiert US-Präsident Joe Biden seit Tagen und warnt vor einem Dritten Weltkrieg. Wohl deshalb listet der ukrainische Präsident auch alternative Forderungen auf.

Vor allem richtet er in den 16 Minuten einen moralischen Appell an den Westen, der zusammen mit einem schwer auszuhaltenden Video aus dem Kriegsgebiet eindrücklicher kaum sein könnte.

Doch auch die Zwischentöne sind interessant.

Selenskyj will Flugabwehr in ukrainische Hand nehmen

So erwähnt Selenskyj eine mögliche Nato-Mitgliedschaft seines Landes mit keinem Wort. Als Alternative zur Flugverbotszone bittet er um Flugzeuge und Langstrecken-Flugabwehrraketen vom Typ S-300, wie sie der Nato-Staat Slowakei besitzt.

Energisch dringt er zudem auf noch härtere Sanktionen: Alle US-Firmen müssten den russischen Markt verlassen. Solche Forderungen treffen im Kongress auf offene Ohren.

Wenn es nach den Senatoren gegangen wäre, hätte Deutschland die Nord-Stream-2-Pipeline schon vor einem Jahr beerdigen müssen. 42 Republikaner haben nun einen Brief an Biden geschrieben, in dem sie die Bereitstellung der polnischen MiG-Kampfjets an die Ukraine fordern, die das Pentagon aus Sorge vor einer Eskalation des Konflikts ablehnt.

Biden schickt weiter 800 Millionen Soforthilfe

Bei einem Pressetermin ein paar Stunden später unterzeichnet Biden im Weißen Haus die Bewilligung für weitere 800 Millionen Dollar Militärhilfe. Seit seinem Amtsantritt haben die USA bereits Waffen für 1,2 Milliarden Dollar in die Ukraine geschickt. Dabei handelt es sich vor allem um Boden-Luft- und Boden-Boden-Raketen, fünf Hubschrauber, drei Patrouillenboote und 40 Millionen Schuss Munition.

Nun werden laut Biden auch hochmoderne Drohnen und Langstreckenraketen geliefert. Dabei könnte es sich um die von Selenskyj geforderten S 300 handeln.

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