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Das göttliche Trio
Warum drei Frauen in Forchheim zu Göttinnen werden
Forchheim & Fränkische Schweiz
Benjamin Bochmann, daneben Hedwig Neubert und Beate Postler. // Liliana Wopkes
Signet des Fränkischen Tags von Liliana Wopkes
Forchheim – Im Jungen Theater Forchheim wird seit Wochen für „Der fränkische Jedermann“ geprobt. Wie genau sieht das aus? Wir waren bei Proben dabei und haben mit Schauspielern gesprochen.

In Forchheims Kasernstraße treffen sich in der Übergangszeit zwischen spätem Nachmittag und frühem Abend regelmäßig drei angehende Göttinnen mit ihrem Lehrmeister. Denn zumindest im Theater muss auch das gelernt werden, Göttin zu sein. Der Meister ist in diesem Fall der Regisseur Martin Borowski. Er ist gerade dabei, seine Idee im Detail umzusetzen: „Der fränkische Jedermann“ hauptsächlich mit Laiendarstellern aus dem gesamten Landkreis im Sommer auf die Kaiserpfalzbühne zu bringen.

Die Arbeit eines Regisseurs beginnt bei einer neuen Inszenierung am Schreibtisch. Dort stellt er sich unter anderem die Frage, wie er das ausgesuchte Stück für seine Bedürfnisse anpassen kann: Was muss so bleiben, was verändert werden? Welche Aussagen sind ihm wichtig? Was möchte er besonders gestalten?

Gott ist weiblich und wird von drei Frauen gespielt

Anders als im Original ist bei dieser Inszenierung unter anderem die Gott-Rolle. Ursprünglich als traditioneller, männlicher Gott angelegt, soll Borowskis Gott weiblich und die Rolle auf drei Schauspielerinnen aufgeteilt werden. „Dadurch ergeben sich tolle Interaktionen zwischen den drei Personen und tolle Dialoge“, freut sich Borowski; „die Szenen bekommen einen ganz anderen Charakter.“ Das Ergebnis ist in der Tat sehenswert.   

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Fünf Vorstellungen gibt es vom "Fränkischen Jedermann" in der Kaiserpfalz. // Liliana Wopkes

Der Regisseur geht bei der Neugestaltung dieser Rollen aber noch weiter. Die drei Göttinnen vertreten verschiedene Generationen. Die Jüngste ist Sophia Hubrich, sie ist neun. Der Regisseur erlebt sie im letzten Sommer während eines Workshops im Jungen Theater auf der Bühne und ist äußerst angetan: „Sophia hatte so eine Power! Eine kleine, zierliche Person, aber so mutig auf der Bühne.“ Also fragt er sie, ob sie eine Göttin im „Jedermoo“ spielen möchte.

Von der Schulbühne zur Kaiserpfalz-Bühne 

Musste sie lange darüber nachdenken, ob sie es möchte? „Ich hab ein bisschen nachgedacht“, erinnert sich Sophia, „aber dann konnte ich mich schnell entscheiden.“ Was hat ihr zu denken gegeben? „Ich hab überlegt, vor so vielen Leuten zu spielen.“ Nun hat Sophia durchaus Theater-Erfahrung vor Publikum. Als Schülerin der Forchheimer Martinschule stand sie schon im Rahmen der Musical-AG auf der Schulbühne. Und dort kommt auch ganz schön viel Publikum zusammen. War auch das etwas beängstigend? Sie überlegt keine Sekunde: „Aber da kennt man viele Leute.“ Also nein.

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Auch die neunjährige Sophia hat eine der Hauptrollen ergattert. // Liliana Wopkes

Sophia ist während des Gesprächs im Jungen Theater ernst und konzentriert. Schüchtern wirkt sie nicht, eher wie eine reflektierte Beobachterin, die ihre Antworten sorgsam überlegt. Und wie eine, die in herausfordernden Situationen kleine Tricks anwendet, um ihre Nervosität zu kontrollieren. So auch für ihr Spiel vor großem Publikum: „Ich gucke dann meistens auf eine bestimmte Stelle, irgendwohin – außer, ich muss woanders hingucken.“

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Sie hat bereits Bühnenerfahrung. // Liliana Wopkes

„Den muss ich haben!"

Eine genaue Vorstellung hat Martin Borowski auch von dem Teufel im „Jedermann“. Den findet er bei der Aufführung von „Tod im Kellerwald“ im letzten Sommer, als er Rüdiger Freund auf der Bühne sieht: „Da hab ich sofort gedacht: Das ist mein Teufel, den muss ich unbedingt haben! Er weiß, was er auf der Bühne machen muss; er war sehr exakt in seinen Bewegungen, in der Gestik und Mimik.“

Rüdiger Freund hat zum Teil von Profis gelernt. „Ich habe etwa 20 Jahre bei einer Musicalgruppe in Nürnberg mitgemacht“, erzählt er. Und dort wird Freund immer wieder von professionellen Schauspielern gecoacht.

Proben im Sitzen: Arbeiten an Betonungen 

Die Proben finden noch in Kleingruppen statt. Erst nachdem alle Szenen angelegt sind, werden sie zusammengefügt. In diesem Stadium konzentriert sich jede Gruppe zunächst auf den Dialog und probt deswegen zuerst im Sitzen. Auf diese Weise kann an Betonungen oder Reaktionen gearbeitet werden, ohne sich gleichzeitig Gedanken um die Bewegungen machen zu müssen. Denn deren Bedeutung ist ebenfalls groß, weswegen auch sie gesonderte Aufmerksamkeit erfordern. Die Bewegungen auf der Bühne müssen nicht nur plausibel sein. Mit ihrer Hilfe kann Gesagtes und Ungesagtes unterstrichen und verstärkt, im schlimmsten Fall zunichte gemacht werden.

Ein Montagabend, Probe für Beate Postler, Benjamin Bochmann und Hedwig Neubert; also Mutter und Sohn Jedermann mit einer Bekannten der Mutter. Schauspielern und Regisseur bei der Arbeit an dieser Szene zuzusehen, ist ein Vergnügen. Bochmann vereint die Präsenz und Souveränität des professionellen Schauspielers. Und Beate Postler hält nicht nur mit, sie ist äußerst überzeugend, streckenweise großartig. Hedwig Neubert hat zwar eine Nebenrolle, und doch wird sie im Verlauf der Probe zur entscheidenden dritten Kraft, die es der Szene leicht macht, eine starke Dynamik zu entwickeln.

Solche gemeinsamen Höhenflüge ermöglicht Martin Borowski. Denn auch das gehört zu den Aufgaben eines guten Regisseurs: Unaufdringlich souverän, durch gemeinsame Arbeit mit den Schauspielern zu leiten und auf diese Weise eine Atmosphäre zu schaffen, die fast alles möglich macht.  

Die Vorstellungen sind am 12., 13., 19., 20. Juli(jeweils 20 Uhr) und 21. Juli (17 Uhr) in der Kaiserpfalz. Tickets gibt es auf www.jtf.de 

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