Mit einer ganz besonderen Mission ist Sprachwissenschaftlerin Verena Kohlmann aus Forchheim zurzeit im Landkreis Kulmbach unterwegs. Sie erforscht im Auftrag des Verbands für Orts- und Flurnamenforschung in Bayern und der Kommission für bayerische Landesgeschichte bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften die mundartlichen Aussprachen der Ortsnamen in Bayern.
Forscherin sucht Dialektsprecher
Um die alten Ortsnamen im früheren Dialekt auf Gemeindeebene erfassen zu können, ist Verena Kohlmann besonders auf ältere, in der Region verwurzelte Bewohner angewiesen. In Marktleugast konnte sie für dieses digitale Projekt Oswald Purucker gewinnen. Er lebt von Geburt an in der Gemeinde und beherrscht noch die Aussprache der lokalen Gemeindenamen. Dennoch stellt er fest, dass zum Beispiel „Weichärat“ – Weickenreuth bei Stammbach – schon in „Sauerhuäf“ oder „Groffnka“ die nur wenige Kilometer entfernt sind, ganz anders betont und ausgesprochen werden.
So ist die Aussprache der Ortsnamen im Dialekt entstanden
Da Dialekt, so Kohlmann, in jeder Familie auch durch die Eltern geprägt wird, war die Abstammung der Eltern des Befragten, für sie von besonderem Interesse. Der Vater war in diesem Fall ebenfalls in Marktleugast geboren, die Mutter kam aus Enchenreuth. Purucker dazu: „Alleine hier trafen in der Familie schon zwei unterschiedliche Dialekte aufeinander. Während wir in Marktleugast eine Zustimmung mit joh zum Ausdruck brachten, sagte meine Mutter anfangs noch euja.“
Ähnlich verhielt es sich deshalb auch mit der Aussprache der Ortsnamen zwischen Marktleugast und Enchenreuth. Da die Eltern selbstständig im eigenen Haus eine Weberei betrieben, blieben die Redewendungen über Jahre unverändert. Von Interesse für die Forscherin war auch die Frage, wie man von „Leuchets“ aus nach „Hellmetz“ kommt. Purucker: „Wir gänga nei noch Hellmetz“ oder „noh noch Kulmboch“.
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Laut Verena Kohlmann hat die Erfassung mundartlicher Ortsnamen mit Sprachaufnahmen in Bayern eine lange Tradition. Somit könne die flächendeckende Erfassung auf Vorarbeiten zurückgreifen, die heute aber mit Neuaufnahmen gekoppelt werden. Durch die Förderung durch das Bayerische Staatsministerium der Finanzen und für Heimat könne nun das Projekt zur Rettung der Ortsnamen endlich abschließend bearbeitet werden.
Wer kann noch mithelfen?
Um eine möglichst umfangreiche Datei der über 50.000 Ortsnamen in Bayern erstellen zu können, deren Inhalte später in eine digitale interaktive Landkarte eingepflegt werden, werden dringend weitere Personen aus dem Landkreis Kulmbach gesucht, die bereit sind, über die Ortsnamen in ihrer Gemeinde im Dialekt Auskunft zu geben. Wer Interesse hat, so ihr Aufruf, könne sich telefonisch melden unter der Nummer 089/23031-1334 oder per E-Mail mundartformen@kblg.badw.de.
Video: So hören sich die Ortsnamen im Dialekt an
Ein Wirtshaus mit dem Namen "Furzlustig" und die Dörfer und "Stamich" und Stabich", die zum Verwechseln ähnlich klingen: Als stark verwurzelter Marktleugaster zeigt uns Oswald Purucker im Video, wie sich die Ortsnamen rund um die Gemeinde im ursprünglichen Dialekt anhören und erklärt, weshalb Mannsflur als einzige Siedlung hochdeutsch ausgesprochen wird.
Das Wirtshaus "Furzlustig"
Von Grünlas nach Horbach:
Weickenreuth, Kleinrehmühle und Grafengehaig












