19.19 Uhr. Der Pager von Markus Jasinski piept und vibriert. Notfall in einem Seniorenzentrum. Der Notarzt hat vor rund zwanzig Minuten seinen Dienst begonnen, da wirft das Blaulicht bereits hektische Schatten in die Nacht. Rettungssanitäter Tom Ruder steuert das Auto durch die verwinkelten Straßen Bambergs. Vor ihnen kurvt der Rettungswagen mit heulenden Sirenen.
Unfallchirurg Jasinski ist routiniert, für den 40-Jährigen gehören solche Einsätze zum Alltag. Sechs bis sieben Dienste absolviert er im Monat – zusammen mit dem Bayerischen Roten Kreuz oder dem Malteser Hilfsdienst. Meist Zwölf-Stunden-Schichten: von 7 bis 19 Uhr oder von 19 bis 7 Uhr. „In manchen Nächten sind es bis zu zehn Einsätze“, erzählt er.
Verein für Notfallmedizin will modernere Ausstattung
In seinen zehn Jahren als Notarzt habe er sich oft eine modernere Ausstattung gewünscht. In Bayern sind Notarzteinsatzfahrzeuge und Rettungswagen mit einer standardisierten Basisausstattung versehen. „Das ist eine Grundversorgung“, sagt Jasinski. „Doch viele Hilfsmittel, die in anderen Bundesländern oder international zum Standard gehören – etwa Videolaryngoskope oder mobile Ultraschallgeräte – stehen uns bislang nicht zur Verfügung.“
Markus Jasinski und rund zwanzig Notärzte sowie Rettungsdienstmitarbeitende haben 2024 den Verein für Notfallmedizin gegründet. „Wir wollen nicht nur Standard-Notfallmedizin anbieten, sondern eine hochklassige Versorgung“, sagt Jasinski, der Präsident des Vereins ist. Ziel sei es, die Qualität der Versorgung zu verbessern – durch ein breiteres Angebot an Fortbildungen und hochwertigeres medizinisches Equipment.
Franken helfen Franken sammelt Spenden für mobiles Ultraschallgerät
Besonders wichtig für lebensrettende Diagnosen direkt am Einsatzort sei ein mobiles Ultraschallgerät. An dem Notarztstandort Bamberg gibt es bereits eines, in Scheßlitz wird noch eines benötigt. Die Kosten für ein solches Gerät liegen bei etwa 5000 bis 7500 Euro. Die Mitglieder des Vereins hoffen, dieses durch Spenden finanzieren zu können.
Laut einem Bericht des Deutschen Ärzteblattes kann ein Ultraschallgerät im Notarzteinsatzfahrzeug maßgeblich dazu beitragen, zeitnah die richtige Diagnose zu stellen und damit die passende Therapie einzuleiten. Notärzte erhielten somit einen schnellen Überblick über den Zustand einer Person, was bei unklaren Befunden, bei denen man oft mehrere Erkrankungen mitbedenken muss, hilfreich sein kann.
Mit einem mobilen Ultraschallgerät kann bereits am Einsatzort festgestellt werden, ob eine Person im Bauchraum blutet, das Herz bei einem Infarkt ausreichend pumpt oder die Lunge kollabiert ist. Mit der passenden Diagnose können Betroffene gezielt in die richtige Spezialklinik eingewiesen werden.
Wie ein mobiles Ultraschallgerät helfen kann
Markus Jasinski kennt Situationen, in denen ein mobiles Ultraschallgerät wertvoll gewesen war. Er erinnert sich an einen Unfall auf dem Berliner Ring: Ein Rollerfahrer wurde von einem Auto erfasst, Fahrer hatte mehrere gebrochene Rippen und ein schweres Schädel-Hirn-Trauma. „Er musste intubiert werden“, sagt Jasinski. Dann kollabierte die Lunge. Spannungspneumothorax. Engegefühl im Brustkorb. Schneller Puls. Atemnot.
Jasinski setzte einen Schnitt auf Höhe des Brustkorbs, führte einen Schlauch zwischen die Rippen, legte eine Drainage, damit die Lunge sich wieder entfalteten kann. „In solchen Fällen können ein bis zwei Minuten über Leben und Tod entscheiden“, sagt der Notarzt. „Mithilfe des Ultraschalls konnten wir schnell die Diagnose sichern.“
Video: Notarzt Markus Jasinski über den Mehrwert eines mobilen Ultraschallgeräts
Umgang mit schwierigen Situationen
Kurz nach 22 Uhr, ein weiterer Notfall. „Kind“, steht auf dem Pager. Verdacht auf Hirnhautentzündung, der sich nicht bestätigt. Gegen Mitternacht, der nächste Notruf. „Reanimation“, steht auf dem Display. Es muss schnell gehen. Als das Team eintrifft, ist der Senior, ein Palliativpatient, bereits im Kreise seiner Familie gestorben.
Bei Einsätzen blende der Notarzt Gefühle oft aus. „Dann zählt nur der Patient“, sagt er. Doch später, zu Hause, denke er manchmal an die Angehörigen, die im Hintergrund standen und deren Sorgen er in der akuten Situation nicht auffangen konnte. Solche Gedanken begleiten ihn, auch wenn die Routine vieles abfedere. Jasinski tausche sich oft über das Erlebte aus – „das helfe“ – mit Kollegen, mit seiner Familie. Sein Vater war Notarzt, sein Bruder ist Notarzt. „Die Gespräche beim Essen sind nicht die appetitlichsten“, scherzt er.
24-Stunden-Schichten aus Krankenhaus gewohnt
Die Nacht verläuft ruhig. In dieser Zeit können sich die Einsatzkräfte in Zimmern der BRK-Wache am Paradiesweg schlafen legen. Kurz vor Dienstende: Notruf im Landkreis. Die Fahrt würde von der Wache fast 40 Minuten dauern. Für eine schnellere Versorgung vereinbaren Notarzt und Rettungswagen ein „Rendezvous“, eine Einsatztaktik für kürzere Wege: Der Rettungswagen fährt mit dem Patienten dem Notarzt entgegen. Sie treffen sich an einer Tankstelle. Jasinski überweist den Patienten ins Krankenhaus. Dann trennen sich die Wege. Es ist kurz nach 7 Uhr.
Für Markus Jasinski beginnt jetzt der Alltag in seiner unfallchirurgischen Praxis in der Pödeldorferstraße. Rund 80 Patientinnen und Patienten wollen behandelt werden. 24-Stunden-Schichten sei er aus dem Krankenhaus gewohnt. „Aber an Tagen nach Notarzt-Einsätzen arbeite ich nur bis 14 Uhr“, sagt er, „und operiere nicht.“
Wollen Sie den Verein für Notfallmedizin unterstützen?
Ein medizinischer Notfall kann jeden treffen. Um bestens ausgestattet zu sein, sammelt der Verein für Notfallmedizin Spenden für ein mobiles Ultraschallgerät – und wird von „Franken helfen Franken“ unterstützt. Jede Spende hilft!
Spendenkonto: Mediengruppe Oberfranken – Franken Helfen Franken e. V.
Sparkasse Bamberg: IBAN DE 62 7705 0000 0302 1945 01, BIC BYLADEM1SKB
Verwendungszweck: Notfallmedizin




















