Komödie
Wie das Gericht in Coburg am 1. Juli 1920 urteilte
Die Theatergruppe Ebersdorf bei Coburg spielt ein lustiges Justiz-Theaterstück, das mit dem 100. Jubiläum des Landesgerichts Coburg zu tun hat.
Derzeit sind Katrin John, Birgit Salsano, Martin Bauer, Michael Remde und Michael Kalb (von links) eifrig am Proben.
Alexandra Kemnitzer
F-Signet von Alexandra Kemnitzer Fränkischer Tag
Ebersdorf – Die Theatergruppe Ebersdorf bei Coburg wagt sich an ein Justiz-Stück und dockt damit an ein besonderes Jubiläum an.

Als vor zwei Jahren die Jubiläen 100 Jahre Landgericht, 20 Jahre zentrales Mahngericht und 100 Jahre Freistaat Bayern anstanden, wollte sich auch die Theatergruppe Ebersdorf am Rahmenprogramm mit einem Justiz-Stück beteiligen. Warum es dann nicht zur Aufführung kam, ist hinlänglich bekannt: wegen der Pandemie.

Nachdem nun die Jubiläumsfeiern nachgeholt werden konnten, hat die Theatergruppe entschieden, das Stück auch als Grundlage für ihre eigenen beiden Sommer-Theateraufführungen Anfang August zu nutzen und zu erweitern. Entstanden ist so das Justiz-Stück „Olga und die Coborcher Sau“.

In Chroniken des Landesgerichts Coburg recherchiert

„Um Ideen für das Stück zu sammeln, haben wir uns Chroniken besorgt und angefangen zu recherchieren“, erzählt Silke Feyler. Neben geschichtlichen Daten sollten nämlich auch Besonderheiten im Stück vorkommen. „Wir wollten zum Beispiel unbedingt in unserer Geschichte den landläufigen Grund für den Coburger Beitritt zu Bayern haben, wenngleich es dafür keine offizielle Bestätigung gibt“, sagt sie. Wem dieser bis heute nicht bekannt ist, der wird – nachdem er sich das Stück angeschaut hat – schlauer sein. Das Publikum darf gespannt sein, welche lustigen Ereignisse, Irrungen und Wirrungen sowie unerwartete Wendungen Autor Martin Bauer eingebaut hat.

Autor Martin Bauer ist seit Jahren Darsteller auf der Ebersdorfer Theaterbühne

Seit vielen Jahren steht der Autor selbst bei der Theatergruppe Ebersdorf auf der Bühne und hat dem Stück seinen individuellen Stempel verpasst. Weil er unbedingt einen sächselnden Bauern für die Geschehnisse auf der Bühne haben wollte, spielt Martin Bauer selbst den Nebenkläger Rico Zschätsche. Weil Katrin John in einem früheren Stück in ihrer Rolle als Osteuropäerin aufging und sogar beim Einkaufen als Olga angesprochen wurde, verkörpert sie diesmal die Angeklagte Olga Schwarz.

Auch dem regionalen Bezug und wichtigen Daten werden mit dem Stück Rechnung getragen.

Schauplatz ist neben dem Tatort im benachbarten Thüringen auch der große Sitzungssaal im Landgericht Coburg, vor dem die Straftat am 1. Juli 1920 verhandelt wird. Olga Schwarz und Richter Alexander zu Zwicklich (Harald Winkler-Braasch) treffen sich heimlich zu einem verhängnisvollen Tête à Tête in der Scheune von Bauer Zschätsche. So ist es kaum verwunderlich, dass dem Richter alle Gesichtszüge entgleiten, als ausgerechnet seine Herzdame vom Gerichtsdiener Alois Singer (Michael Kalb) als Angeklagte in den Saal geführt wird.

Was der Entscheid der Coburger Bevölkerung, sich zum 1. Juli 1920 dem Freistaat Bayern anzuschließen, mit der Tatsache zu tun hat, dass das gefällte Urteil nicht rechtskräftig ist

Auch Bauer Zschätsche ist kein Unschuldslamm und trägt ein dunkles und blutiges Geheimnis mit sich herum. Um von seiner Straftat abzulenken, schwärzt er Olga an. Allerdings hat er die Rechnung ohne den etwas wunderlichen Gundalf Huth (Michael Remde) gemacht. Als wichtiger Augenzeuge kann dieser Licht ins Dunkel bringen. Staatsanwältin Victoria Nehrlich (Silke Feyler) ist mächtig gefordert, um die richtigen Schlüsse zu ziehen, während Protokollführerin Adolfine Hiller (Birgit Salsano) höchste Konzentration an den Tag legen muss, um die Verhandlung niederzuschreiben.

Die Schlingen ziehen sich für die Beschuldigten mehr und mehr zu. Was der Entscheid der Coburger Bevölkerung, sich zum 1. Juli 1920 dem Freistaat Bayern anzuschließen, mit der Tatsache zu tun hat, dass das gefällte Urteil nicht rechtskräftig ist, wird das Publikum beim Sommer-Theater ebenfalls erfahren.

Doppelte Herausforderung für Autor und Darsteller Martin Bauer

Für die Geschichte hat sich Martin Bauer die jeweiligen Akteure und deren Handlungen in seinem Inneren vorgestellt und so mit dem Schreiben begonnen. „Sollte ich noch mal ein Stück schreiben, dann werde ich keine Rolle übernehmen“, führt er aus. Schließlich sei ihm wichtig, dass die Charaktere samt ihrer Eigen- und Besonderheiten so gespielt werden, wie er es sich überlegt habe. Augenmerk auf die Umsetzung seiner Vorgaben zu haben und gleichzeitig zu spielen, sei nicht leicht.

Das Sommerstück wird circa eine Stunde dauern und ist für die Theatergruppe auch etwas Besonderes. Sie bringt ein eigenes Stück auf die Bühne, nicht im evangelischen Gemeindezentrum, sondern an der Kultur- und Sporthalle. Deshalb ist die Truppe auf die Reaktionen des Publikums gespannt.

Die tollen Roben wurden vom Coburger Gericht zur Verfügung gestellt

Die Justiz-Geschichte als Theaterstück aufzuführen, kommt der Schauspielergruppe gelegen, denn es fallen keine Gema-Gebühren an. So können die Zuschauer in den Genuss des kostenlosen Theaterspaßes kommen, denn es wird kein Eintritt erhoben. „Dankenswerterweise haben wir auch nicht mehr benötigte Roben vom Coburger Gericht zur Verfügung gestellt bekommen, so dass sich die Ausgaben für Requisiten und Kostüme in Grenzen halten“, betont Silke Feyler.

Termine für die Ebersdorfer Sommertheater-Aufführungen

Das Justiz-Stück „Olga und die Coborcher Sau“ wird von der Theatergruppe Ebersdorf am Samstag, 6., und Sonntag, 7. August, an der Kultur- und Sporthalle bei freiem Eintritt aufgeführt. Los geht es jeweils um 17 Uhr. Einlass ist ab 15 Uhr.

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