Schon 2017 machte sich der Pflegekräftemangel bemerkbar. „Das war der erste Jahrgang, in dem wir zu wenige Bewerber hatten und den Ausbildungskurs nicht voll bekommen haben“, sagt Brigitte Angermann, Geschäftsführerin des Kulmbacher Klinikums. Das habe verschiedene Ursachen. Ein wichtiger Grund sei, dass viele Frauen zum Beispiel nach der Familienphase gerne wieder beruflich einsteigen würden, es sich aber finanziell nicht leisten können, eine dreijährige Ausbildung zur Pflegefachkraft zu absolvieren. Genau hier setze ein Förderprogramm nach dem Qualifizierungschancengesetz der Bundesagentur für Arbeit an.
Kulmbach: Einstieg in den Beruf erleichtern
Das Programm soll Menschen auf vielseitige Weise den Einstieg in den Pflegeberuf erleichtern. „Wir fördern aktuell ein Drittel der Pflegeausbildungen in Bayern“, erklärt Birgit Obermaier, Teamleiterin Arbeitgeberservice bei der Agentur für Arbeit. Insbesondere Quereinsteiger oder Menschen mit ausländischen Ausbildungsnachweisen hätten über dieses Programm eine Chance, eine Ausbildung zur Pflegefachkraft zu absolvieren, ohne finanzielle Nachteile hinnehmen zu müssen.
Schulische Ausbildung zur Krankenschwester
So etwa Milica Zivkovic, die als eine von drei Frauen seit September in den Genuss dieser Förderung gekommen ist. In ihrer Heimat Serbien hatte die 26-Jährige bereits eine schulische Ausbildung zur Krankenschwester sowie ein dreijähriges Studium als Hebamme absolviert. Die praktische Anerkennungsprüfung hat sie jedoch nicht bestanden, als sie 2021 nach Deutschland kam. „Deutsch konnte ich damals schon in Serbien auf Niveau B1, in Deutschland habe ich die B2-Pflegeprüfung gemacht“, erklärt sie.
Pflegehelfer-Gehalt während der Ausbildung
Also arbeitete sie ein Jahr lang am Kulmbacher Klinikum als Pflegehelferin, musste dann visumsbedingt wieder vier Monate lang zurück nach Serbien, um im September 2022 ihre Ausbildung zur Pflegefachkraft aufzunehmen. Der Vorteil für sie durch die Förderung: Sie erhält das Gehalt einer Pflegehelferin über die gesamte Ausbildungsdauer.
Vom Einzelhandel in den Pflegeberuf
Zwei weitere Frauen würden ebenfalls seit September an dem Programm teilnehmen, informiert Pflegeschulleiterin Doris Pösch. „Eine Teilnehmerin kommt ursprünglich aus dem Einzelhandel und hat bei uns als Servicekraft gearbeitet und in die Pflege geschnuppert.“ Eine andere Teilnehmerin sei acht Jahre lang als Pflegehelferin in einer Personalagentur tätig gewesen und wollte sich gerne weiterqualifizieren, war aber auf das bisherige Einkommen angewiesen. „Wir unterstützen alle Interessenten sehr gerne“, betont Doris Pösch.
Nächster Ausbildungsbeginn ist Anfang September
Auch die Agentur für Arbeit stehe Interessierten mit einem Beratungsteam zur Seite. „Jetzt ist eine gute Zeit, sich beraten zu lassen und eventuelle Praktika zu absolvieren“, erklärt Birgit Obermaier. Dann könnten rechtzeitig vor Ausbildungsbeginn Anfang September alle Vorkenntnisse und die Eignung sowie gegebenenfalls Deutschkenntnisse überprüft werden.
Zertifizierung ist ausschlaggebend
„Ich bin so froh, dass wir dieses Förderprogramm haben – das zudem nicht nur auf die Pflegeberufe beschränkt ist“, sagt Birgit Obermaier. Wichtig sei es jedoch, dass der Ausbildungsberuf nach AZAV (Akkreditierungs- und Zulassungsverordnung für die Arbeitsförderung) zertifiziert ist. Die AZAV sei in der Ausbildung das, was der TÜV für den Lkw sei. „Im Bereich Pflege haben wir das Glück, dass wir mit der BRK-Fachschule in Stadtsteinach und dem Klinikum Kulmbach zwei zertifizierte Ausbildungsorte im Landkreis haben.“
Interessenten haben zwei Möglichkeiten
Für Interessierte gibt es zwei Schienen, über die Förderung eine Ausbildung zur Pflegefachkraft zu absolvieren: Entweder als Arbeitsloser mit direktem Einstieg in die Weiterbildung, oder der Einstieg als Helfer. Wie viel man individuell in der Ausbildung dann verdient, werde je nach Einzelfall ermittelt – auf jeden Fall ist es mehr als die Ausbildungsvergütung. „Und es gibt noch den zusätzlichen Anreiz einer abschlussorientierten Weiterbildungsprämie“, ergänzt Birgit Obermaier. Wer erfolgreich die Zwischenprüfung absolviert, erhält eine Prämie von 1000 Euro, bei bestandener Abschlussprüfung winken nochmals 1500 Euro.
Ausbildung in der Pflege
Hier bekommen Sie weitere Informationen
Interessierte können einen Beratungstermin mit der Agentur für Arbeit vereinbaren – per E-Mail an bayreuth.beratung@arbeitsagentur.de oder unter arbeitsagentur.de/vor-ort/bayreuth-hof/wir-investieren-in-ihre-zukunft. Eine Telefonsprechstunde findet jeden Donnerstag von 16 bis 18 Uhr unter 0921/887500 statt. Das Alter der Bewerber spiele keine Rolle, wichtig sei der Wille, „wir haben sogar eine 55-Jährige noch in der Pflege gefördert, eine sinnvolle Investition in die drei Jahre Ausbildung“, betont Brigit Obermaier. Interessierte Arbeitgeber wenden sich an Christiane Respondek unter Telefon 0921/887232, für alle gewerblichen Bereiche an Petra Schüler unter 0921/887316 oder per E-Mail bayreuth.arbeitgeber@arbeitsagentur.de.
Wer sich für eine Ausbildung am Klinikum Kulmbach interessiert, dem legt Pflegedienstleiter Sebastian Ditschek zum Schnuppern einen hausinternen Kurs zum Pflegehelfer ans Herz. Ab Mai werden in vier Wochen Theorie und zwei Wochen Praxis Kenntnisse vermittelt, um in der Pflege Fuß zu fassen. Darüber hinaus findet vom 20. bis 24. Februar für Schüler die „Winter School“ statt.
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