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Schwere Verletzungen
Hunde-Attacke: Forchheimer Familie leidet unter den Folgen
Einer der beiden Hunde der Familie Leuker hat beim Angriff einer Dogge ein Auge verloren.Forchheim & Fränkische Schweiz
Einer der beiden Hunde der Familie Leuker hat beim Angriff einer Bulldogge ein Auge verloren. // Leuker
Forchheim – Eine elfjährige Forchheimerin wurde von einem aggressiven Hund verletzt, ihre eigenen Tiere wurden schwer verwundet. Die Familie fühlt sich nach dem Vorfall von den Behörden alleine gelassen – erlebt aber viel Zuspruch.

Seit Ende Oktober lebt die Familie Leuker in einem Albtraum. Die elfjährige Tochter von Melanie und Christian Leuker ist beim Spaziergang mit ihren beiden Havaneser-Hunden von einer Bulldogge angegriffen worden. Das Mädchen trug Verletzungen am Arm davon, die Hunde Levi und Rufus sind von der Dogge beinahe zerfleischt worden.

„Äußerlich sind die Wunden am Arm verheilt“, sagte Christian Leuker dem FT am Montag. Die „Traumabewältigung“ habe aber erst begonnen. „Es sind die Geräusche des Angriffs, die unserer Tochter nicht mehr aus dem Kopf gehen.“

Was die Forchheimer Familie besonders belastet: Nach der Hundeattacke ist es seltsam still um den Fall geworden. Die Polizei frage nicht nach, und auch von Seiten des Amtes „kommt nix“. Zudem sei der Halter der aggressiven Bulldogge nicht bereit, für den Schaden geradezustehen. Die Kosten für die Notoperationen, die Levi und Rufus das Leben gerettet haben, drohen an den Betroffenen hängenzubleiben.

Wer kommt für die 14.000 Euro auf?

Er sei, sagt Christian Leuker, weder bereit noch in der Lage, die OP-Kosten von rund 14.000 Euro zu begleichen. „Weil ich der Auftraggeber bin, verlangt die Tierklinik, dass ich die Rechnung bezahle. So wird man als Opfer zum Täter gemacht. Mir fehlt in dieser Sache die Gerechtigkeit.“

Tatsächlich scheint eine gerechte Lösung in weiter Ferne zu liegen. Wie Christian Stretz (Stellvertretender Dienststellenleiter der Zentralen Einsatzdienste in Bamberg) dem FT sagte, werde nach der Hundeattacke wegen fahrlässiger Körperverletzung ermittelt. „Zum aktuellen Ermittlungsstand kann ich nichts sagen, weil noch verschiedene Vernehmungen ausstehen.“ Der Fall werde in den nächsten Tagen bei der Staatsanwaltschaft landen.

Wie wird das Ordnungsamt entscheiden?

Doch was passiert bis dahin mit dem Hund, der wiederholt andere Hunde und nun auch einen Menschen angegriffen hat? „Unsere Hundeführer sind keine Gutachter“, betont Christian Stretz. Ob das fragliche Tier ein Kampfhund ist und wenn ja, welche Rasse – das könne letztlich nur ein Gentest klären. „Wir nehmen in der Regel keine Hunde weg“, stellt Stretz klar. „Nur das Ordnungsamt kann entscheiden, dass der Hund weg muss.“

Und wie hat das Forchheimer Ordnungsamt entschieden? Eine entsprechende FT-Anfrage beantwortet die städtische Pressestelle nicht: „Da es sich bei dem aktuellen Fall um ein laufendes Verfahren handelt, bitten wir um Verständnis, dass wir uns dazu nicht weiter äußern.“ Die Stadt verweist lediglich auf ihre Satzung, die den Umgang mit Kampfhunden regelt.

Demnach gibt es in Forchheim 24 Hunde, die in die Kategorie „gesteigerte Aggressivität und Gefährlichkeit“ fallen. Bei diesen 24 Hunden werde „die Eigenschaft als Kampfhund vermutet“. Die Vermutung, so schreibt es die Satzung der Stadt vor, kann nur durch ein Gutachten erhärtet werden, das von einem öffentlich bestellten Sachverständigen erstellt sein muss.

Verursacher muss angehört werden

Die Stadt Forchheim könnte also den aggressiven Hund aus dem Verkehr ziehen. Doch vorher müsste das Ordnungsamt Zeugen hören; die Polizei müsste um eine Stellungnahme gebeten werden und auch der „Verursacher“ müsste angehört werden. Selbst wenn der Halter seinen Kampfhund am Ende abgeben müsste, bliebe die Geschichte kompliziert.

Denn solche Tiere sind erfahrungsgemäß kaum unterzubringen, weiß Christine Schneider, die Leiterin des Forchheimer Tierheims. „Wir jedenfalls nehmen solche Hunde nicht, weil wir sie nicht mehr loskriegen.“ Kampfhunde seien kaum vermittelbare „Langzeitsitzer“. Wenn man sie überhaupt loswerde, dann nur nach wochenlangen Telefonaten.

Hunde wie Waffen

Für Christian Leuker klingt das alles sehr unbefriedigend. Er versteht nicht, warum die Haltung gefährlicher Hunde in den Städten überhaupt erlaubt sind. Und warum der Gesetzgeber die Halter nicht verpflichte, ihre Hunde zu versichern. Selbst er habe seine ungefährlichen, maximal fünf Kilo leichten Havaneser versichert.

„Warum muss ein Kampfhunde-Halter keine Versicherung abschließen? Kampfhunde sind Waffen. Gäbe es eine Versicherung, wäre jetzt wenigstens die Kostenfrage geklärt.“

Die inkonsequente Handhabung der Hundeattacke durch die Behörden gehe ihm „nicht in den Kopf“, sagt Christian Leuker. Die Freundin des Hundehalters, die an jenem Samstagabend im Oktober die Kontrolle über die Bulldogge verloren hatte, sei offensichtlich überfordert gewesen.

„Es kann nicht jeder jeden Hund haben“, kritisiert Leuker. Ratlos ist er auch deshalb, weil die „Hundeführerin“ nur anfänglich Verständnis gezeigt habe: „Obwohl sie es versprochen hat, hat sie sich dann um nichts mehr gekümmert. Mittlerweile ist sie aus der Gegend verschwunden.“

Forchheimer zeigen Solidarität

Ein bisschen Trost immerhin gibt es für die Leukers: Die beiden Familien-Hunde können weiterleben, wenn auch einer der beiden ein Auge verloren hat. Trostreich ist zudem die Solidarität vieler Forchheimer Bürgerinnen und Bürger, die auf eine Kampagne von Nicole Roppelt reagieren. Um der Familie zu helfen, die „vollkommen unverschuldet in eine finanzielle Schieflage“ geraten sei, hat Roppelt eine Spendenaktion organisiert.

Zudem übt sie Kritik an den Behörden: „Gerade, weil ein Kind verletzt wurde, verdient der Vorfall wesentlich mehr Aufmerksamkeit“, sagte Nicole Roppelt dem FT. Ihre Spendenkampagne (www.gofundme.com/f/spende-fur-levi-und-rufus) hat bislang rund 1700 Euro eingebracht. Fehlen noch 12.300 Euro ...

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