Klinikum Coburg Betriebsrat spricht sich für kommunale Trägerschaft aus Krankenhausmitarbeiter und Vertreter der Gewerkschaft Verdi demonstrierten im Mai 2024 vor einer nicht-öffentlichen Sitzung von Stadtrat und Kreistag. In der Sondersitzung ging es auch damals schon um die Zukunft des Klinikums Coburg. // Julia Scholl von Oliver Schmidt TEILEN  23.07.2024 Coburg – Kurz vor der Entscheidung über eine mögliche Privatisierung warnt der Betriebsrat: Das Gesundheitswesen dürfe nicht zunehmend dem Wettbewerb überlassen werden. Die Spannung vor der wichtigen Sondersitzung von Stadtrat und Kreistag steigt: Bleibt das Klinikum Coburg weiter in kommunaler Trägerschaft oder steigt ein privater Betreiber ein? Nachdem sich die Hängepartie um die Zukunft des Klinikums Coburg nun schon über Monate hinzieht, wird für diesen Donnerstag (25. Juli) eine Entscheidung erwartet. Expertin nimmt Stellung Klinikum Coburg: Wer eine Privatisierung skeptisch sieht Katja Bittner ist überzeugt davon, dass sich auch ein kommunales Krankenhaus wirtschaftlich betreiben lässt. Sie würde sich von den Politikern „mehr Mut und mehr Selbstvertrauen“ wünschen. Am Dienstag hat sich noch einmal der Betriebsrat des Klinikums Coburg zu Wort gemeldet. In einer von Tarik Birinci versendeten Erklärung wird „Klarheit und Verantwortungsbereitschaft“ gefordert. Zunächst wird in der Erklärung eingeräumt, dass auf den Schultern des Coburger Stadtrates und des Kreistages momentan „eine große Last“ liege. Die Entscheidung, die am Donnerstag wohl getroffen werde, habe „weitreichende Folgen für die Zukunft“. Insofern habe der Betriebsrat „großen Respekt vor der Verantwortung“, welche die Kommunalpolitik im Augenblick zu tragen habe. Soziale Motivation oder wirtschaftliche Ziele? Dann äußert sich der Betriebsrat zur Sache: Bedingt durch die finanziellen Schwierigkeiten hätten viele Städte und Landkreise ihre Krankenhäuser an private Träger übergeben. Für öffentliche Krankenhausträger seien Krankenhäuser „ein Baustein der Sozial- und Gesundheitspolitik“. Sie würden aus sozialer Motivation heraus handeln und nach politischen Erwägungen entscheiden. Private Krankenhausträger würden hingegen in erster Linie wirtschaftliche Ziele verfolgen, insbesondere eine angemessene Verzinsung des eingesetzten Eigenkapitals. „Jeder Krankenhausträger orientiert seine betrieblichen Entscheidungen an der Erreichung der aufgestellten Unternehmensziele“, heißt es in der Erklärung des Betriebsrats. Lesen Sie hier, wie der Sana-Chef für eine Privatisierung wirbt: Klinikum Coburg „Gemeinsam einen neuen Weg beschreiten“ Sana-Chef Thomas Lemke wirbt für eine Privatisierung. Er spricht über die Zukunft der Kinderklinik und des Standorts Neustadt, und er vergleicht seine Mannschaft mit Spanien bei der Fußball-EM. Ein privater Träger, der ein öffentliches Krankenhaus kauft, wolle zunächst den Kaufpreis refinanzieren und anschließend eine „angemessene Eigenkapitalrendite erwirtschaften“, wie der Betriebsrat weiter argumentiert. Gemäß Artikel 20 Absatz 1 des Grundgesetzes sei die Bundesrepublik Deutschland ein demokratischer und sozialer Bundesstaat. Zur staatlichen „Daseinsvorsorge“ würde die Gesundheitsvorsorge und damit das Krankenhauswesen gehören. Gemeinsamer Appell Klinikum Coburg: Hilferuf der Bürgermeister Fast alle Bürgermeister des Landkreises sind für den Einstieg eines privaten Betreibers. Eine kommunale Trägerschaft würde sehr viel Geld kosten. „Das wäre unser Todesstoß“, sagt ein Rathaus-Chef. Dies alles führt zu folgender Schlussfolgerung des Betriebsrats: „Der Staat darf nicht das Gesundheitswesen zunehmend dem Wettbewerb überlassen und sich im gleichen Atemzug aus seiner Verantwortung für die öffentliche Daseinsvorsorge zurückziehen.“ Krankenhäuser vorzuhalten sei kein „Gnadenakt“ des Staates, der zur politischen Disposition stehe oder etwa wirtschaftlichen Nützlichkeitserwägungen unterliegen könnte. Vielmehr liege der Sicherstellungsauftrag für die stationäre Krankenhausversorgung „eindeutig“ bei den Landkreisen und kreisfreien Städten. Fazit: Der Betriebsrat des Klinikums Coburg sieht in einer kommunaler Trägerschaft „deutlich mehr Chancen als Risiken“. Grundsätzlich erwartet der Betriebsrat aus Mitarbeitersicht „Vertragstreue“ im Hinblick auf eine allgemeine Zusage, die im Klinikum Coburg bestehende generelle Bindung an Tarifverträge der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) in vollem Umfang weitergelten zu lassen. Lesen Sie auch: Umfrage Klinikum Coburg: Privatisieren oder nicht? Am Donnerstag entscheidet sich wohl die Zukunft des Klinikums Coburg. Vorher wollen wir die Meinung der Bürgerinnen und Bürger wissen. Im Text gibt’s den Link zur Umfrage und viele Hintergrund-Infos. Regiomed Insolvenz Der Poker ums Coburger Klinikum Sollte das Krankenhaus in kommunaler Trägerschaft bleiben, wäre das für die Stadt Coburg eine enorme finanzielle Belastung. Das sagt die Kämmerin und rechnet im Detail einfach mal alles vor. Insolvenzverfahren Regiomed: Sorgen in der Belegschaft Die Hängepartie um die Zukunft des Klinikkonzerns dauert an. Immerhin bestätigen jetzt die Verantwortlichen, dass noch im Juli „umfassende und aussichtsreiche Zukunftsentscheidungen“ erwartet werden. Appell aus Lichtenfels Regiomed: Landrat verärgert über Hängepartie Im Januar hat der Klinikkonzern einen Antrag auf Insolvenz in Eigenverwaltung gestellt. Ein halbes Jahr später ist noch immer unklar, ob zum Beispiel ein privater Investor einsteigen könnte. Tauziehen in Coburg Verdi: Klinikum soll in kommunaler Trägerschaft bleiben! Bei der Gewerkschaft wächst die Sorge, dass ein privater Investor das Coburger Krankenhaus übernehmen könnte. Deshalb ist für Donnerstag eine Kundgebung geplant – unmittelbar vor einer vielleicht wegweisenden Sitzung.