Zwischen Plätzchen, Gänsebraten und Glühwein wächst bei vielen der Wunsch, im neuen Jahr abzunehmen. Holger Klemm, Fitnessleiter und Abnehmexperte der KissSalis Therme in Bad Kissingen, räumt mit 14 Abnehm-Mythen auf und erklärt, worauf es für einen gesunden, langfristigen Gewichtsverlust ankommt.
Der Artikel in der Übersicht:
- Mythos 1: Die besten Fatburner sind Schwimmen, Radfahren und Laufen
- Mythos 2: Krafttraining macht Frauen „dicke Muskeln“
- Mythos 3: Viele Bauchübungen schmelzen den Bauchspeck
- Mythos 4: „Viel Sport = automatisch weniger Gewicht“
- Mythos 5: Ohne Muskelkater war das Training „nichts wert“
- Mythos 6: Diäten machen schlank
- Mythos 7: Light-Produkte und Diätpillen sind Abkürzungen zur Traumfigur
- Mythos 8: „Kalorie ist Kalorie“
- Mythos 9: Fett macht fett – Kohlenhydrate sind harmlos
- Mythos 10: Wer tagsüber fastet, darf abends „reinhauen“
- Mythos 11: Frühstück weglassen spart Kalorien
- Mythos 12: Nach 18 Uhr machen Kohlenhydrate automatisch dick
- Mythos 13: Saft, Fruchtzucker und „natürliche Süße“ sind unproblematisch
- Mythos 14: Zu wenig Schlaf macht höchstens müde – aber nicht dick
- Fazit: Wie Abnehmen wirklich gelingt
Mythos 1: Ausdauertraining ist der beste Fatburner
Joggen, Schwimmen und Radfahren sind gesund, trainieren Herz-Kreislauf und verbrauchen während der Belastung viele Kalorien. Für die eigentliche Fettverbrennung spielt jedoch die Muskulatur die Hauptrolle, denn Fett wird ausschließlich in der Muskulatur verbrannt. Entscheidend ist deshalb ein gezieltes Krafttraining, das möglichst viele Muskelgruppen aktiviert und den Stoffwechsel auch in Ruhe ankurbelt.
Besonders wirksam ist die Kombination: ein kurzes, intensives Krafttraining von etwa 15 bis 30 Minuten, gefolgt von einem Intervall-Ausdauerteil. So profitiert der Körper vom längeren Nachbrenneffekt und einem gesteigerten Energieverbrauch über Stunden.
Mythos 2: Krafttraining macht Frauen „muskulös und breit“
Viele Frauen fürchten, durch Gerätetraining schnell „dicke Muskeln“ zu bekommen. Tatsächlich reagieren Frauen aufgrund ihrer hormonellen Ausstattung ganz anders auf Kraftreize als Männer: Die Muskulatur strafft und formt sich, wächst aber in aller Regel nicht zu sichtbaren Muskelbergen heran. Ein regelmäßiges Krafttraining ist sogar Voraussetzung für ein festes Bindegewebe und eine klar definierte Körperform.
Wichtig ist die richtige Intensität: Das Gewicht sollte so gewählt sein, dass die letzten Wiederholungen einer Übungsserie deutlich anstrengend sind. Wer dauerhaft mit zu leichten Gewichten trainiert, verschenkt Potenzial und wird kaum Veränderungen sehen.
Mythos 3: Bauchübungen schmelzen gezielt den Bauchspeck
Sit-ups und Crunches stärken die Bauchmuskeln, sie verbrennen aber nicht gezielt das Fett über dem Bauch. Der Körper entscheidet selbst, wo er Fettreserven ab- oder aufbaut – ein „Wunschgebiet“ gibt es nicht. Sichtbare Bauchmuskeln entstehen erst, wenn der gesamte Körperfettanteil sinkt und die Muskulatur darunter ausreichend trainiert ist.
Ein sinnvolles Programm setzt daher auf ein Ganzkörper-Krafttraining, das große Muskelgruppen einbezieht, kombiniert mit einer zuckerreduzierten, eiweißreichen Ernährung. Tägliche Bauchmuskelmarathons sind dagegen meist frustrierend und bringen optisch wenig.
Mythos 4: Viel Sport führt automatisch zu weniger Gewicht
Mehr Sport bedeutet nicht automatisch weniger Gewicht auf der Waage. Wer nach dem Training regelmäßig zu Torte, süßen Getränken oder Alkohol greift, kann den Kalorienverbrauch einer Einheit schnell wieder „auffuttern“. Problematisch ist auch die Haltung, sich für jede Anstrengung mit Essen zu belohnen – das unterläuft jede Abnehmstrategie.
Zudem kann ein Zuviel an Training den Körper überfordern, vor allem beim Krafttraining. Muskeln wachsen und regenerieren in den Pausen, nicht in der Belastung. Für Einsteiger reichen zwei bis drei intensive Krafteinheiten pro Woche völlig aus, ergänzt durch moderate Ausdauer, solange sich der Körper gut anfühlt.
Mythos 5: Ohne Muskelkater war das Training wertlos
Muskelkater sind kleine Verletzungen in den Muskelfasern, kein Gütesiegel für ein gelungenes Training. Wer nach jeder Einheit vor Schmerzen kaum Treppen steigen kann, übertreibt es und riskiert langfristige Überlastungsschäden. Ein solches Training ist weder nachhaltig noch motivierend.
Ein leichter Muskelkater bei neuen Übungen ist normal und zeigt, dass der Körper sich anpasst. Ziel sollte immer ein forderndes, sauberes Training sein, das den Körper an seine Grenzen, aber nicht darüber hinaus führt.
Mythos 6: Diäten machen dauerhaft schlank
Crash-Diäten verursachen oft beeindruckende, aber meist kurzfristige Erfolge – vor allem durch Wasser- und Muskelverlust. Der Körper reagiert auf starke Kalorienreduktion mit einem Notprogramm: Er fährt den Stoffwechsel herunter, spart Energie und steigert den Appetit. Das Ergebnis ist häufig der bekannte Jo-Jo-Effekt, bei dem am Ende mehr Kilos auf der Waage stehen als vor der Diät.
Nachhaltiger ist eine dauerhafte Umstellung auf eine ausgewogene, eiweißbetonte Ernährung mit viel frischer, möglichst unverarbeiteter Kost. Erlaubt ist im Prinzip alles – entscheidend sind vernünftige Mengen und klare Grenzen statt strenger Verbote.
Mythos 7: Light-Produkte und Diätpillen sind Abkürzungen
„Light“ bedeutet meist nur, dass ein Produkt mindestens 30 Prozent weniger Fett, Zucker oder Kalorien enthält als das Original. Häufig wird das eingesparte Fett durch zusätzliche Zucker ersetzt, wodurch das Sättigungsgefühl geringer ausfällt und Heißhunger verstärkt auftreten kann. Wer sich auf die vermeintliche Kalorienersparnis verlässt, isst zudem oft größere Mengen.
Noch problematischer sind Pillen und „Wunderkapseln“, die mühelosen Gewichtsverlust versprechen. Ohne Veränderung von Bewegung und Essverhalten bleiben sie in der Regel wirkungslos, im schlimmsten Fall können sie die Gesundheit gefährden. Ein verlässlicher Weg zur Traumfigur führt immer über Ernährung und Bewegung – nicht über Abkürzungen.
Mythos 8: „Eine Kalorie ist eine Kalorie“
Rein rechnerisch sind 200 Kalorien Schokolade, Brokkoli oder Käse gleich – im Körper wirken sie jedoch völlig unterschiedlich. Zucker- und kohlenhydratreiche Lebensmittel lassen den Insulinspiegel rasch ansteigen und fördern bei dauerhaftem Übermaß die Fetteinlagerung. Eiweiß dagegen dient vor allem als Baustoff für Muskeln, Bindegewebe und Immunsystem.
Wer sich eiweißreich und mit moderaten Mengen hochwertiger Fette aus Nüssen, Fisch oder guten Ölen ernährt, ist länger satt und unterstützt die Gewichtsreduktion besser als mit einer zuckerbetonten Kost. Die Qualität der Kalorien ist daher mindestens so wichtig wie ihre Menge.
Mythos 9: Fett macht fett – Kohlenhydrate sind harmlos
Lange galt Fett als Hauptverursacher für Übergewicht, während Kohlenhydrate als unbedenklich betrachtet wurden. Inzwischen zeigen große Studien, dass ein sehr hoher Anteil an Kohlenhydraten in der Ernährung das Risiko für Übergewicht und bestimmte Erkrankungen erhöht. Entscheidend ist nicht, Fett möglichst zu vermeiden, sondern auf die richtige Art von Fetten zu achten.
Ungesättigte Fettsäuren aus pflanzlichen Ölen, Nüssen und Fisch sind wichtige Bausteine für Herz, Gehirn und Hormonsystem. Problematisch werden vor allem Kombinationen aus viel Zucker, Weißmehl und ungünstigen Fetten, wie sie in Fastfood, Fertigprodukten und Süßwaren vorkommen.
Mythos 10: Tagsüber fasten, abends schlemmen
Wer tagsüber hungert, um abends „nachzuholen“, spart meist keine Kalorien, sondern bremst den Stoffwechsel aus. Der Körper schaltet auf Sparflamme, die Fettverbrennung sinkt, und das große Abendessen landet bevorzugt in den Depots. Gleichzeitig steigt die Gefahr, abends die Kontrolle zu verlieren und wesentlich mehr zu essen als geplant.
Sinnvoller sind drei bis fünf kleinere, ausgewogene Mahlzeiten über den Tag verteilt, mit reichlich Eiweiß, Gemüse und möglichst wenig schnell verfügbarem Zucker. So bleibt der Blutzuckerspiegel stabil, Heißhungerattacken treten seltener auf und das Abendessen fällt automatisch moderater aus.
Mythos 11: Frühstück auslassen spart Kalorien
Wer glaubt, durch das Weglassen des Frühstücks automatisch abzunehmen, irrt häufig. Untersuchungen zeigen, dass Menschen ohne Frühstück im Laufe des Tages tendenziell mehr und unkontrollierter essen. Der Körper startet im „Leerlauf“ und holt sich die fehlende Energie später in konzentrierter Form zurück.
Ein aufwendiges Frühstück ist dafür nicht nötig. Ein kleiner Joghurt, ein Ei oder ein Stück Vollkornbrot können ausreichen, um den Stoffwechsel in Gang zu bringen und Heißhunger am Vormittag zu vermeiden.
Mythos 12: Nach 18 Uhr machen Kohlenhydrate grundsätzlich dick
Die Uhrzeit allein entscheidet nicht darüber, ob Kohlenhydrate dick machen, sondern Menge, Qualität und anschließende Aktivität. Wer abends große Portionen Pizza, Pasta, Weißbrot oder Süßigkeiten isst und direkt aufs Sofa wechselt, speichert die überschüssige Energie eher als Fett. Bei moderater Zufuhr und ausreichender Bewegung spielen die späten Stunden eine deutlich kleinere Rolle.
Gerade am Abend kann eine eiweißreiche, kohlenhydratreduzierte Mahlzeit – etwa Fisch oder mageres Fleisch mit viel Gemüse – die nächtliche Fettverbrennung unterstützen und zu einem erholsamen Schlaf beitragen.
Mythos 13: Saft und „natürliche Süße“ sind unbedenklich
Obst ist gesund, doch das bedeutet nicht automatisch, dass Fruchtsäfte ebenso unproblematisch sind. Viele Säfte enthalten ähnlich viele Kalorien wie Limonaden, manchmal sogar mehr, und liefern die Energie in flüssiger Form ohne sättigende Ballaststoffe. Dadurch trinkt man schnell große Mengen, ohne sich wirklich satt zu fühlen.
Auch Fruchtzucker gilt nicht als „besserer“ Zucker. In größeren Mengen kann er die Leber belasten und die Entwicklung einer Fettleber begünstigen. Die einfachste Lösung: Obst möglichst als ganze Frucht essen und Wasser oder ungesüßten Tee als Hauptgetränk wählen.
Mythos 14: Zu wenig Schlaf macht nur müde
Schlafmangel beeinflusst direkt das Essverhalten und damit das Gewicht. Wer dauerhaft zu wenig schläft, schüttet mehr Hungerhormone aus, isst im Schnitt mehr und greift häufiger zu besonders kalorienreichen, zucker- und fettreichen Lebensmitteln. Der Körper versucht, die fehlende Energie durch schnelle Kalorien zu kompensieren.
Für einen stabilen Stoffwechsel, ein ausgeglichenes Hormonsystem und ein gesundes Gewicht gelten etwa sieben bis neun Stunden Schlaf als sinnvoller Richtwert. Wer außerdem auf regelmäßige Erholungsphasen im Alltag achtet, stärkt Körper und Psyche gleichermaßen.
Fazit: Wie Abnehmen wirklich gelingt – praktische Hilfe
Statt sich von jedem neuen Abnehm-Trend verunsichern zu lassen, helfen einige einfache, konsequent umgesetzte Grundregeln:
- Zwei- bis dreimal pro Woche ein gezieltes Krafttraining durchführen, das große Muskelgruppen beansprucht.
- Ergänzend Ausdauertraining einbauen, am besten in Intervallen statt stundenlang im gleichen Tempo.
- Eiweißreich, zuckerarm und mit hochwertigen Fetten essen – mit viel Gemüse und möglichst wenig stark verarbeiteten Produkten.
- Regelmäßige Mahlzeiten planen, Hungern und extreme „Belohnungsorgien“ vermeiden.
- Auf ausreichend Schlaf achten und bewusst Pausen einbauen, damit der Körper regenerieren und der Stoffwechsel stabil laufen kann.




















