Viele waren dabei. Aber wer weiß noch genau, wie es damals war, als es losging mit diesem Internet? Jens Crueger, Historiker mit Fachgebiet Wissenschaftsgeschichte, forscht zu diesem Thema – sofern sich da im klassischen Sinne forschen lässt. Denn was aus dem weltweiten Netz verschwunden ist, lässt sich in den seltensten Fällen noch einmal wiederherstellen.
„Es wird immer behauptet, das Internet vergisst nichts. Aber im Durchschnitt wird eine Website alle 100 Tage geändert“, sagt Jens Crueger. „Damit wird auch das Web alle 100 Tage runderneuert.“ Natürlich gebe es Seiten, auf denen über Jahre hinweg nichts passiert, räumt Crueger ein. Aber in sozialen Netzwerken wie Facebook oder Tiktok tauchen sekündlich neue Inhalte auf, auf Nachrichtenportalen immerhin alle paar Minuten. Doch anders als bei anderen Wissensgebieten, wo es Aufzeichnungen auf Papier oder Gegenstände gibt, die überdauern konnten, ist im Internet eben nichts beständig. Und das von Anfang an.
Netz mit Hochschulen als Knoten
Seit 2012 beschäftigt sich Crueger, der aus Bremen stammt und nun bei Forchheim lebt, mit der Geschichte des Internets. Für die Franken-Akademie in Schloss Schney hat er seine Erkenntnisse über Oberfranken nun in einen fünfteiligen Vortrag gepackt. Der Coburger Raum wird am Donnerstag das Thema sein (siehe unten). In Bayern habe die Entwicklung des Internets sehr stark davon abgehangen, ob es in der Region eine Hochschule oder Universität gab, sagt Crueger. Denn der Freistaat hatte mit seinem Bayernnetz („Baynet“) zunächst die Hochschulen verknüpft. „Schon 1993 gab es das ,Freenet Erlangen-Nürnberg-Fürth‘“, sagt Crueger.
Alte Seiten im US-Archiv
Wegen der Fachhochschule war auch Coburg früh ein Knoten im Netz. In der Stadt war durchaus eine Offenheit für das neue Medium festzustellen. Die Stadt hatte bereits 1997 eine Homepage, die damals auf dem Server der Fachhochschule zu finden war, wie Jens Crueger mit Hilfe der amerikanischen Stiftung Internet-Archive feststellen konnte.
Die Stiftung betreibt die Seite web.archive.org und hat weltweit Seiten gesammelt – nicht gezielt, aber immerhin. Auch einige Beispiele des ersten Internet-Auftritts des Coburger Tageblatts lassen sich dort finden (die Seite wurde 2008 zugunsten von infranken.de aufgegeben; seit März ist coburger-tageblatt.de jedoch wieder im Netz zu finden). Die Hochschule selbst ist seit 1994 im Netz nachzuweisen.
Netz war noch langsam
Coburg sei auch hinsichtlich der Infrastruktur früh dabei gewesen, sagt Crueger. Das Unternehmen Lasco hatte im November 1997 Coburg zusätzlich mit einer Zwei-Megabit-Leitung erschlossen, um weltweit Maschinen warten zu können und vermietete freie Kapazitäten, erinnert sich der Publizist Georg Weber (Neustadt).
„Je besser und schneller die Infrastruktur ist, desto intensiver wird das Internet genutzt“, sagt Crueger. Die frühen Internet-Seiten bestanden fast nur aus Text, erläutert Crueger. Grafische Elemente oder gar Fotos kosteten Ladezeit und damit Geld. „Coburg war das sicherlich privilegiert.“ Auch die Suche im Internet war in den 90er-Jahren noch komplizierter: Auf Seiten wie Netscape, Excite oder Yahoo konnte man Listen von Websites durchsuchen. Google, Facebook, Youtube und Amazon kamen erst viel später.
Webinar „Als Coburg das Internet kennenlernte“
Termin Donnerstag, 22. September, 18 bis 21 Uhr. Teilnahme kostenlos über Zoom. Der Vortrag mit Diskussion wird nicht aufgezeichnet.
Zugang Entweder direkt über die Homepage der Franken-Akademie franken-akademie.de/politische-bildung/seminare/onlineseminare/oder die Daten zusenen lassen. Sie können angefordert werden per E-Mail an: info@franken-akademie.de
oder unter der Telefonnummer 09571/9750-0.











