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U-18-Wahl
AfD bei Jugendlichen zweitstärkste Kraft in Forchheim
Wer am Sonntag wählen will, muss mindestens 18 Jahr alt sein. Die Jugendlichen haben indes schon abgestimmt.Forchheim & Fränkische Schweiz
Wer am Sonntag wählen will, muss mindestens 18 Jahr alt sein. Die Jugendlichen haben indes schon abgestimmt. // Sven Hoppe/dpa
LKR Forchheim – Seit vielen Jahren organisiert der Bayerische Jugendring die U-18-Wahl. Heuer kommt in Forchheim, wie in ganz Oberfranken, die AfD bei der simulierten Wahl auf den zweiten Platz.

So viele Jugendliche wie in diesem Jahr haben sich noch nie an einer U-18-Wahl beteiligt. Der Bayerische Jugendring, der die Abstimmung unter den Noch-Nicht-Wahlberechtigten organisiert, ist erfreut. „Junge Menschen wollen gehört werden, und sie wollen wählen. Schließlich sind junge Menschen am längsten und damit am nachhaltigsten von den Auswirkungen aktuell getroffener politischer Entscheidungen betroffen“, kommentiert BJR-Präsident Philipp Seitz die gute Wahlbeteiligung.

Die Aktion ist auch eine Werbeveranstaltung für die Senkung des Wahlalters auf 16 Jahre. Die im BJR zusammengeschlossenen Jugendverbände setzen sich dafür schon seit Jahren ein. In vielen anderen Bundesländern dürfen Jugendliche ab 16 Jahren beim Kommunal- und Landtagswahlen mitentscheiden. Nicht so in Bayern.

Die Ergebnisse sind nicht repräsentativ, doch gerade im Vergleich mit früheren Aktionen recht aufschlussreich. Gerade unter Kindern und Jugendlichen sind die Grünen bei vergangenen Abstimmungen – ob zur Bundes- oder Landtagswahl – immer ziemlich stark gewesen.

Das verwundert auch nicht weiter: junge Menschen haben oft hohe Ideale und Tiere und Natur liegen ihnen einfach am Herzen. Keine Wunder, dass die Grünen die Forderung der Jugendverbände seit jeher unterstützen und für ein Wahlrecht ab 16 Jahren sind – ob in der Gemeinde, im Land oder im Bund.

Doch die Vorherrschaft der Ökopartei unter den jungen Leuten bröckelt. Bayernweit haben die Grünen bei der U-18-Wahl zehn Prozent verloren. Je weiter man von München wegschaut, desto schlechter werden die Ergebnisse für die Grünen und desto besser schneidet die AfD ab. In Forchheim kommt die in Teilen rechtsextreme Partei auf fast 20 Prozent bei den Unter-18-Jährigen. In Hof überschreitet sie sogar die 20-Prozent-Marke. In Oberfranken ist sie zweitstärkste Partei – hinter der CSU, die in Forchheim auf gut 28 Prozent kommt.

Badum (Grüne): Damit können wir nicht zufrieden sein

Im Stimmkreis Forchheim landen die Grünen sogar noch hinter der SPD mit etwas mehr als 13 Prozent auf Platz vier. „Die U18-Wahlergebnisse können uns aus grüner Sicht nicht zufriedenstellen“, sagt auch die Forchheimer Bundestagsabgeordnete Lisa Badum (Grüne). „Die Ergebnisse stehen auch im Widerspruch zu denen der letzten Bundestagswahl, bei denen die Grünen bei den unter 18-Jährigen bundesweit am besten abschnitten.“ Über die Ursachen könne man freilich nur spekulieren.

Den CSU-Bundestagsbagordneten Thomas Silberhorn verwundert das Ergebnis nicht weiter. „Die Grünen haben bisher vor allem mit Klimaschutz gepunktet“, analysiert er. „Aber die „letzte Generation“ oder „Omas for Future“ törnen viele Jugendliche einfach ab. Dazu kommt die oberlehrerhafte Verbotspolitik der Grünen.“

Für die CSU seien dagegen 30 Prozent in der Altersgruppe „respektabel“. Von Jugendlichen werde seine Partei seit jeher kritischer hinterfragt. Er ist sicher daher sicher: „Mit wachsender Selbstständigkeit und Lebenserfahrung werden das mehr“, die ihr Kreuz bei der CSU machen.

Silberhorn (CSU): Müssen uns klarer gegen rechts positionieren

„Die AfD pflegt ihr Protestprofil, für das Jugendliche nicht weniger empfänglich sind als Erwachsene“, sagt Silberhorn. Er kritisiert daher, dass Hubert Aiwanger (FW) auf den Protestzug aufgesprungen sei und sich zum Medienopfer stilisiere. Gegen rechtes Gedankengut müsse man deutlicher werden: „Wer Extremisten duldet oder Demokratie verächtlich macht, missbraucht unsere freiheitliche Ordnung“, so Silberhorn.

Alle Liveticker zum Wahlabend im Überblick:

Einer der Verbände, der sich traditionell bei der U-18-Wahl engagiert, ist der Bund der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ). Deren Landesvorsitzender Florian Hörlein stammt aus dem Erzbistum Bamberg und kennt sich entsprechend gut auch in Oberfranken aus. „Wir sagen ja immer, dass Jugendliche genauso verantwortungsbewusst wählen wie Erwachsene“, erklärt er. „Aber hier sehen wir jetzt, dass die Strategien der Rechten bei der Jugend genauso verfangen wie bei den Erwachsenen.“ An die demokratischen Parteien hat er daher eine ganz klare Forderung: Auch im Wahlkampf müsse man bei allem Wettbewerb so fair und respektvoll bleiben, dass auch danach eine Zusammenarbeit grundsätzlich möglich bleibt. Aktuell sieht er diese Kooperationsfähigkeit zumindest in Teilen bedroht.

Großer Vertrauensverlust in die Politik insgesamt

Doch die Wissenschaft liefert für die generelle Stimmung im ganzen Land erste Erkenntnisse. So stellen die Soziologen vom gewerkschaftsnahen Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Institut (WSI) in Düsseldorf in ihrer Erwerbstätigenbefragung einen generellen Vertrauensverlust fest. Viele nähmen seit Corona das Geschehen als Dauerkrise war und seien entsprechend ausgelaugt. Mit der Inflation würden sich die finanziellen Belastungen auch in Vertrauensverlusten niederschlagen, so WSI-Direktorin Bettina Kohlrausch.

Den Vertrauensverlust allein darauf zurückzuführen, greife zwar zu kurz, „denn die Entfremdung zwischen einem Teil der Bürgerinnen und Bürger und staatlichen und gesellschaftlichen Institutionen hat sicherlich nicht erst mit der Energiekrise und den Preissprüngen begonnen“. Dennoch hätten die daraus resultierenden Belastungen das Potenzial, diese Entfremdung weiter zu verstärken und zu verfestigen.

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