Es staubt weniger als angenommen. Flink, aber behutsam wirft Werner Schrüfer den Teig auf die mehlgepuderte Arbeitsfläche.
Er greift zum Teigmesser. Sein geschultes Auge lässt ihn die gewünschte Menge beinahe passgenau portionieren. Je 1,7 Kilogramm landen auf der Waage, Teig genug für 30 „Runde“.
Die Ration verschwindet in der Brötchenpresse, kurz darauf drapiert Schrüfer die nun mechanisch geformten Teiglinge auf dem Backblech. Und widmet sich dem nächsten Teigklumpen.
Bäckerei Pfister: Werner Schrüfer und seine Frau Skaw-Doun
Zu diesem Zeitpunkt ist es 4.56 Uhr, Bäckermeister Werner Schrüfer ist bereits seit zwei Stunden auf den Beinen. Gemeinsam mit seiner Frau Skaw-Doun steht der 60-jährige Bäckermeister wie jede Nacht in seiner Backstube und bereitet die Waren für den kommenden Tag vor.
500 Brötchen werden die beiden am Morgen gebacken haben, hinzu kommen zahlreiche Brote, Laugengebäck, Hörnchen. Und und und. Insgesamt 100 Kilogramm Forchheimer Wasserschutzmehl werden sie dafür gebraucht haben. Plus Wasser, Gewürze, Füllungen.
FT-Volontärin Verena Stephan war mit der Videokmera dabei
Reportage in der Bäckerei Pfister
Einziger noch in Forchheim backender Betrieb
Geöffnet hat die Burker Bäckerei Pfister außer montags immer, so dass die leistungsstarken Öfen so gut wie nie stillstehen.
Die Backstube im Hinterhaus der Filiale an der Ortsdurchfahrt ist nunmehr die einzige ihrer Art im Forchheimer Stadtgebiet.
Die anderen Bäcker haben im Laufe der Jahre aufgehört. Neue kommen nicht hinzu.
Werner Schrüfer denkt noch nicht ans Aufhören. Wenngleich ihm der Schlaganfall von vor zwei Jahren noch in den Knochen steckt.
Aber: „Wie lange ich mache, entscheidet die Kundschaft“, sagt er. Die bestehe zu 90 Prozent aus Stammkunden, teils aus den umliegenden Dörfern.
Wenn die einmal ausblieben und es sich nicht mehr lohne, wolle er Schluss machen. Dann geht es zurück nach Thailand; wo er schon einmal lebte, seine Frau kennenlernte, glücklich war.
Übernahme der Bäckerei: Eher ein Zufall
Zurück nach Forchheim hat es den gebürtigen Burker nur zufällig verschlagen. Ende der 1970er-Jahre beginnt er seine Lehre in der Bäckerei Pfister, arbeitet viele Jahre dort.
Nach dem Tod des Chefs leitet er den Betrieb, dann zieht er nach Asien. Sechs Jahre später ist er eigentlich zu Besuch in der Heimat. Trifft sich mit der Inhaberin, redet, überlegt. Seither ist er der Pächter der Traditionsbäckerei.
Wieder in der Backstube. Noch dauert es eine gute halbe Stunde, bis der Verkaufsraum öffnet. Es gibt noch einiges zu tun. Nachdem die Brötchen 30 Minuten im Gärraum ruhten, liegen sie nun seit knapp zehn Minuten im Ofen.
Näääääähpp! Die Zeit ist um, das Signal eindeutig.
Schrüfer zückt den Brotschieber und befreit das brötchenbestückte Blech aus der Ofenhitze. Fertig.
Sie kühlen ab und landen schon wenig später in einem der großen Weidenkörbe für die Auslage.
Alle Handgriffe sitzen beim Bäcker und seiner Frau. Zu Stoßzeiten und an Wochenenden kommt noch ein Gehilfe hinzu, ansonsten stemmen die beiden die vielen Teige allein.
Routiniert und beinahe wortlos funktioniert das Ehepaar in der Backstube, kommt sich eigentlich nie in die Quere. Allein das ist bereits eine außergewöhnliche Leistung.
Skaw-Doun, die traditionell thailändisch persönlich nicht sehr viel mit dem Geschmack einer frisch gebackenen Roggenmischbrotkruste anfangen kann, eher Reis statt Brötchen bevorzugt, beherrscht die deutsche Backkunst mittlerweile trotzdem aus dem Effeff.
„Ohne sie würde ich es wohl nicht schaffen“, sagt Schrüfer. Und lächelt. Sie lächelt zurück.
Fachkräftemangel, Energiepreise, Betriebe-Sterben
In diesem Moment ist nichts zu spüren von der harten Realität des heutigen Bäckerhandwerks, dem Betriebesterben, dem Fachkräftemangel, horrenden Rohstoff- und Energiepreisen.
Wenn Werner Schrüfer mit mehlweißen Händen über das Geheimnis guten Backens sinniert („gute, regionale Zutaten, vor allem viel Zeit“), erscheint der Beruf richtig romantisch.
Trotz der vielen Arbeit, nächtlicher Dienstzeiten und einer durch Billigangebote der Supermarktketten immer unsicherer wirkenden Zukunft.
Darüber nachdenken kann und möchte Werner Schrüfer nicht ständig. Dafür habe er auch gar keine Zeit. Gegen Mittag hat er sein Tagwerk für gewöhnlich vollbracht, spätestens wenn er die ersten Teige für den nächsten Tag vorbereitet hat.
Neben einem gelegentlichen Schläfchen am Nachmittag legt er sich am Abend in der Regel nicht allzu spät ins Bett.
Auch wenn er dank der gemeinsamen Wohnung über der Backstube keinen großen Arbeitsweg hat, schrillt der Wecker des nachts wieder früh. Laut und unbarmherzig.
Das aber störe ihn nicht mehr. „Selbst im Urlaub stehe ich manchmal um 4 Uhr auf. Gewohnheit.“
Ob er rückblickend auf sein Leben alles noch einmal so machen, wieder den Bäckerberuf ergreifen würde? Werner Schrüfer runzelt die Stirn, denkt kurz nach.
„Ja, auf jeden Fall. Aber ich würde wohl nicht noch einmal nach Deutschland zurückkehren.“
Er klopft in seine Hände, so dass es mehr staubt, als angenommen.
Schaut auf die Uhr, schlendert in den Vorratsraum. 6.37 Uhr.
„Jetzt machen wir noch die Blechkuchen.“
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