Eine hitzige Diskussion ist um die Frage entbrannt, ob in Stadtsteinach ein Tempolimit von 30 Stundenkilometern gerechtfertigt ist. Konkret geht es um die Hammergrund- und Hainbergstraße. Zuletzt hatte sich der Stadtrat mehrheitlich für die Geschwindigkeitsbegrenzung ausgesprochen.
Nun aber gibt es eine Gegenbewegung: Der ehemalige CSU-Stadtrat Adolf Hildner hat an die 200 Bürger hinter sich vereint, die sich die ursprüngliche Lösung zurückwünschen: Tempo 50.
Rückblende: Das Tempolimit in der Hainberg- und Hammergrundstraße hängt zusammen mit dem Bau der Umgehungsstraße. Im vergangenen Winter war die Schindelbach-Brücke an der nördlichen Einfahrt nach Stadtsteinach abgerissen und neu errichtet worden. Deshalb nutzten viele Verkehrsteilnehmer während der Bauzeit die mittlere Abfahrt der Ortsumgehung, um zu ihrem Ziel zu kommen. Der Verkehr in der Siedlung nahm merklich zu. Anlieger forderten deshalb eine zulässige Höchstgeschwindigkeit von 30 Stundenkilometern. Ihrem Wunsch gab der Stadtrat statt.
Belastung nahm ab
Als kurz vor Pfingsten der Brückenbau am Schindelbach beendet war, nahm die Frequenz auf den in Rede stehenden Strecken deutlich ab. Der Stadtrat entschied sich in seiner Juli-Sitzung dafür, das Tempolimit auf der gesamten Strecke beizubehalten.
Mit der Mehrheitsentscheidung kam der Stadtrat zwar den Anliegern entgegen, erregte aber bei anderen Bürgern Unmut und Unverständnis. Deshalb ergriff Adolf Hildner die Initiative. „Ich habe 179 Unterschriften gesammelt, das ist ein Vielfaches dessen, was die Befürworter der Geschwindigkeitsbegrenzung zusammengetragen haben“, sagt Hildner. Der Bergleshofer verweist darauf, dass er sogar die Zustimmung von betroffenen Bewohnern der Hainbergsiedlung für seinen Vorstoß gefunden habe - also von Leuten, die an der besagten Strecke leben.
Hildner führt an, dass die Haltung des Stadtrats nicht nachvollziehbar sei. Er beuge sich dem Willen einer Minderheit. Hier von einem mehrheitlichen Bürgerwillen zu sprechen, sei absurd.
Aus objektiver Sicht gebe es keine Gründe, die ein Tempolimit erforderten: Hainberg- und Hammergrundstraße seien breit ausgebaut und verfügten über großzügig angelegte Gehsteige. Die Übersichtlichkeit sei sehr gut. Zudem reiche die Bebauung jeweils nur auf einer Seite an die Fahrbahnen heran. Es gebe dort auch keine Schulen oder Kindergärten, die eine reduzierte Geschwindigkeit erforderten. „Kurzum: Das Tempolimit ist durch nichts zu begründen und willkürlich herbeigeführt“, so Hildner.
Überörtliche Erschließungsfunktion
Der Bergleshofer räumt auch mit dem Argument auf, dass das Tempolimit für einen Rückgang des Schadstoffausstoßes sorge. Genau das Gegenteil sei der Fall: „Die Fahrzeuge fahren bei niedriger Geschwindigkeit in einem kleinen Gang und brauchen länger, um die Strecke zu bewältigen. Deshalb setzen sie mehr Schadstoffe frei.“ Zudem komme der Strecke eine überörtliche Erschließungsfunktion zu, da sie die Oberland-Ortsteile Triebenreuth, Bergleshof,
Schwärzleinsdorf, Vogtendorf und das zu Guttenberg gehörende Maierhof anbinde. Die Bewohner aus diesen Ortschaften seien oft vom Tempolimit genervt, und manch einer sei auch schon von der Polizei zur Kasse gebeten worden. Deshalb mieden sie die Strecke und führen zum Einkaufen nun lieber nach Untersteinach. „Unsere Stadt wird totberuhigt.“ Das aber will der 82-Jährige nicht hinnehmen. Er beantragt beim Stadtrat die Rücknahme des Tempolimits.
Doch Bürgermeister Roland Wolfrum (SPD) winkt ab. In der kommenden Sitzung werde sich das Gremium sicher nicht mit dem Vorgang beschäftigen, das sei zu kurzfristig. Und überhaupt müsse man zunächst einmal prüfen, in welcher Rechtsform der Antrag abgefasst und wie das juristisch zu bewerten sei. Dazu will Wolfrum erst einmal „das Landratsamt draufschauen“ lassen.
Der Bürgermeister gab sich nicht als Freund des Antrags zu erkennen: Es sei das ungeschriebene Gesetz im Stadtrat, dass man bei derlei Angelegenheiten den Willen der Betroffenen – also der Anlieger – sehr stark gewichte.
Zunächst will Wolfrum den Antrag dem Ältestenrat vorlegen. Der besteht aus den drei Bürgermeistern und den Vorsitzenden der vier Fraktionen. Entscheiden kann diese Institution allerdings nichts. Rechtskräftige Beschlüsse müssen im Stadtrat getroffen werden.
Polizei: Unauffällige Strecke
Aus behördlicher Sicht ist die Strecke jedenfalls unauffällig. So hat die Polizeiinspektion Stadtsteinach innerhalb der vergangenen fünf Jahre in der Hainbergstraße nur fünf Unfälle zu verzeichnen gehabt, drei davon waren Wildunfälle. Einer ist auf Unachtsamkeit zurückzuführen, einer darauf, dass ein Lastwagen mit hochgefahrenem Kipper gegen eine Brücke geprallt ist.
In der Hammergrundstraße gar gab es innerhalb des gleichen Zeitraumes nur einen einzigen Vorfall, als ein Fahrer beim Ausparken einen anderen Wagen streifte. Unfälle wegen überhöhter Geschwindigkeit waren also nicht zu verzeichnen. Das bestätigte Marco Gottesmann, Leiter der Polizeiinspektion Stadtsteinach. „Die Strecke ist definitiv kein Unfallschwerpunkt.“ Die Polizei stehe einem Tempolimit neutral gegenüber. Er betonte, dass die Stadt sich entscheiden müsse, ob sie dort eine Geschwindigkeitsbegrenzung wolle – oder eben nicht.