Im Landkreis Kronach lebten über mehrere Jahrhunderte hinweg in zahlreichen Orten Juden mit einer eigenen religiösen Infrastruktur. Hierzu gehörten auch Mikwen, die zur rituellen Reinigung dienten. In einem Radius von weniger als zehn Kilometern um Kronach haben sich in insgesamt drei Orten Ritualbäder aus dem 18. Jahrhundert erhalten.
Neben dem sogenannten „Zapfenhaus“ in Mitwitz befindet sich eine dieser Mikwen in Küps im Keller des Gebäudes Am Hirtengraben 10. „1988 wurde das historische Wohnhaus abgebrochen und durch einen Neubau ersetzt“, informiert Christian Porzelt. Das Tauchbad aus dem frühen 18. Jahrhundert im Keller blieb erhalten und wurde saniert. Ein weiteres jüdisches Ritualbad hat sich in Friesen im Keller des Anwesens Am Plan 15 erhalten. Ein Kaufbrief aus dem Jahr 1793 belegt erstmals seine Existenz. Das ehemalige Tauchbecken ist aktuell noch mit Erde verfüllt und mit Ziegelsteinen abgedeckt. Eine Freilegung steht noch bevor. Da sich die beiden Wohnhäuser in Küps und Friesen in Privatbesitz befinden, sind die Mikwen für die Öffentlichkeit nur bedingt zugänglich.
„Im Rahmen des Bundesprogramms ,Demokratie leben!‘ haben wir von den Kellern in beiden Anwesen einen 3D-Scan erstellen lassen, der einerseits den aktuellen Zustand dokumentiert und andererseits einen virtuellen Rundgang ermöglicht“, erzählt der Historiker, der das Projekt federführend betreut. Neben ihm sind insbesondere auch Odette Eisenträger-Sarter, Vorsitzende des Aktionkreises Kronacher Synagoge, Kreisheimatpfleger Dr. Robert Wachter sowie Heidi Hansen von der Krieger- und Soldatenkameradschaft Friesen involviert. Für den „Tag des offenen Denkmals“ 2020 waren bereits 3D-Innenaufnahmen der Kronacher Synagoge und des „Zapfenhauses“ in Mitwitz entstanden. Christian Porzelt hatte damals Konstantin Gayvoronski, Inhaber von „Virtuelle 3D Rundgänge in Nürnberg“ für die Aufnahmen gewinnen können. Gayvoronski scannte auch heuer mittels einer innovativen 3D-Kamera die Mikwen in Friesen und Küps vollständig und bildete sie originalgetreu zu einem digitalen Raum nach. Mit Hilfe der verschiedenen Ansichtsmöglichkeiten kann sich der Nutzer dabei virtuell durch das komplette Gebäude navigieren. Die 3D-Aufnahmen des Zapfenhauses und der Synagoge sind nach wie vor auf der Homepage des Aktionskreises Kronacher Synagoge einsehbar.
Den gleichen großen Zuspruch wünschen sich die Verantwortlichen nunmehr auch für die beiden neuen virtuellen Rundgänge. „Gerade im Zusammenhang mit dem aktuellen Jubiläumsjahr ,1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland‘ erhoffen wir uns ein breites öffentliches Interesse“, erklärt Odette Eisenträger-Sarter, der die Bewahrung des jüdischen Erbes ein großes Anliegen ist.
Durch die Gebäude klicken
Durch die Bereitstellung entsprechender Links können sich Interessierte auf der ganzen Welt durch die Gebäude klicken. Die technischen Möglichkeiten weiß auch Heidi Hansen zu schätzen. Derzeit ist der Verein mit der Erschaffung eines „Judenwegs“ in Friesen beschäftigt, nachdem zwischen dem 17. und 20. Jahrhundert dort knapp ein Viertel der Bevölkerung mit jüdischem Glauben lebte. Mit dem Weg möchte man an die damaligen jüdischen Familien wie auch an das dörfliche Zusammenleben von Juden und Christen erinnern. Auf dem Rundgang durch das Dorf sind noch verschiedene Judenhäuser sowie Überreste des Rittergutes zu sehen. Auch das Gebäude Am Plan 15 mit seiner Mikwe wird Bestandteil dieses „Judenwegs“.
Von der Detailliertheit und Qualität der 3D-Aufnahmen der beiden Mikwen sind die Beteiligten fasziniert. Die beiden neuen virtuellen Rundgänge können ab Sonntag ebenfalls auf der Website des Aktionskreises Kronacher Synagoge https://synagoge-kronach.de/3d-rundgang abgerufen werden. Hierzu sind alle Interessierten herzlich eingeladen.
Eine Beschreibung der Küpser Mikwe gibt es von Eva Greus-Lau: Der Kellerraum, in dem der Abgang zur Mikwe beginnt, liegt 0,7 m unter dem jetzigen Straßenniveau. Er hat einen Grundriss von 6,47 x 5,7 m. Die 0,9 m starken Wände waren früher verputzt. Jetzt sind die grob behauenen unregelmäßigen Sandsteinblöcke sichtbar, die sich in einem Gewölbe von 2,85 m Höhe schließen. Der mit Steinplatten bedeckte Boden öffnet sich in der linken hinteren Ecke zu dem Mikwen-Abgang, der mit einer steilen Treppe 3,7 m hinabfährt. Das Tauchbecken misst 1,39 m x 1,16 m und hat nur noch Grundwasser in Höhe von rund 20 cm. Auch hier ist der Wasserspiegel im Verhältnis zu früher ein beträchtliches Stück abgesunken. An Nischen sind neben zwei kleineren im unteren Bereich, die sicherlich zum Laternen abstellen dienten, eine größere am Beginn des Abstiegs zu erwähnen, die groß genug für einen Sitzplatz erscheint. Ein paar Löcher 20 mm x 20 mm weisen auf ein ehemaliges Treppengeländer hin.