Das Jugendschöffengericht am Amtsgericht Bamberg tat sich sehr schwer, den mutmaßlichen Grapscher zu überführen. Denn unbeteiligte Zeugen im Schlafzimmer gab es nicht. Nach langer Beratung fällte es ein überraschendes Urteil.
Es soll ein feuchtfröhlicher Mädelsabend werden. Irgendwo in Ebern sitzen drei junge Frauen beisammen. Den ganzen Abend über wird im Wohnzimmer gequatscht, getrunken und Shisha geraucht. „Es war einfach lustig.“ Um kurz nach 4 Uhr ruft der Freund einer der Bewohnerinnen an. Ob er denn noch vorbeikommen könnte? Er habe auch einen Kumpel dabei. Die Frauen haben nichts dagegen. So nimmt das Unheil seinen Lauf. In der Wohngemeinschaft feiert man zu fünft noch etwas. Kurz vor Morgengrauen löst sich die Party auf. Während das dritte Mädchen auf der unbemannten Couch schläft, machen sich die beiden Pärchen auf den Weg in die Betten. In einem der beiden Schlafzimmer kommt man sich schnell näher. Schließlich kennt man sich schon einige Zeit.
„Wir wissen nicht, was in dem anderen Schlafzimmer wirklich passiert ist“, sagt Verteidigerin Mareen Basler aus Bamberg.
Es gibt nämlich zwei Versionen.
Der junge Mann, nennen wir ihn Goran, schildert, man habe sich über eine halbe Stunde über Gott und die Welt unterhalten. „Es gab keine Zärtlichkeiten.“ Dann habe sie etwas von ihm gewollt, er aber nicht von ihr. Jana selbst erzählt eine ganz andere Geschichte. In der ist Goran ein aufdringlicher Kerl, der seine Finger nicht unter Kontrolle hat. „Er hat nicht aufgehört.“ Erst versucht er, sie zu küssen, dann greift er an die Brust, schließlich in ihre Hose. Doch weit kommt er nicht. „Ich habe ihn mit dem Knie weggestoßen.“ Danach rennt sie weinend ins Wohnzimmer und fordert Goran auf, die Wohnung zu verlassen.
Es kommt zum Tumult
Schließlich eskaliert die Lage. Es kommt unter den fünf nicht mehr nüchternen Menschen zum Tumult. Geschrei und gegenseitige Beleidigungen wie „Hurensohn“ oder „Missgeburten“, „Schlampe“ und „hässliche Fotze“ wecken das ganze Haus auf. Ein Nachbar und der Hausmeister eilen herbei. Als Goran nicht gehen will, wirft Jana seine Jacke und Schuhe ins Treppenhaus. Der Hausmeister „geleitet“ den Störenfried nach draußen. Noch an der Haustür dreht sich Goran um und schlägt dem älteren Mann mehrfach ins Gesicht. Die Folgen sind eine Kinnprellung, ein verstauchtes Kiefergelenk, Hals- und Kopfschmerzen sowie eine Verstauchung der Halswirbelsäule. Draußen will ihn das dritte Mädchen aufhalten, bis die Polizei eintrifft. Ihr dreht er kurzerhand den Arm auf halb acht. Der ist danach ganz blau angelaufen und kann tagelang nicht bewegt werden.
„Der Typ ist meiner – der schläft bei mir“
Dass Goran nicht wegen einer sexuellen Nötigung verurteilt wurde, sondern „nur“ wegen Hausfriedensbruch, vorsätzlicher Körperverletzung und Beleidigung, hatte gleich mehrere Gründe. Zum einen berichtete das dritte Mädchen, die beiden anderen jungen Frauen hätten sich während des Wartens auf die Jungs gebadet, rasiert, geschminkt und frische Unterwäsche angezogen. „Jana hatte damals keinen Freund und sagte noch: Der Typ ist meiner. Der schläft bei mir.“ Zum anderen hatte Jana sich in zahlreichen Details widersprochen. „Es ist sehr schwer, Sexualdelikte zu beweisen, weil nur zwei dabei sind“, sagt Staatsanwalt Jonas Katzenberger. Er sah es dennoch als erwiesen an und forderte zweieinhalb Jahre Jugendknast. „Ich hatte nicht das Gefühl, dass Jana mich angelogen hat.“
Am Ende wurden es ein Jahr und elf Monate Jugendstrafe mit Vor-Bewährung. Goran hat nun sechs Monate Zeit, sich seine Bewährung zu verdienen, wie es der Vorsitzende Richter Martin Waschner ausdrückte. Vor allem muss er sich um eine Ausbildungsstelle kümmern. Sollte Goran das schaffen, dann muss er danach noch folgende Auflagen und Weisungen erfüllen: 1500 Euro an den Verein für Jugendhilfe Bamberg zahlen; mit einem Bewährungshelfer zusammenarbeiten; auf Drogen und Alkohol verzichten; die Abstinenz durch Haar- und Urintests auf eigene Kosten nachweisen; sich für ein Jahr einer Betreuung stellen, um das noch junge Leben in den Griff zu bekommen. Denn Goran ist das, was man einen Wiederholungstäter nennt. „Sie bauen Scheiße und übernehmen die Verantwortung nicht“, ärgert sich Richter Waschner. Immer wieder hat Goran in den letzten drei Jahren unter Alkoholeinfluss die Fäuste sprechen lassen.