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Kommentar
Gürtelattacke: Es gibt ein Problem mit Gewaltvideos im Netz
Die Umfrage zeigt: Die Kulmbacherinnen und Kulmbacher vermissen ganz grundsätzlich etwas in ihrer Stadt.
Die Umfrage zeigt: Die Kulmbacherinnen und Kulmbacher vermissen ganz grundsätzlich etwas in ihrer Stadt. // BR/Edmund Möhrle
Kulmbach – Wie ist es um die Sicherheit in Kulmbach bestellt? Die Frage treibt nach Gewaltvideos in sozialen Medien viele um. Was niemand thematisiert: Warum filmt jemand und schickt das nicht an die Polizei?
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Es sind schreckliche, es sind eindrucksvolle Bilder: Ein zuletzt viral gegangenes Video vom Kulmbacher Altstadtfest zeigt die brutale Gewalt, mit der unter anderem ein Täter zwei Mal gegen den Kopf seines Opfers schlägt. Das bewegt etwas in einem. Wer so etwas macht, muss zur Rechenschaft gezogen werden. Kein Wunder, dass das in sozialen Medien schnell die Runde macht. Die Tat in Kulmbachs Stadtzentrum ist entsetzlich.

Eine der beiden Kernfragen

Im Fall der Gürtelattacke am Freitag das Altstadtfests hatte die Polizei Zeugen aufgerufen, sachdienliche Hinweise zu liefern. Den Vorfall hatte die Behörde sehr genau geschildert. Warum filmt man sowas, wenn man es der Polizei nicht zur Verfügung stellen will? Da gehört es hin.

Zehn Tage nach dem Vorfall erschien das Video online. Zehn Tage! Zehn Tage, in denen Ermittler gezielt nach den Tätern hätten suchen können. Zehn Tage, in denen die Polizei ihre Arbeit hätte machen können. Zeitnah zum Vorfall.

Zehn Tage, in denen das Video auf einem Mobiltelefon schlummerte. Wo es privat geteilt wurde, bis es dann seinen Weg an die Öffentlichkeit fand. Zehn Tage. Verlorene Tage für die Aufklärung.

Die Empörung im digitalen Raum bricht sich Bahn: Nirgends ist man mehr sicher. Das ist nicht mehr das schöne Kulmbach. Alles ist schlecht, nichts mehr gut. Warum macht niemand was? Warum nimmt keiner die Sorgen ernst? Es brauche Maßnahmen, wird gefordert.

Und nun das Skurrile: Es passiert was. Und trotzdem ist aus Sicht der Kommentatoren wieder alles Mist.

Die Stadt will eine dauerhafte Waffen- und Messerverbotszone einrichten. Das bedeutet zum Beispiel, dass die Polizei hier mehr Kompetenzen bekommt. Der Suff auf öffentlichen Flächen soll eingedämmt werden. Und langfristig sollen Streetworker unterwegs sein, die direkt auf Jugendliche im öffentlichen Raum zugehen sollen.

Trotz Maßnahme: wieder Aufregung

„Na, jetzt können ja alle beruhigt sein“ – „Na, als ob sich jemand dran hält“ – „Und wieder wird die Gesellschaft für absolut dumm verkauft!“. Also: Auch wieder alles falsch offenbar. Aufregung als Selbstzweck? Was müsste eine Kommune denn veranlassen, dass es reicht?

Was in der Diskussion so gar keine Rolle spielt, ist das Opfer. Möge sich jeder an die eigene Nase fassen. Wenn ich auf der Straße zwei kräftige Schläge mit dem Gürtel auf den Kopf kriegen und noch mit einem Gegenstand beworfen würde, würde ich mir wünschen, dass die Polizei das Video hat. Aber nicht, dass alle sehen, wie ich mir das Blut aus dem Gesicht wische.

Was passiert, wenn die eigenen Eltern oder Geschwister das sehen? Freunde? Arbeitskollegen? Der Chef? Hier wird jemand möglicherweise noch mal zum Opfer, obwohl er möglicherweise als Unbeteiligter hineingeraten ist. Denkt da jemand dran? Offenbar nicht.

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