Blumen: hingetupft oder hingeschmiert. Mit dem Spachtel. Oder zartfein aufgetragen. Acryl, Buntstift, Ölpastell, alles auf einer Leinwand, bei der es sich auch um ein kostbares Seidenjacquard-Gewebe handeln darf. Oder Nesselstoff, wie ihn Modedesigner für ihre Entwurfsmodelle verwenden. Anna Deller-Yee setzt sich keine Grenzen.
Anna Deller-Yee ist in Coburg aufgewachsen
Die 31-Jährige, die in Coburg aufwuchs, Abi machte, ist erneut zurück in diesem Jahr. Im September ließ sie sich im Rahmen der Museumsnacht beim Malen in der Alten Kühlhalle zusehen. Akzeptierte, dass mancher vor sich hin grummelte, das könne er auch. Farbe klecksen.
Aber ihre mit Acrylfarbe Gel Medium geschaffenen Blumen haben Struktur, Bewegung. Sie scheinen heiter gen Himmel zu schweben oder mit einem gewissen Groll in ihrer Vase zu verharren. Ja, sagt Anna Deller-Yee mit Blick auf ein Blumenbild in Rot, Weiß, Grün und Schwarz: Da sei sie beim Malen ein bisschen frustriert gewesen.
Blumen und Bedeutung
Sie will, dass der Betrachter das erkennen kann. „Ich will mir immer erlauben, im Prozess vulnerabel und fragil zu sein“, sagt sie. Ihre Blumen sollen nicht niedlich sein, sondern mit einer gewissen Wucht daher kommen. Stärke zeigen. So, wie Blumen in der Natur – Rosen, die stechen. Blüten, die Stürmen widerstehen.
Galerie bereichert Coburger Innenstadt
Mit Blumen hat sie bereits eine Ausstellung in Berlin für Jaeger Art gestaltet. Die Galerie arbeitet eng mit dem Coburger Sammlerehepaar Fritz und Angelika Stahlberg zusammen, die in ihrem Münzmeisterhaus den Projektraum für solche kleinen und feinen Ausstellungen eröffnet haben. Seit über zwei Jahren bereichert diese Galerie in den ehemaligen Geschäftsräumen nun Coburg – nun erstmals mit einer Künstlerin von hier.
Die freilich nicht mehr hier lebt. Geboren in Chicago, aufgewachsen in Coburg, Studium in London, lebt sie zwischen Berlin und Mailand, zwischen Kunst und Design. Sie hat Textildesign studiert, sah sich aber selbst als „Designerin, die zu viel malt“.
Entdeckt per Instagram
Auf Instagram postete sie ein Video, das zeigt, wie sie ein Kleid bemalt. Aufgrund dieses Videos wurde sie dann über das Netzwerk LinkedIn von dem Mailänder Label Marni kontaktiert. Unter dessen Creative Director Francesco Rossi durfte sie „Kunst und Mode gleichzeitig machen“ – das, was sie immer wollte. Unter anderem bemalte sie Kleider für „Vogue“-Chefredakteurin Anna Wintour. Im Februar durfte sie das Cover der „Vogue“ designen – jener Zeitschrift, in der sie als Kind begeistert blätterte und beschloss: Ich will Modedesignerin werden.
So schloss sich mit dem „Vogue“-Titel in gewisser Hinsicht ein Kreis. Ein weiterer schloss sich, als sie im September zum öffentlichen Malen in die Creapolis in Coburg eingeladen wurde. Die drei Glaswände, die sie da gestaltete, gehören nun der Stadt.
Mit der Ausstellung im Münzmeisterhaus präsentiert sie sich nun erneut in Coburg, ein Zwischenspiel in einer Zwischenstation. Sie hat die Bilder bewusst und eigens für diese Räume gemalt, sagt sie und sich nicht auf die Leinwände beschränkt. Erstmals zeigt sie Arbeiten auf Papier. Denn mit Zeichnen auf Papier fing sie an, hatte bis zum Abitur Zeichenunterricht bei Isolde Russ. Auch das ein Kreis, der sich schließt. Aber die Coburger Ausstellung weist auch schon in die Zukunft. Den bemalten und bestickten Mantel, der am Bügel an einer der Jacquard-Leinwände hängt, schuf sie für die Frankfurter Kunsthalle Schirn. Das Bild – der passende Hintergrund und Rahmen für den Mantel – folgte später.
Coburg als Zwischenspiel
Gleichzeitig greift die Coburger Schau mit dem Blumenthema zurück auf ihre Ausstellung bei Jaeger Art in Berlin im Sommer. Aber eben als „Interlude“, als Zwischenspiel. Die expressiven, schnell gemalten Blumen noch ein bisschen auskosten, weitertreiben, bevor sie sich wieder den figurativen Arbeiten zuwendet, bei denen sie auch Wochen über Details verbringen kann. Über dem Fall eines Kleides. Über den Spitzen an einem Saum. Über Licht und Schatten.
Faszination Blumen
Sie will sich mit und für Coburg Zeit nehmen. Ein Innehalten, ein bewusster Stopp im Tempo des Kunstbetriebs und der Modewelt. Ein Tempo, das die Kreativität vernichtet, wie sie findet. „Es kommen keine neuen Ideen.“ Sie dagegen experimentiert, mit Materialien und Techniken. Stickt Glasperlen zwischen und auf die farbigen Flächen ihrer Leinwände und Stoffe. Drapiert Bilder wie Stoff auf Stühle. Lässt durchschimmern, wie sie sich beim Schaffen fühlte.
Die Blumen faszinieren sie auch deshalb, weil sie ebenfalls das Thema Kreise, Zyklen darstellen. Wachsen, aufblühen, verwelken. Immer wieder neu. Immer wieder fragil, offen und verwundbar. Das, was sie für sich selbst bewahren will. „Das Einzige, was ich immer beibehalten will.“ Egal, wohin ihre künstlerische Reise noch führt.
Ausstellung im Münzmeisterhaus: Eintritt frei
Die Ausstellung von Anna Deller-Yee im Münzmeisterhaus (Ketschengasse, Coburg) ist bis 28. Februar 2026 zu sehen. Öffnungszeiten: Donnerstag und Freitag von 14 bis 18 Uhr sowie Samstag von 10 bis 14 Uhr. Der Eintritt ist frei.













