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Arbeitgebertag
Arbeitgeber wollen Merz auch als «Wachstumskanzler»
Arbeitgebertag 2025
Der Kanzler bittet die Wirtschaft um Geduld. // Fabian Sommer/dpa
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Merz zeigt sich kämpferisch. // Fabian Sommer/dpa
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Arbeitsministerin Bas hat einen schweren Stand auf dem Arbeitgebertag. // Fabian Sommer/dpa
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Vizekanzler Klingbeil bleibt beim Rentenpaket hart. // Fabian Sommer/dpa
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Arbeitgeberpräsident Dulger sagt: Die Koalition muss liefern. // Fabian Sommer/dpa
von dpa
Berlin – Der Arbeitgebertag wird überschattet vom Streit ums Rentenpaket. Vor allem die Arbeitsministerin hat einen schweren Stand. Die Ungeduld in der Wirtschaft steigt.
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Die Wirtschaft stagniert, Unternehmen halten sich mit Investitionen zurück, die Koalition streitet über Sozialreformen: In der Wirtschaft wächst die Unzufriedenheit über die Bundesregierung - und die Ungeduld. Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger sagte beim Arbeitgebertag in Berlin an die Adresse von Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU): «Deutschland braucht Sie jetzt, und zwar als Wachstumskanzler.» 

Wirtschaft in der Krise

Nach zwei Rezessionsjahren in Folge wird für das laufende Jahr allenfalls ein Mini-Wachstum erwartet. Wegen Unsicherheiten halten sich Firmen mit Investitionen zurück - oder investieren lieber im Ausland. 2026 soll es zwar bergauf gehen - aber ein spürbarer Aufschwung ist nicht zu erwarten. «Keiner ist stolz darauf, dass Deutschland das Schlusslicht der wirtschaftlichen Entwicklung in Europa ist», sagte Dulger. 

Deutschland drohe international den Anschluss zu verlieren. «Deswegen brauchen wir jetzt Reformen.» Dulger forderte: Bürokratie runterfahren, Energiepreise auf breiter Front senken und vor allem den Anstieg der Sozialabgaben senken. Das Potenzial sei da: «Deutschland kann mehr.»

«Reform-Turbo»

«Alle in der Koalition brauchen mehr Ambition», sagte Dulger. «Wir sehen die Ansätze, wir sehen die Bemühungen, doch eine Wirtschaftswende, einen Reformturbo, oder gar eine ganze Reformjahreszeit, die haben wir bisher nicht ausmachen können.» Das zielte auf eine Aussage von Merz, der einen «Herbst der Reformen» angekündigt hatte. 

Mit Blick auf die starken Umfrageergebnisse der AfD sagte Dulger: «Das Vertrauen in die Parteien der Mitte wird zurückkehren, wenn die Probleme angepackt und gelöst werden.» Merz habe in der Außenpolitik gezeigt, wie notwendig und erfolgreich Veränderung sein könne. Der Kanzler habe in Europa wieder Vertrauen aufgebaut, das transatlantische Bündnis gestärkt und Deutschland auf der Weltbühne wieder zu einem verlässlichen Partner gemacht. «Klar ist aber auch, Stabilität nach außen braucht wirtschaftliche Stärke nach innen.» 

Merz bittet um Geduld

Immer wieder gibt es Kritik, Merz vernachlässige als «Außenkanzler» mit zahlreichen Auslandsreisen die Innenpolitik. Der Kanzler wies dies zurück. Er sprach auf dem Arbeitgebertag von geopolitisch großen Veränderungen und einer «brutalen Wirklichkeit»: Er nannte den Ukraine-Krieg, autoritäre Systeme auf der Welt, ein nach außen aggressiv auftretendes China und einen US-Präsidenten, der mit Zöllen versuche, «America first» durchzusetzen. Merz betonte die Bedeutung vor allem eines stärkeren Europas. «Das ist nicht ein Außenkanzler, der da irgendwo rumturnt und gerne Reisen macht.» Er verteidige als Kanzler das Fundament Deutschlands gegen alles von links und vor allem von rechts.

Merz bat die Wirtschaft um Geduld. «Die Bundesrepublik Deutschland ist kein Schnellboot. Die Bundesrepublik Deutschland ist ein Dickschiff, jedenfalls ein ziemlich großer Tanker, mit ziemlich großen Motoren. Aber auch einen solchen großen Tanker fahren Sie nicht innerhalb von wenigen Tagen wie ein Schnellboot mal eben im 180-Grad-Winkel in die andere Richtung.» Das brauche seine Zeit - besonders dann, wenn sich Strukturen über Jahre, wenn nicht Jahrzehnte verfestigt hätten. 

Die Regierung habe bereits vieles auf den Weg gebracht. Merz nannte steuerliche Entlastungen für Firmen, eine Wende in der Migrationspolitik, Maßnahmen für weniger Bürokratie und geringere Energiekosten. Diese würden ihre Wirkung entfalten. Er kündigte außerdem erneut Strukturreformen der Sozialsysteme an.

Bis wann Vertrauen in Merz?

Merz gilt als «Mann der Wirtschaft». Er war Chef des deutschen Ablegers des US-Investmentunternehmens Blackrock und Mitglied in der Führungsspitze des Wirtschaftsrats der CDU. In der Wirtschaft genießt der Kanzler deswegen einen Vertrauensvorschuss. Arbeitgeberpräsident Dulger sagte nach der Rede von Merz, man habe weiter Vertrauen in die Regierung und reiche Merz die Hand. Der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung» sagte Dulger vor dem Arbeitgebertag, er gebe der Bundesregierung Zeit - bis ins nächste Frühjahr.

Schwerer Stand für Bas

Auch Finanzminister Lars Klingbeil (SPD) verwies darauf, was die Koalition bereits auf den Weg gebracht habe. Die SPD sei bereit zu Reformen der Sozialsysteme, um sie zielgenauer und effizienter zu machen, sagte Klingbeil - räumte aber mit Blick auf die Arbeitgeber ein, es gebe einen Dissens, wie genau die Sozialreformen aussehen sollten. Klingbeil warb für einen Schulterschluss von Politik, Wirtschaft und Gewerkschaften.

Beim Rentenpaket wollen Klingbeil und Arbeitsministerin und SPD-Co-Chefin Bärbel Bas hart bleiben. Das Paket müsse so kommen, wie es das Kabinett beschlossen habe. Auch Merz verteidigte den umstrittenen Gesetzentwurf, den der CDU/CSU-Nachwuchs in aktueller Form ablehnt. Ohne die Junge Gruppe droht die Koalition keine Mehrheit für das Rentenpaket zu haben.

Bas hatte einen schweren Stand auf dem Arbeitgebertag. Bei ihrer Rede gab es kaum Applaus. Als die Arbeitsministerin mit Blick auf die Sozialpartnerschaft sagte, dass sie «im Gegensatz zu Ihnen» auch immer die andere Seite mit im Blick habe, gab es Protestrufe. Die Botschaft von Bas: auch sie sei offen für Reformen - aber der Sozialstaat dürfe nicht geschleift werden, denn das erschüttere Vertrauen in den Staat. Vom Sozialstaat profitierten auch Arbeitgeber, sagte Bas und nannte das Kurzarbeitergeld oder staatliche Mittel für Qualifizierung.

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