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Safe Space
Sicher auf der Bergkirchweih dank Pinker Streifen
Claudia Siegritz vom Safe Space des Erlanger Bergs
Claudia Siegritz vom Safe Space des Erlanger Bergs // Andreas Wolfger
Erlangen – Zum dritten Mal in Folge gibt es auf dem Erlanger Berg heuer einen Safe Space für Frauen und Mädchen. Männer haben hier keinen Zutritt. Oberbürgermeister Florian Jannik ist von dem Konzept überzeugt.

Feste wie der Erlanger Berg gehen für Frauen und Mädchen oftmals mit einem Unsicherheitsgefühl einher. Enthemmt durch Alkohol, kommt es immer wieder zu unangenehmen Situationen mit männlichen Feiernden. Um Besucherinnen eine sichere Anlaufstelle zu bieten, hat die Stadt Erlangen daher beschlossen, heuer zum dritten Mal in Kooperation mit der Beratungsstelle Frauennotruf einen Safe Space für Frauen und Mädchen anzubieten. Täglich von 17 bis 24 Uhr wird dieser während des Volksfestes in den Räumen der Evangelischen Kirchengemeinde in der Bayreuther Straße 11 zu finden sein.

Safe Space gut besucht

„Es freut mich, dass sich der Safe Space inzwischen auch in den Köpfen vieler Erlangerinnen etabliert hat“, berichtet Claudia Siegritz vom Frauennotruf Erlangen. Zu erkennen sei dies unter anderem daran, wie oft Frauen von der Einrichtung Gebrauch gemacht hätten. „Wir hatten insgesamt 90 Personen, die bei uns um Hilfe gebeten haben“, erzählt sie. In 36 dieser Fälle sei es zu einem Beratungsgespräch gekommen.

Erlanger Bergkirchweih 2023
Erlanger Bergkirchweih 2023 // Katharina Steinhäuser

Die Gründe hierfür seien vielfältig gewesen und hätten sexueller Belästigung über Gewalt in der Partnerschaft bis zu persönlichen Krisen umfasst. „Zweimal sind auch junge Frauen zu uns gekommen, weil sie unter Alkoholeinfluss sexuelle Kontakte hatten, von denen sie im Nachhinein erklärten, dass sie nur bedingt freiwillig waren“, erinnert sich die Fachberaterin. Andere seien vorbeigekommen, weil sie ihre Gruppen, mit denen sie unterwegs gewesen seien, verloren hätten oder um ihr Handy zu laden.

30 Ehrenamtliche unterwegs

Neben dem Safe Space werden zudem auf und abseits des Festgeländes auf Feierhotspots - etwa dem Bürgermeistersteg - auch wieder 30 ehrenamtliche, speziell geschulte  Helferinnen mit pinken Westen patrouillieren. „Diesmal haben wir Ehrenamtliche im Alter zwischen 20 und 48 Jahren und sogar einige, die bereits in den Vorjahren mitgemacht haben“, erklärt Siegritz. Sie sollen Frauen als Ansprechpartnerinnen dienen, die möglicherweise Hemmungen haben, einen männlichen Polizisten oder Sicherheitsmann anzusprechen. Außerdem werden sie wieder Hygieneartikel für Frauen mit sich führen.

„Ich bin selbst Vater einer 14-jährigen Tochter und weiß daher, wie wichtig ein solches Angebot ist“, erklärt Erlangens Oberbürgermeister Florian Jannik (SPD). Aus diesem Grund sei es für ihn eine Selbstverständlichkeit, dass die Stadt die Kosten von rund 20.000 Euro für das Projekt übernehme. „In Anbetracht der übrigen Posten, die eine solche Veranstaltung mit sich bringt, ist das ein vergleichsweise geringer Betrag“, betont er. Der Effekt für Besucherinnen sei jedoch enorm. Folglich empfehle er es anderen Städten, für ihre Volksfeste ähnliche Konzepte zu entwickeln.

Toiletten auf dem Bürgermeistersteg

„In Bezug auf den Bürgermeistersteg haben wir im vergangenen Jahr gelernt, dass hier in diesem Jahr einiges anders laufen muss“, berichtet der Oberbürgermeister. Damit sei jedoch nicht gemeint, dass man verhindern wolle, dass junge Menschen sich dort träfen. „Wenn wir versuchen, sie von dort zu vertreiben, suchen die sich nur einen anderen Ort“, erklärt er. Vielmehr gehe es darum, die Sicherheit und Aufenthaltsqualität während des Berges zu steigern.

Erlangen Bergkirchweih 2023Erlanger Bergkirchweih 2023
Bergkirchweih 2023 Anstich // Ronald Rinklef

So etwa sollten neben dem Sicherheitsdienst auch die Pinken Streifen ihre Präsenz hier deutlich steigern. Darüber hinaus seien auch Jugendsozialarbeiter vor Ort, um Jugendliche in schwierigen Situationen zu unterstützen. Außerdem würden während der Bergkirchweih größere Müllbehälter und kostenlose Toilettenanlagen aufgestellt. So müssten junge Frauen sich nicht mehr in die Büsche schlagen, um ihre Notdurft zu verrichten, und dadurch verwundbar für sexuelle Übergriffe machen.

Schausteller und Wirte unterstützen

„Während des Festes stehen wir in engem Kontakt und Abstimmung mit der Polizei, den Sicherheitsdiensten und dem Rettungsdienst“, erklärt Claudia Siegritz. Käme es zu Problemen, seien das Team vom Safe Space und die Pinken Streifen so stets auf dem Laufenden und bereit zu unterstützen. Nachdem manch einer das Projekt anfangs etwas schief beäugt habe, bestehe inzwischen Zuspruch aus den meisten Lagern. „Auch die Wirte und Schausteller stehen inzwischen voll hinter uns und haben erkannt, dass wir dazu beitragen, den Berg für Besucher attraktiv zu machen“, berichtet sie.

Richtige Angriffe gegen den Safe Space habe es bisher keine gegeben. „Im vergangenen Jahr hatten wir es lediglich einmal, dass eine Gruppe junger Männer versucht hat, einen Wettbewerb daraus zu machen, sich Zutritt zum Safe Space zu verschaffen“, erinnert Siegritz sich. Gelungen sei es jedoch keinem von ihnen.

Auch Männern wird geholfen

„Das heißt nicht, dass wir nicht auch für Männer oder queere Personen ein offenes Ohr haben, wenn sie akute Probleme haben“, betont die Fachsozialarbeiterinnen. So sei im vergangenen Jahr etwa auch ein junger Mann auf sie zugekommen, um mit ihr eine traumatische sexuelle Erfahrung zu teilen. In solchen Fällen gebe es selbstverständlich die Möglichkeit einer Erstberatung. Danach würden Betroffene jedoch an Angebote weitervermittelt, die besser auf ihre individuelle Situation vorbereitet seien.

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