Der Coburger Tierarzt, Joachim Lessing, wird seit Beginn der Hitzewelle regelrecht mit Anrufen „bombardiert“. Immer wieder melden sich besorgte Passanten, weil hilflose, junge Mauersegler auf dem Gehweg, der Straße oder einfach in einem Grünstreifen sitzen. Allein in den letzten Tagen wurde dem Tierarzt 25 dieser Vogel gebracht.
Allein gelassen nach dem ersten Flug
Der Grund: Mauersegler brüten bevorzugt in Mauerspalten unter Hausdächern. Dort staut sich aber, bei Temperaturen über 30 Grad, die Hitze so stark, dass die Jungtiere oft nur einen Ausweg sehen: den Sprung in die Tiefe.
Wer den Fall überlegt, dem droht jedoch ein qualvoller Hungertod, denn Mauerseglereltern füttern ihre Jungen nach dem Verlassen des Nestes nicht mehr. „Ein junger Segler fliegt aus und ist ab dem Zeitpunkt sofort auf sich allein gestellt. Dies ist aber nur eine Besonderheit von Seglern“, erklärt Lessing.
Endstation Boden
Noch dazu können Mauersegler vom Boden kaum wieder starten. Ihre sichelförmigen Flügel sind perfekt fürs Fliegen, aber nicht fürs Landen oder Abheben. Dafür sind ihre Beine einfach zu kurz. Laut Messing, sind Mauersegler reine Flugwesen. Sie essen, trinken, schlafen und paare sich in der Luft. Nur zum Brüten müssen sie landen. Hierfür suchen sie sich hohe Felswände, als Ersatzlebensraum hohe Gebäude, von denen sie sich einfach fallen lassen können, um Luft unter die Flügel zu bekommen.
Und genau dieser Niststandort bereiten den Tieren bei starker Hitze Probleme. In ganz Deutschland seien die Mauerseglerpflegestationen deswegen völlig überfüllt. So auch in Coburg.
Aufwendige Pflege
Angelika Lessing nimmt sich derzeit der jungen Mauersegler an. „Fütter, füttern und nochmals füttern“ ist die Devise für die nächsten Tage und Wochen. Alle halbe Stunde bis zu einer Stunde verlangen die Mauersegler nach Nahrung und vertilgen so pro Fütterung bis zu sieben Heimchen (Hausgrillen).
Diese werden in Wasser eingelegt, um den Vögeln beim Füttern gleichzeitig Flüssigkeit zuzuführen. Bei den Mauerseglern muss der Schnabel geöffnet werden und es erfolgt ein „Zwangsfüttern“. Davor wird der Vogel mit einem Tuch umwickelt, um das Federkleid nicht zu beschädigen. „Das kommt richtig teuer“, sagt Joachim Lessing. Die Kosten teilen sich der Landesbund für Vogelschutz und der Tier- und Naturschutzverein.
Mauersegler leben bei uns in der Regel von Anfang bis Mai bis Anfang August. Dann treten sie ihre lange Reise nach Afrika an. Mit ihrem schrillen, hohen Ton kündigen sie ihre Ankunft hier in Deutschland an. „Wenn ich das höre, weiß ich, dass Sommer ist“, sagte Angelika Lessing.
Nicht jeder Vogel braucht Hilfe
Der Verein sucht noch nach Helferinnen und Helfer, die bei der Pflege der Jungvögel unterstützen. Nachts schlafen die Tiere. So bleibt auch den Pflegeeltern Zeit zur Erholung. Eine genaue Einweisung findet vorher statt und natürlich wird auch das Futter mitgegeben.
Wichtig: Nicht jeder Jungvogel braucht Hilfe. Nur wer sicher ist, dass es sich um einen Mauersegler handelt, sollte eingreifen. Andere Jungvögel, die bereits befiedert sind, sollten besser sitzen gelassen werden. Diese werden in der Regel weiter von den Eltern versorgt.















