Kinokultur Capitol Kino Zeil erneut ausgezeichnet Bruno Schneyer (rechts) betreibt seit 1984 das Capitol Kino Zeil. Auf seine rechte Hand Rainer Winkel kann er seit über 25 Jahren zählen. Der Film „The Social Experiment“ läuft samt Halloween-Party nächste Woche. // Günter Flegel Alles richtig gemacht: Bruno Schneyer und Rainer Winkel freuen sich über den Preis in der Kategorie „Allgemeines Jahresfilmprogramm“ fürs Capitol Kino. // Günter Flegel Im Capitol Kino Zeil wird „The Social Experiment“ des gebürtigen Haßfurters Kai Steinmetz am 31. Oktober und 1. November gezeigt. // Günter Flegel Bruno Schneyer und Rainer Winkel tüfteln am Kinoprogramm. // Günter Flegel von Irmtraud Fenn-Nebel TEILEN  27.10.2022 Zeil am Main – Das Capitol-Theater in Zeil hat die Corona-Krise gut gemeistert. Jetzt plagen andere Sorgen das Team hinter der großen Leinwand. Wenn es nicht so „tierisch Spaß“ machen würde, dann … ja dann, hätte Bruno Schneyer schon längst aufgegeben. Aber wenn die Zuschauer aus der Vorstellung kommen und er ihnen ansieht, dass der Film eine Freude war: „Das reicht für den Kinobetreiber. Dann hat er alles richtig gemacht.“ Dass er richtig liegt, zeigen auch die jährlichen Auszeichnungen für sein Capitol-Theater in Zeil. Gerade erst ist Schneyer mit einem Preis der Bundesregierung aus Berlin zurückgekommen.Kulturstaatsministerin Claudia Roth zeichnete 209 Programmkinos für ihren Spielplan im Vorjahr aus. Dabei zeigte sich: „Frankens Kinos sind top“, sagt Schneyer. Er erhielt seinen Preis in der Kategorie „Allgemeines Jahresfilmprogramm“. Seine Kollegen vom Bamberger Lichtspiel hatten das beste Dokumentarfilmprogramm geboten, im Casablanca Ochsenfurt überzeugte das Kurzfilmprogramm als das beste in Deutschland. Seit 14 Jahren Preise fürs CapitolDie Unterstützung aus Berlin ist dem Zeiler Kinobetreiber höchst willkommen. Seit zwölf Jahren in Folge ist er bei der Prämierung auf Bundesebene dabei, sogar noch zwei Jahre länger profitiert er von der Kinoförderung des FilmFernsehFonds (FFF) Bayern. Doch so sehr sich Schneyer über die Finanzspritzen freut: „Wenn das Landleben aufgewertet werden soll, ist es aber wichtig, dass das Kino als Kultureinrichtung besser gewertschätzt wird“, fordert Schneyer. „Wir sind in Zeil einer der wenigen Kulturplätze, die es überhaupt gibt. Wir bemühen uns, Präsenz zu zeigen und stellen wirklich viel auf die Beine.“ Der 62-Jährige berichtet aus 2019, dem Jahr vor dem vermaledeiten Corona: „Da hatten wir 1189 Veranstaltungen mit über 20.000 Besuchern inklusive vieler Kino-Open-Airs an unterschiedlichsten Spielorten wie direkt unter dem Baumwipfelpfad in Ebrach.“ Elf Filme in einer Woche auf einer LeinwandSeit er 1984 das Capitol übernommen hat, arbeitete Schneyer kontinuierlich am Ausbau des Programms. „Wir versuchen, auf einer Leinwand so viel Angebot zu schaffen wie möglich. Das können in einer Woche wie aktuell elf verschiedene Filmtitel sein.“ Zusätzlich gibt es immer wieder Sonder-Veranstaltungen wie die Filmtage Ebern, Kooperationen mit Schulen und anderen Einrichtungen sowie Cinema-Concerts, die Schneyer besonders gerne organisiert. Auch die Förderung junger Filmemacher liegt ihm am Herzen, weshalb er für Halloween den früheren Ballhaus-Discobetreiber Kai Steinmetz eingeladen hat: Der Hofheimer bildet mit seinem Erstlingswerk als Produzent mit „The Social Experiment“ ein jugend-affines Thema ab: Eine Gruppe Jugendlicher geht in einen Escape-Raum – und gerät in Todesgefahr. Der Film ist Unterhaltung und Aufklärung zugleich, weshalb das Regiomontanus-Gymnasium schon eine Sondervorstellung gebucht hat und Schneyer bereit ist für weitere Schulanfragen. Das Capitol zeigt den Film samt Halloween-Party am 31. Oktober. „Mit solchen Events können wir punkten“, sagt Schneyer. Er könne stets flexibel reagieren, weil er kein Monatsprogramm druckt. Die Filme werden von Woche zu Woche disponiert, alle Infos dazu auf der Homepage und in den sozialen Medien veröffentlicht. So langsam geht es um die NachfolgeBei der Umsetzung hilft ein Team aus zehn Minijobbern und zwei Mediengestaltern, seine „rechte Hand“ Rainer Winkel steht ihm seit über 25 Jahren zur Seite. „Ganz schön viel Personal“, sagt Schneyer und schmunzelt. Er ist stolz auf sein Team, auf das er immer zählen kann. „Kino heißt oft 24/7, wenn das Angebot interessant sein soll“, erklärt der Betreiber, der sich jetzt schon Gedanken um die Nachfolge macht und vermutet: „Das wird schwer.“ Um den Rund-um-die-Uhr-Job zu bewältigen, brauche es eine Menge Idealismus. Doch die Kosten im Personalbereich sind ebenso gestiegen wie die Energiepreise explodieren. Sorgen wegen der Kosten„Happy sind wir Kinobetreiber im Moment alle nicht. Es stellt sich die Frage, wie das im Winter noch funktionieren soll, wenn Familien so viel Geld in Heizung und Strom stecken müssen.“ Da werde kaum was übrigbleiben, um ins Kino zu gehen. „Wenn Eltern mit zwei Kindern am Sonntagnachmittag zu ermäßigten Preisen ins Kino kommen, sind sie fast einen Fuffi los. Und da hat nur jeder Zweite eine Tüte Popcorn in der Hand.“ Trotzdem braucht Schneyer Gäste aus der gesamten Breite der Gesellschaft, um den Betrieb aufrecht erhalten zu können. „Das spezielle Generieren von Zielpublikum ist verdammt schwer. Und bestimmte Besucherschichten aus der Vor-Corona-Zeit konnten wir noch nicht wieder aktivieren. Manche bleiben lieber daheim auf dem Sofa und gucken Streaming. Die andere Gruppe sind die Älteren und Vorsichtigen, die geschlossene Räume suspekt finden.“ Branche leidet am medialen OverkillDarüber hinaus leidet die Branche am „medialen Overkill“, wie Schneyer es nennt. „Die Art des Mediums spielt schon gar keine Rolle mehr, weshalb sich das auch aufs Kino auswirkt. Immer mehr Leute wollen kein lineares TV und Nachrichten mehr sehen und hören. Die Leute wollen ihre Ruhe.“ Deshalb gilt umso mehr die Devise, ob in Zeil oder Bamberg, Ochsenfurt oder Schweinfurt: „Wir regionalen Kinobetreiber versuchen, die Qualitätslatte so hoch wie möglich zu legen, um uns deutlich abzuheben von dem vielen Mist, der angeboten wird.“ Alle haben ein gutes Verhältnis untereinander. Die Bamberger zum Beispiel, erzählt Schneyer, schicken immer mal wieder Zuschauer nach Zeil, wenn der Film bei ihnen schon durch ist oder gar nicht im Programm. So macht Kino halt: tierisch Spaß. Dem Betreiber und den Gästen. Konzert und Premiere im ProgrammDas nächste „Cinema Concert“ im Capitol Zeil findet am Freitag, 28. Oktober, statt. Um 19.30 Uhr spielen der Nürnberger Klaus Brandl und Band. Reservierungen werden im Kino unter Telefon 09524/1601 entgegengenommen. Am 31. Oktober (und 1. November, 17 Uhr) gibt es im Capitol die Hassberg-Premiere von „The Social Experiment“. Die After-Show Party ist in Planung. Online-Tickets unter kino-zeil.de sowie telefonisch unter 09524/1601.