Sie haben einen Nachnamen. Garantiert. Das ist so sicher wie das Amen in der Kirche. Aber haben Sie schon einmal darüber nachgedacht, weshalb sie gerade so heißen, wie Sie heißen, und nicht anders?
Unsere Familiennamen entstanden einst aus den Vornamen der Väter. Aus Berufen. Aus objektiven und subjektiven Eigenschaften. Inklusive zahlreicher Spottnamen. Denn die Leute damals hatten reichlich Humor. Oder waren zugegebenermaßen recht gehässig.
Nachnamen regional unterschiedlich entwickelt
Außerdem entstanden die Namen aus dem Ort und der Umgebung, an dem das Haus des Bezeichneten stand. Oder wie es aussah. Und auch aus der Herkunft des Namensträgers.
Man möge meinen, dass dies mit einigen tausend Nachnamen abgetan sei. Aber weit gefehlt. Jede Sprache hatte ihre Feinheiten und jede Mundart spezielle Eigenheiten. Noch heute leben wir ja quasi in einem Vielvölkerstaat mit unterschiedlichen Bräuchen, Vorgeschichten und unabhängig voneinander entstandenen Dialekten.
Serie: So heißt Franken
Daher gibt es in Deutschland rund 900.000 Nachnamen bei 82 Millionen Einwohnern – eine kaum zu erwartende Vielfalt. In der Serie „So heißt Franken“ möchte ich Ihnen ab sofort einiges zu unseren Namen erzählen. Speziell zu denen, die in Franken auffällig sind.
Als Quelle für alle Fakten dieser Serie sind der Deutsche Familiennamenatlas, das Digital Familiennamenwörterbuch, www.deutsche-nachnamen.de, www.geogen.stoepel.net (Telefonbucheinträge und Verteilungskarten) sowie viele weitere Bücher und Internetforen zur Namenskunde zu nennen, die allesamt verdichtet wurden. Trotz dessen habe ich natürlich nicht den Anspruch auf die einzig wahre Deutung.
Als Erstes wagen wir gemeinsam einen Blick zurück in längst vergangene Zeiten: Die Stadtschreiber und Gelehrten fingen vor rund 1.000 Jahren damit an, Listen zu führen. Mit Grundbüchern und Steuerregistern ging es los. Gerichtsurteile, Geburten, Hochzeiten, Sterbefälle folgten.
Anfangs nur der Vorname, dann kam der Name des Vaters
So verstrichen oftmals ein oder gar zwei Jahrhunderte, bis ein Mensch mitbekam, wie seine Familie überhaupt bezeichnet wurde. Den Namensgeber, der sein eigener Vorfahre war, kannte er meist gar nicht mehr. Wenn einer neu in das Dorf zog, brachte er seinen Namen mit – oder bekam einen verpasst. Nach den bereits genannten Kriterien.
Aber wie stellt man sich das nun genau vor? Zu Beginn hatte jeder nur einen Vornamen. Mit der Zeit waren Selbige immer schwerer zuzuordnen. Da kam nun der Sohn des Friedrich, ein Thomas, auf die Welt. Den Namen Thomas gab es jedoch bereits im Dorf.
So wurde unterschieden: Thomas Friedrichs Sohn und Thomas Conrads Sohn. Und im Handumdrehen waren indirekt die allerersten Nachnamen entstanden. Großes Aufatmen allenthalben. Da es zu jener Zeit nur wenige Vornamen gab, war das Problem zwar nicht aus der Welt geschafft, aber zumindest für zwei, drei Generationen vertagt.
Stufe 2: Berufe werden zu Nachnamen
Wenn es dann mehrere Thomas Friedrichs gab, wurde Stufe zwei gezündet: Der eine war der Sohn des Schmieds, der andere der Zögling eines Bauern. Also blieb der eine Thomas Friedrich, der andere wurde zu Thomas Schmied, da es mehr Bauern im Dorf gab.
Beim nächsten Bauernspross mit dem Vornamen Thomas wurde der Bub dann Bauer genannt, da dieser Nachname noch frei war. Und der nächste hieß dann vielleicht Kalb – weil auf dessen Hof gerade ein junges Rind zur Welt gekommen war.
Alle anderen Varianten entstanden nach dem gleichen Prinzip. Die Größe der Ortschaften nahm immer weiter zu und wurde so kompensiert – ein entsprechendes System resultierte daraus, aus dem die Namen mit der Zeit entstanden.
Häufig in Franken: Opel - daher kommt's
Wagen wir doch mal einen ersten Blick in die überhaupt nicht trockene oder langweilige Materie: Ein sehr häufiger Nachname in Franken ist Opel. Natürlich denkt hier jeder zuerst an den Autobauer, der einst in Rüsselsheim aus einer Nähmaschinenfabrik hervorging.
Im Kreis Groß-Gerau, in dem die Geschichte dieses Unternehmens begann, taucht der Name gar nicht auf. Bei uns hingegen verdichtet es sich: Opel ist besonders häufig in Kulmbach und Bayreuth, Hof und Wunsiedel.
Oppel mit Doppel-p heißt man von Kitzingen über Schweinfurt, Bamberg und Lichtenfels bis nach Coburg – und Oppelt in den Haßbergen, Bamberg und rund um Forchheim. Da muss doch irgendwo ein Nest sein...
Von Albrecht zu Apel, von Apel zu Opel
Ursprung ist der einst geläufige Vorname Albrecht, der aus adal für Geschlecht und beraht für hell, glänzend entstand. Aus Albrecht wurde Apel, quasi als Spitzname, der sich im Dreiländereck Hessen-Niedersachsen-Thüringen extrem häuft.
Im Fränkischen wurde das A nicht hell, sondern eher dumpf ausgesprochen. Wie gehört, so aufgeschrieben. So erklären sich auch die weiteren Varianten.
Ebenfalls vom Albrecht: Abb, Albert und Precht(e)l
Der Albrecht hat noch jede Menge zu bieten. Da ist einmal der Abb, der aus der ersten Silbe entstand. Typisch fränkisch alleine schon, weil das weiche „b“ die Zeit überdauert hat. Der Schwerpunkt dieses Namens ist im Landkreis Miltenberg zu finden. Überall anders ist er nur spärlich vertreten.
Der Prechtel gesellt sich perfekt dazu. Er geht auf die zweite Silbe des besagten männlichen Vornamen zurück und ist noch heute von Mittelfranken nach Oberfranken, in einem breiten Streifen von Bad Windsheim bis Kulmbach, namensprägend. Der Prechtl setzt wiederum in Bayreuth an und findet die größte Verbreitung in der nördlichen Oberpfalz.
So richtig kann jedoch der Albert auftrumpfen. Er rührt ebenfalls vom Namen Adalbert her und verzichtet nur auf zwei Buchstaben, ist also dem Original von allen hier behandelten Namen noch am nächsten. Seine Verteilung in Unterfranken ist enorm.
Wo er deutschlandweit auf Platz 332 liegt, behauptet er sich in den Landkreisen Bad Kissingen und Main-Spessart auf Rang 15. Und damit rund um den Kurort sogar vor Namen wie Bauer, Wolf und Weber.
Die Heiligsprechung des Bischofs Adalbert von Prag im Jahr 999 vom damaligen Papst gilt als Ursprung einer Verehrung, die scheinbar insbesondere zwischen Rhön und Steigerwald besonders huldvolle Züge annahm.
Fortsetzung folgt: Im nächsten Serienteil werden wir uns mit der ungeheueren Namensvielfalt befassen, die uns der Beruf des Bauern beschert.
„Steilvorlage für schlechte Witze“
Michaela Oppel aus dem kleinen Dorf Buch bei Ebrach hat mit ihrem Nachname während der Schulzeit ein paar Erfahrungen gemacht, auf die sie gern verzichtet hätte. Sie erzählt:
„Damals lief Manta, der Film gerade in den Kinos. Der war natürlich eine Steilvorlage für blöde Witze. Zwei Mitschüler sind dabei zu weit gegangen. Sie haben einen Fuchsschwanz ans schwarze Brett der Schule gehängt, mitsamt einem Zettel, auf dem nicht zitierfähige Unverschämtheiten standen. Eine meiner Freundinnen entdeckte den Zettel. Schließlich erfuhr auch der Rektor davon. Die beiden Schüler waren keine unbeschriebenen Blätter. Nun flogen sie endgültig von der Schule.
Mittlerweile habe ich natürlich Frieden mit meinem Namen geschlossen. Klar nervt es manchmal, dass man ihn immer buchstabieren muss – gerade in Franken mit unseren harten und weichen Buchstaben.
Aber dank Herrn Ultsch habe ich jetzt erfahren, woher der Name überhaupt kommt. Das wusste ich bisher nicht. Der Ursprung – hell glänzendes Geschlecht – ist doch echt nicht schlecht!“